Skorpion
wieder nach der Flasche. »Zunächst ja. Er überwies ein paar Privatmittel und sagte mir, ich solle eine Zwischenzahlung leisten und auf Zeit spielen. Dann, als Tanakas nächste Forderung eintraf, ist er nicht drauf eingegangen und hat mir gesagt, was wir tun würden.«
Marsalis nickte. »Jeden auslöschen, der dahinter stecken könnte.«
»Er.« Eine Geste der Hilflosigkeit. »Er hatte alle im Auge behalten. Das hatte ich nicht gewusst, aber er wusste genau, wo jeder Einzelne sich aufhielt. Oder kannte zumindest ihren Ausgangspunkt. Einige waren umgezogen, sagte er, also würde es einige Zeit benötigen, sie aufzuspüren. Aber so oder so, sie müssten alle verschwinden. Ich saß da, Tom, ich konnte einfach nicht glauben, was ich da hörte. Ich meine«, Jeffs Tonfall wurde fast flehend, »so viel hatten wir nicht verlangt, weißt du.«
»Es war nicht das Geld«, sagte Norton wie aus weiter Ferne.
Marsalis nahm Jeff die Flasche aus den zitternden Händen und goss den Schwenker voll. »UN-Nominierung. Nur noch ein Schritt entfernt. Sie haben mit dem falschen Patriarchen Ihr Spielchen getrieben, als er es sich gerade am wenigsten leisten konnte.«
»Ja.« Jeff saß da und sah den Drink an, den der Dreizehner ihm soeben eingeschenkt hatte. »Das hat er gesagt. Hier steht zu viel auf dem Spiel, Jeff. Wir können uns jetzt keine Blöße geben. Wir müssen hart sein. Ich habe versucht, ihm das auszureden, ihm gesagt, dass es so viel Geld ja gar nicht sei. Aber das war ihm gleichgültig. Ich habe ihn gewarnt, man werde ihn erwischen, dass niemand davonkäme, der so viele Leute getötet hätte, so viele Ex-Spez-Op-Typen. Man würde ein ganzes Team von Leuten brauchen, um das hinter sich zu bringen, und dann hätten sie dieselben Dinge gegen ihn in der Hand wie der ursprüngliche Erpresser.«
»Oder«, bemerkte Marsalis, »man bringt das einzige Mitglied des alten Teams ins Spiel, dem man wirklich vertrauen kann, dass er es für einen erledigt. Die eine Person, die es sich ebenfalls nicht leisten kann, dass ein Sterbenswörtchen laut wird und die sich nicht durch Nostalgie und Kameradschaft von der Erledigung des Jobs abhalten lässt. Die eine Person, die dazu gepolt ist – einen Dreizehner.«
Jeff nickte bloß, ließ den schwarzen Mann reden. Er war völlig erschöpft.
»Alle glauben, Merrin sei zum Mars gegangen«, fuhr Marsalis fort und nickte, was eine Zustimmung sein mochte. »Ein Dreizehner namens Merrin ist tatsächlich zum Mars gegangen. Also bleibt der andere Merrin, Onbekend, ziemlich unsichtbar hier auf Erden zurück. Er hat die Drähte für sein eigenes Verschwinden gezogen, hat einen Ersatzbruder hier unten auf dem Altiplano gefunden, einen sicheren Hafen. Nebenbei hat er hin und wieder den Pistaco für seinen Bruder gespielt, wenn die bösen Buben vor Ort wieder mal eingeschüchtert werden mussten, aber den Rest seiner Zeit hatte er für sich. Bis plötzlich sein alter Boss an der Tür hämmert und ihm sagt, es sei alles zu Ende. Irgendein undankbares Arschloch aus dem alten Team droht, alles an die breite Öffentlichkeit zu bringen, und die einzige Möglichkeit, wie das ganz sicher nicht geschehen könnte, bestünde darin, zurückzukehren und jedes noch lebende Mitglied des alten Teams um die Ecke zu bringen. Hat Onbekend den Job gewollt?« Marsalis breitete die Arme aus. »Wahrscheinlich nicht, aber welche Wahl blieb ihm? Falls Ortiz nicht zahlte, würden die Erpresser sauer werden, und das Wort vom Kommando Skorpion würde die Runde machen. Und man hätte nie sagen können, wie weit sich dieser Faden entwirren würde. Alles, was Onbekend zustande gebracht hatte, um sich unter Manco Bambarens Schutz zu begeben, wäre bedroht. Es bestünde eine gute Chance, dass er in die Reservate ginge, denn falls sie ihn fänden, wäre es entweder das oder die Kugel. Sie dürfen gern etwas beitragen, Jeff, wenn ich mich in irgendeinem Punkt irre.«
»Nein, Sie haben recht.« Jeff nippte an seinem Drink, den er in beiden Händen vor sich hielt, und starrte ins Leere. »Als Ortiz damit zu Onbekend ging, sah er gleich, was geschehen musste.«
Marsalis grinste. Es war ein unangenehmer Anblick. »Sauber aufwaschen, hm? Genauso wie damals in Wyoming.«
»Es war die einzige Möglichkeit«, erwiderte Jeff.
»Okay, aber Onbekend ist nicht dumm. Er weiß, dass er mit der Ermordung von dreißig Ex-Geheimsoldaten kaum davonkommen wird, ohne irgendeine einzige Spur an einem der Tatorte zurückzulassen. Und sobald diese
Weitere Kostenlose Bücher