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Skorpion

Skorpion

Titel: Skorpion Kostenlos Bücher Online Lesen
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ist der von der Universität. Viele von den Knaben da kommen aus dem Norden und führen hier unten Vermessungsexperimente für den Mars durch. Testen Ausrüstung.«
    Die Maultiere schienen – jetzt, da er genau hinschaute – mit kleinen, flachen Kisten beladen zu sein, die in der hoch stehenden Sonne metallisch blitzten.
    »Na ja, hier in der Gegend wird er bestimmt nicht testen«, sagte Lucho und löste sein Schießgewehr mit jugendlich finsterem Gesicht. Er schob eine Salve in die Kammer und trat auf die Bretter der Brücke. Miguel zuckte müde bei dem Geräusch zusammen.
    »Lass ihn einfach rankommen, ja? Sinnlos, zu ihm hinzurennen, und auf dieser Seite ist sowieso kein Platz für eine Suche. Soll er doch rüberkommen, dann sehen wir, wer er ist, drehen ihn rum und schicken ihn wieder zurück.«
    Aber als der Gringo die Brücke erreichte, betrat er nicht sofort die Planken. Stattdessen blieb er stehen und schickte eines der Maultiere voraus. Dem Tier gelang die Überquerung mit gewohnter Fügsamkeit, während der Gringo mit dem Hut drüben auf der anderen Seite mehr damit beschäftigt schien, seine Taschen zu durchsuchen und an den kreuz und quer über den Rücken des anderen Tiers verlaufenden Riemen herumzufummeln.
    »Das ist Sumarivas Maultier«, sagte Lucho, als das Tier feierlichen Schritts zu ihnen heraufkam und dann an ihnen vorüber auf den festen Grund des Flussufers trabte, wo es stehen blieb und darauf wartete, dass es sein Besitzer einholte. »Meinst du, er hätte es ausgeliehen?«
    »Gegen genügend Bares, ja. Du etwa nicht?« Miguel wechselte zu Spanisch und hob die Stimme. »He, du, du kannst nicht hier runterkommen! Das ist Privateigentum!«
    Die Gestalt am anderen Ende der Brücke winkte mit einem Arm. Die Antwort erfolgte auf Quechua. »Nur eine Minute, ja?«
    Dann führte er das andere Maultier hinaus auf die Brücke. Den Hut so aufgesetzt, dass er das Gesicht beschattete.
    »Na gut, du bleibst hier«, wies Miguel den Jungen an. Die Sprache hatte ihn verblüfft. Nie zuvor hatte er einen Gringo getroffen, der sie sprach. »Ich werd mal nachsehen, was das soll.«
    »Soll ich es rufen?« Miguel warf einen Blick auf das Maultier, das wie die gewöhnlichste Sache der Welt dastand. Es erwiderte seinen Blick blinzelnd aus großen feuchten Augen und schnaubte ungeduldig.
    »Nein, spar dir die Mühe. Wäre nicht so, als würden sie’s nicht hören, wenn wir diesen Knaben niederschießen müssen.«
    Aber er nahm sein Schießgewehr herab und ging dem Neuankömmling entgegen, nicht ohne ein vage aufkeimendes Gefühl des Unbehagens. Und er wurde langsamer, als er die letzten paar Meter der rapide schrumpfenden Kluft zwischen sich und dem herankommenden Fremdling schloss. Blieb nahe der Mitte der Brücke stehen und lud seinerseits das Gewehr in seiner Hand.
    Der Fremde hielt bei dem trockenen Klack-Klack an.
    »Das wird’s tun«, sagte Miguel auf Quechua. »Hast du mich nicht verstanden? Das ist verdammtes Privateigentum!«
    »Ja, das weiß ich.«
    »Was, zum Teufel, tust du dann also hier, Gringo?«
    »Ich will die Hexe besuchen.«
    Bei diesen Worten hob der Fremde den Kopf, sodass Miguel das Gesicht richtig erkennen konnte. Da bemerkte er auch, dass er einen Fehler begangen hatte. Das Weiß, das er unter dem Hutrand hatte hervorblitzen sehen, als der Fremde den Pfad von oben herabgekommen war, war breiig und unwirklich, klumpig und streifig wie eine schlecht aufgelegte Clownsmaske oder ein halb geschmolzener Schädel aus Zucker am Tag der Toten. Die Augen waren dunkel und ausdruckslos, und wie sie da aus dem sich auflösenden weißen Gesicht hervorstarrten, zeigten sie nicht mehr Menschlichkeit als zwei Gewehrmündungen.
    Pistaco.
    Miguel blieb die Zeit für diesen einzigen aufjaulenden Gedanken, und dann brach hinter ihm etwas mit der Gewalt einer Reihe von Silvesterraketen los. Er spannte sich an, hin- und hergezerrt zwischen zwei Seiten zugleich, und der lange staubige Mantel des Fremden öffnete sich, und Miguel erhielt einen knappen Blick auf eine kurze, hässliche Waffe, die dort in den Armen des Pistaco lag.
    Ein tiefes, räusperndes Husten, ein bösartiges, zerfetzendes Jaulen.
    Dann nur noch der Aufprall, ein Gefühl, als werde er gewaltsam zurückgezogen, den Bruchteil einer Sekunde zeigten sich der Himmel sowie die steilen Wände des Colca. Sie kippten, wirbelten umher, und dann war alles verschwunden.
    Carl Marsalis sprintete an den Überresten des ersten Wächters der familia vorbei,

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