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Skorpion

Skorpion

Titel: Skorpion Kostenlos Bücher Online Lesen
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mögliche Mittel des Unternehmens. Tourismus war der Hauptrohstoff, und die Touristen wollten ihre Verwahrlosung malerisch gehalten haben. Aber hier hatte dieser Vorgang etwas weiter gehen dürfen als anderswo. Hier waren andere Besucher als die bekannten Einheimischen absolut unerwünscht, und Wandergruppen waren davon überzeugt worden, ihre Touren weit entfernt zu veranstalten, an anderen Abschnitten des Cañons. Hier wurde das Kommen und Gehen auf dem Pfad von Männern beobachtet, die Waffen trugen, deren schwarze, metallisch glänzende Rangabzeichen neu und hightechmäßig in der harten Sonne des Altiplano funkelten. Hier, so ging das Gerücht, lebte eine Hexe, die, da ihr die normale menschliche Fähigkeit fehlte, die ganze Trockenzeit im Wachzustand zu überleben, zum Ende eines jeden Jahres in einen Zauberschlaf verfallen musste und erst wieder geweckt werden konnte, wenn der Regen kam, und auch dann nur vom Ruf und mit dem Beistand ihres Pistaco-Geliebten.
     
    »Sie können doch nicht ernsthaft in Erwägung ziehen, jetzt da runterzugehen.« Norton schüttelte den Kopf, aber in seinen Worten lag weniger der Unglaube als erschöpfte Resignation. Über die letzten paar Tage hinweg schien er seine ganze Fähigkeit zum Schockiertsein verloren zu haben.
    »Besser jetzt als später«, erklärte ihm Carl sachlich. »Je mehr sich der Staub legt, desto größer ist die Chance für Bambaren und Onbekend, Bilanz zu ziehen, und für sie bin ich ein großer schwarzer Fleck auf der Sollseite. Sie wissen nichts von Sevgi, aber sie kennen die Arbeit, die ich für UNGLA erledige, und sie wissen, dass ich von Onbekend weiß. Und sie sind beides vorsichtige Männer. Lassen Sie die Sache lange genug auf sich beruhen, und sie werden sich fragen, wo ich bin und was ich tue. Aber im Augenblick gehen sie davon aus, dass ich wie alle anderen verzweifelt in Deckung gehe.«
    »Ja, das sollten Sie auch.«
    »Fällt schwer, am Apparat zu bleiben, hm?«
    »Nein, und das habe ich auch nicht gemeint. Ich sage nur, dass Sie sich ein paar Gedanken darüber machen sollten, was Sie tun, wenn die Sache hier vorbei ist.«
    Carl starrte hinaus zum langsam dahinströmenden Verkehr auf den Fahrstreifen am Grenzkontrollpunkt. »Darüber mache ich mir Sorgen, wenn es vorbei ist. Inzwischen – haben Sie mir etwas versprochen.«
    »Und ich bin gleich angelaufen gekommen, oder?« Norton zeigte rings umher auf den kahlen, zweckmäßig eingerichteten Raum, den sie für sich hatten. »Ich sitze hier, hm? Nicht, als ob ich nicht noch andere Arbeit zu erledigen hätte oder als ob es nicht eine nettere Umgebung gäbe, wo ich sie erledigen könnte.«
    Da hatte er recht. Die Einwanderungsbehörde von RimSich war weit und breit als das beschissene Ende der sich ausbreitenden Jurisdiktion der Organisation bekannt, und das reizlose Innere der Überwachung bot stummes Zeugnis hierfür. Graue Spinde aus Presskarbon reihten sich an der Rückwand entlang, eine zufällige Ansammlung billiger Tische und Stühle war über die eine Hälfte des beschränkten Platzes verstreut, und ein Billardtisch in grellem orangefarbenem Boi beanspruchte den Rest. In einem Kunststoffgestell an der Wand hingen die krummen und zerschlagenen Queues wie Tatverdächtige neben ein paar Automaten, hinter deren matt glänzenden Scheiben Dinge gezeigt wurden, die eher wie Gefahrgut in einer Isolierkammer aussahen als Nahrungsmittel oder Getränke. Matte LCLS-Paneele an der Decke, das lange Fenster der Überwachungsstation drei Meter oberhalb des Verkehrs. Eine unauffällige Hintertür führte zu den Zellen hinaus.
    Sie hatten schon dort gesessen, bevor es dunkel geworden war.
    Carl stand auf und tigerte zum fünfzehnten Mal im Raum umher. Allmählich hatte er den Eindruck, er könne die Seele des Orts atmen spüren, und das hob seine Stimmung nicht sonderlich. Die gelb gestrichenen Wände waren institutionell vernachlässigt, am Ende des Billardtischs an Hunderten von Stellen zerkratzt, Erinnerung an übereifrige Vorbereitungen für gereizte, heftige Stöße. Anderswo versuchten verloren wirkende Poster, die Monotonie zu durchbrechen. Alles war vertreten: von Informationsflyern von RimSich und Auftragsprotokollen bis hin zu Softpornodrucken und Ankündigungen lokaler Bandauftritte und Fiestanächte in Clubs oben an der Straße in Blythe. Nichts von allem wirkte sonderlich anziehend, und das umso weniger bei der fünfzehnten Runde.
    Es war nicht gerade der rechte Ort, um sich von Norton zu

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