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Skorpion

Skorpion

Titel: Skorpion Kostenlos Bücher Online Lesen
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draußen sprechen, und die ganzen Freaks vom Jesusland-TV haben auch nichts mit der Christenheit zu tun. Es ist alles bloß ein einziges großes Missverständnis, genau. Dieses ganze Gemetzel und die blinden Vorurteile, also, diese Typen haben schlicht nicht die richtigen Werbebroschüren gelesen.«
    »Sie reden über fanatische Minder…«
    »Sehen Sie, Ertekin.« Er entdeckte, dass das Gelächter diesmal echt war. »Mir ist das wirklich egal. Heute Abend bin ich ein freier Mann, stecke meine Füße in den Sand und so. Wenn Sie diese Sache mit der Gruppensolidarität haben, Ihr zusammengebrochenes patriarchalisches Glaubenssystem retten wollen, dann nur zu! Zu meiner Zeit habe ich viele verflucht blöde Dinge geglaubt. Warum sollte da was anders sein?«
    »Ich werde nicht mit Ihnen über meinen Glauben debattieren.«
    »Schön. Dann tun wir das auch nicht.«
    Sie standen im Sand und horchten auf die Stille. Die Brandung schlug irgendwo weiter draußen dröhnend gegen ein Riff. Etwas näher brachen sich die kleineren Wellen geschmeidig in der Düsternis und erzeugten ein weißes Rauschen, wenn sie sich zurückzogen.
    »Woher wussten Sie, dass ich Türkin bin?«, fragte sie ihn schließlich.
    Er zuckte mit den Achseln. »Bin oft da gewesen. Einmal hatte ich eine Dolmetscherin namens Sevgi.«
    »Was haben Sie in der Türkei getan?«
    »Was meinen Sie denn?«
    »Die Gegend?«
    Er nickte düster. »Klar, übliche europäische Reaktion. Ist was hässlich oder unpassend, park es in der östlichen Türkei. Zu weit weg, als dass jemand von Bedeutung schlaflose Nächte hätte, und ein langer Weg zu Fuß, falls jemand ohne Segen von oben rauskommt. Was so häufig passiert, dass ich mehrmals pro Jahr dorthin zurückgekehrt bin. Sie stammen aus dem östlichen Ende?«
    »Nein, ich komme aus New York.«
    »Stimmt.« Er nickte. »Tut mir leid, ich meinte…«
    Er hielt inne, als ihr Blick an ihm vorbei den Strand hinaufglitt. Er drehte sich um, ihm zu folgen, obwohl ihm sein lange ausgefeilter Sinn für Nähe bereits gesagt hatte, dass es diesmal wirklich Norton war. Dort auf den niedrigen Dünenkuppen kam er durch den Sand auf sie zugeschlurft, und er hatte, wie sämtliche körperlichen Anzeichen verrieten, die Carl zu lesen vermochte, jede Menge schlechter Nachrichten im Schlepptau.
     
    »Toni Montes. Alter: vierundvierzig, Mutter zweier Kinder.« Die Bilder klickten in der entsprechenden Reihenfolge auf dem Wandschirm im Konferenzraum vorüber, während Norton sprach. Eine hübsche, vage latinohafte Frau, Foto der ID-Karte, ein knochiges Gesicht, das mit zunehmendem Alter fleischig geworden war, hennarotes, kurz geschnittenes und schick frisiertes Haar. Klick. Körper ein ungraziöses Gewirr aus verrutschtem Rock und verrutschter Bluse, gezeichnet in Tatort-Weiß auf einem polierten Holzfußboden. »Erschossen in ihrem Haus in Angeline Freeport. Heute Abend.« Klick. Nahaufnahme, Leichenschauhaus. Gesicht zerkratzt um den Mund herum, Make-up verschmiert, Augen schwarz vom Druck des aufgesetzten Kopfschusses, der sie getötet hatte. Die Eintrittswunde saß auf ihrer Stirn wie ein Krater. Klick. »Kinder sind mit dem Vater zum Schwimmunterricht gegangen. Das ist ein intelligentes Haus, angeschlossen an ein Securisoft-Nachbarschaftsnetz und im Voraus bezahlt für die nächsten drei Jahre. Merrin ist entweder mit einem sehr schlauen Störwerkzeug eingedrungen, oder Toni hat ihn eingelassen.« Klick. Körperdetail, eine gefleckte Flanke und die reizlos abgesackte Brust. »Es gab einen Kampf, er hat sie zu Boden geschlagen, mehr als einmal. Ein paar Rippen gebrochen, fast überall substanzielle Verletzungen. Ihr habt das Gesicht gesehen. Auch überall Blutspuren. Die Spurensicherung hat sie auf dem Sofa im anderen Zimmer gefunden, auch an den Wänden, an mehreren Stellen.« Klick. Rote Schmierspuren auf cremefarbenen Stuck. »Das meiste davon ihres. Anscheinend ist er wirklich in der Stadt.«
    »Hat er sie vergewaltigt?«, fragte Carl.
    Klick.
    »Nein. Kein erkennbarer sexueller Übergriff.«
    »Genau wie bei den anderen«, sagte Sevgi ruhig. »Baltimore, Topeka, diese beschissene kleine Stadt in Oklahoma. Loam Springs? Immer, wenn er eine Frau umgebracht hat, war es dasselbe. Worum es auch gehen mag, um Sex jedenfalls nicht.«
    Klick.
    »Siloam Springs«, ergänzte Norton. »Eigentlich ’ne beschissene kleine Stadt in Arkansas, Sev. Knapp jenseits der Grenze, erinnerst du dich?«
    »Nein, tu ich nicht.« Fast sofort schien Ertekin

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