Skorpione im eigenen Saft
anzurufen; er war der Schutzpatron der Verkaterten, der in die Märtyrerkategorie erhoben worden war, nachdem man ihm einen Bronzenagel in die Stirn geschlagen hatte.
Mit der Zeit wurden Asti und ich Freunde; gute Freunde. Wir tauschten weder Vertraulichkeiten noch Geheimnisse aus, wie es so viele Menschen tun, für die Freundschaft darin besteht, sich gegenseitig Geständnisse zu machen – bessere Umgangsformen und weniger Aufrichtigkeit braucht die Welt –, sondern wir zollten un s g egenseitig wachsenden Respekt und Anerkennung und teilten unsere gemeinsame Leidenschaft für die gehobene Küche und die vielfältigen Disziplinen, die mit ihr verbunden sind.
Wie ich war er ein Steppenwolf und ziemlich einsam.
Ich gewann das volle Vertrauen meines hoch geschätzten Haddock und wurde vom Dauergast zu einer Art Beauftragtem für Public Relations für den Laden. Anfangs nahm ich nichts für meine Dienste; meine Pläne – zur damaligen Zeit noch ein Geheimnis – waren, wie wir bereits wissen, ehrgeiziger. Doch sobald ich für die neue Ausrichtung des Lokals unverzichtbar geworden war, akzeptierte ich einen fast symbolischen Monatslohn, der allerdings umfangreicher war als die Almosen meines Vaters: fünf Prozent der Bruttoeinnahmen. Wie ich vermutet hatte, waren diese nicht allzu üppig, doch als Resultat meiner Unternehmungen stiegen sie um sieben Prozent.
Asti ließ mir freie Hand und zeigte kein allzu großes Interesse an meinen Ideen, kritisierte sie aber auch nicht und mischte sich bei der Umsetzung nicht ein.
Eingezwängt in der Altstadt und in dieser Kaschemme konnte ich keine Partys vom Typ Palast der Grimaldi veranstalten, doch mit ein wenig Phantasie und mithilfe meiner vielfachen Beziehungen und meiner Fähigkeit, Leute um mich zu scharen, erzielte ich ein paar bescheidene Erfolge.
Die erste Maßnahme wurde im Bereich der Dekoration durchgeführt. Selbstkritisch muss ich bekennen, dass ich damit falsch lag und uns der Einfall beinahe ins Unglück gestürzt hätte; doch selbst der besten Nutte entfährt irgendwann ein Furz.
Ich ersetzte die geschmacklose und hässliche Kneipen dekoration ausschließlich durch Tim-und-Struppi-Motive. Da die Originalobjekte, die in Barcelona und Brüssel verkauft werden, ein Vermögen kosten, half ich mir mit Perico Perro Monchino, auch Verrückter Hund genannt, einem Ölmaler aus dem Viertel, der für freien Rum von allen Figuren der Serie Ölgemälde im Format vierzig mal vierzig malte – am schlechtesten war ihm Nestor gelungen, der einer Haubitze ähnelte. Er fertigte außerdem von der Mondrakete, dem Unterseeboot, Ottokars Zepter, dem Arumbaya-Fetisch und Schloss Moulinsart und anderen Sachen Pappmachémodelle an, die an der Decke und in den Nischen hingen.
Eines Tages betrat ein Tourist mit seiner Familie die Kneipe. Sie sprachen französisch. Sie waren ganz verrückt nach den Häppchen und probierten die gesamte Karte durch. Dann wollte der Mann, eine Brillenschlange, die Tim wie aus dem Gesicht geschnitten war, Mochinos Arbeiten fotografieren. In meinem Schulfranzösisch fragte ich ihn, ob sie ihm gefielen. Er antwortete, nicht besonders, aber er sei Rechnungsprüfer beim Verlag Casterman, und seine Bosse würden sich für die Raubkopien bestimmt interessieren … Rasch übernahm ich die Rechnung des verdammten Belgiers und seiner Brut von Muschelfressern, und noch in derselben Nacht warf ich zur bitteren Enttäuschung des verrückten Hundes die gesamte Tim-und-Struppi-Ikonographie in den Müll.
Etwas besser verlief die Präsentation des Buches Das Leben ist ohne Musik des mäßig begabten Schriftstellers Chisco Jarababa, das beim Verlag Okerkor in Durango erschienen war. Die Lokalzeitung mit der geringsten Auflage berichtete von der Veranstaltung, aber die kleine Horde von Mitgliedern der hiesigen Literaturszene versuchte mitgehen zu lassen, was nicht niet- und nagelfest war.
Bei der interaktiven und antirassistischen Performance der Obdachlosentheatergruppe AK-47 musste eine träge und maskierte Antiterroreinheit der ertzaintza eingreifen, was die entsprechende Publicity zur Folge hatte.
Über die Ausstellung von Bildern und Riechobjekten des Hobbykünstlers Merlin Jumento, die aus » vorurteilsfreiem organischem Material « gefertigt waren, sage ich lieber nichts. An einem Abend im April, an dem Antontxu ausnahmsweise ausging, weil er im Hotel Nervión zur Weinprobe eines Txakoli von der Biskaya eingeladen war – » Ich komme spät zurück und bin
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