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Skorpione im eigenen Saft

Skorpione im eigenen Saft

Titel: Skorpione im eigenen Saft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juan Bas
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der französischen noch bei der spanischen Polizei erfasst war und ich die Atmosphäre in der Wohnung, die außerdem in Saint-Médard, einem Außenbezirk von Bordeaux lag, ziemlich unerträglich fand, ging ich häufig im Stadtzentrum spazieren.
    Eines Nachmittags machte ich eine Runde über den Markt von Les Grandes Hommes (ich hatte bereits Ge fallen daran gefunden, die Lebensmittelmärkte der Städte zu besuchen), der in der Nähe der lauten cours de L ’ Intendence liegt. Ich bekam Lust auf ein Croissant und betrat eine boulangerie. Da sah ich zum ersten Mal Françoise Lenteur, die Liebe meines Lebens.
    Ihre heitere Schönheit, die Intelligenz, die ihre großen dunklen Augen unter schön geformten Brauen versprühten, ihr sinnlicher Mund mit der leicht hochgezogenen Oberlippe und die natürliche Eleganz ihrer Bewegungen beeindruckten mich.
    Ich begriff, dass es die Liebe auf den ersten Blick wirklich gab.
    Das Croissant unter den Arm geklemmt, starrte ich sie an wie ein Idiot, während sie mit dem Wechselgeld in der Hand auf irgendeine Reaktion wartete. Sie lachte freundlich angesichts meiner Benommenheit, und dieser klare und frische Klang war, als hielte man sein Ohr an einen Gebirgsbach.
    Vielleicht denken Sie, ich übertreibe, aber seien Sie versichert, dass mir das völlig gleichgültig ist.
    Aus schlechter Gewohnheit legte ich mich in der Bar des Marktes auf die Lauer und wartete darauf, dass die Bäckerei schloss.
    Niemand holte sie ab.
    Ich ging ihr nach.
    Sie war dunkelhaarig, hoch gewachsen und schlank. Sie trug das glänzende schwarze Haar sehr kurz, fast wie ein Junge; es stand in perfektem Einklang mit ihrem kantigen Gesicht mit den hohen Wangenknochen. Sie musste etwa Ende zwanzig sein.
    Plötzlich fiel mir etwas auf, das mir bis dahin entgangen war.
    Bis zu diesem Augenblick war mir nicht bewusst gewesen, dass sie eine schlanke Frau war. Sie war überhaupt nicht dick und zog mich trotzdem an, und das unwiderstehlich. Sie musste etwas Besonderes und wahrscheinlich Heilsames für meine gepeinigte Seele an sich haben. Ich spürte, dass ich es herausfinden, es erfahren musste, und es mir so vielleicht gelingen konnte, erlöst zu werden.
    Mag sein, dass Ihnen das Ganze übertrieben und altmodisch vorkommt und nach romantischer Verklärung klingt.
    Natürlich hätten Sie Recht damit.
    Doch bedenken Sie, dass mein ganzes Leben aus Exzessen bestanden hat, angefangen bei meinen Vorlieben bis hin zu dem Rachefeldzug; ich versichere Ihnen, dass ein Leben in Extremen den Charakter formt.
    Sie nahm kein öffentliches Transportmittel. Sie spazierte ohne Eile an der Garonne entlang bis zum Quai Louis XVIII., wo sie ein kleines einladendes Restaurant mit Namen Chez Dominique betrat.
    Ich überlegte, ob ich dort zu Abend essen sollte, um sie noch ein wenig länger beobachten zu können und mehr über sie zu erfahren; zum Beispiel, ob sie ein Gast war oder ebenfalls dort arbeitete. Doch ich entschied mich dagegen.
    Während ich darauf gewartet hatte, dass sie die Bäckerei am Markt verlassen würde, hatte ich mir in der Kneipe mit einem halben Dutzend doppelter Whiskys JB die Nase begossen, und trotz der knauserig bemessenen Mengen, die man in Frankreich ausschenkte, war ich ein wenig betrunken und fühlte mich unsicher. Besser, ich hob es mir für den nächsten Tag auf. Ich würde ihr wieder nachgehen und vielleicht würde ich es sogar wagen, si e a nzusprechen. Obwohl ich noch immer radebrechend Französisch sprach, was mich hemmte.
    Doch ich musste fünf Monate darauf warten, meinen Plan, Françoise zu verführen, in die Tat umzusetzen.
    Als ich in die Wohnung zurückkehrte, hatte Piporro Anweisungen von Onkel Patxi für mich. Ich sollte am nächsten Tag nach Algerien abreisen, um in einem Trainingscamp in der Wüste eine Kampfausbildung zu machen.

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    D ie Demokratische Volksrepublik Algerien unter Regierungspräsident Oberst Chadli Bendjedid gewährte in den achtziger Jahren vielen Mitgliedern der ETA politisches Asyl und unterstützte die Organisation mit Geld und paramilitärischer Ausbildung.
    Es war eine beschissene Zeit.
    Von Algier sah ich nicht mehr als den chaotischen Flughafen. Ich musste in einen alten Landrover steigen, acht Stunden, in denen es nur eine einzige Pinkelpause gab, über holprige und unbefestigte Straßen fahren und verließ in zwei Monaten den Zielort nicht ein einziges Mal; es war ein Trainingscamp mitten in der Sahara, in dem riesigen glühendheißen Gebiet Großer Westlicher Erg,

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