Skulduggery Pleasant -1- Der Gentleman mit der Feuerhand
gefällt.“
„Ich überlege immer noch, wie Sie Ihren Kopf verloren haben.“
„Ich habe ihn nicht verloren“, verteidigte er sich. „Er wurde mir gestohlen.“
Stephanie ging es wieder besser. Sie konnte es nicht fassen, dass sie ohnmächtig geworden war. Ohnmächtig! Das war etwas, das alten Frauen passierte! Sie schaute zu Skulduggery auf. „Ihr Leben war ziemlich ungewöhnlich, finden Sie nicht auch?“
„Wahrscheinlich hast du recht. Und es ist noch nicht zu Ende. Rein technisch gesehen natürlich schon, aber ...“
„Fehlt Ihnen denn nichts?“
„In welcher Hinsicht?“
„In Hinsicht Leben.“
„Wenn ich bedenke, wie lange ich schon so bin, wie ich bin, war ich nur ein Augenzwinkern lang lebendig. Um etwas zu vermissen, kann ich mich nicht mehr gut genug daran erinnern, wie es war, als noch ein Herz in meiner Brust schlug.“
„Dann vermissen Sie gar nichts?“
„Ich ... also, ich vermisse mein Haar. Mir fehlt, wie es ... war. Und wie es da war, auf meinem Kopf.“
Er holte seine Uhr aus der Tasche, warf einen kurzen Blick darauf und hob mit einem Ruck den Kopf. „Meine Güte, so spät schon! Ich muss gehen, Stephanie.“
„Gehen? Wohin?“
„Es gibt noch einiges zu erledigen, tut mir leid. Zuallererst will ich herausfinden, warum dieser nette Herr hierher geschickt wurde, und dann will ich wissen, wer ihn geschickt hat.“
„Sie können mich nicht allein lassen“, sagte sie und folgte ihm ins Wohnzimmer.
„Doch“, widersprach er, „kann ich wohl. Dir kann überhaupt nichts passieren.“
„Die Haustür lässt sich nicht mehr abschließen!“
„Schon, aber solange sie nicht durch die Haustür kommen, kann dir überhaupt nichts passieren.“
Er zog seinen Mantel an, und sie schnappte sich seinen Hut.
„Willst du meinen Hut als Geisel nehmen?“, fragte er nachdenklich.
„Entweder Sie bleiben hier und passen auf, dass ich nicht noch einmal überfallen werde, oder ich komme mit.“
Skulduggery blieb stocksteif stehen. „Das“, meinte er schließlich, „könnte gefährlich werden.“
„Das kann es genauso, wenn ich allein hierbleibe.“
„Aber hier kannst du dich verstecken.“ Er beschrieb einen weiten Bogen mit dem Arm. „Es gibt so viele Möglichkeiten, sich zu verstecken. Ich bin sicher, dass es jede Menge stabiler Kleiderschränke in deiner Größe gibt. Und selbst unter dem Bett wäre eine gute Möglichkeit. Du würdest dich wundern, wie viele Leute heutzutage nicht mehr unter den Betten nachschauen.“
„Mr Pleasant -“
„Skulduggery und du, bitte.“
„Skulduggery, du hast mir heute Nacht das Leben gerettet. Willst du deine ganzen Bemühungen wieder zunichte machen, indem du mich hier allein lässt, damit ein anderer kommen und mich einfach umbringen kann?“
„Das ist eine sehr schwarzseherische Einstellung, die du da hast. Ich hab mal einen Typ gekannt, etwas älter als du. Der wollte mich auf meinen Abenteuern begleiten, wollte Geheimnissen auf den Grund gehen, die einfach unglaublich waren. Er ließ nicht locker, fragte immer wieder. Irgendwann, nach langer Zeit, bewies er, was er draufhatte, und wir wurden Partner.“
„Und hattet viele aufregende Abenteuer zu bestehen?“
„Ich ja. Er nicht. Er starb bei unserem allerersten gemeinsamen Fall. Ein schrecklicher Tod. Schmutzig dazu. Mit jeder Menge Herumgefuchtel.“
„Nun, ich habe nicht vor, in nächster Zeit zu sterben, und ich habe etwas, was er nicht hatte.“
„Und das wäre?“
„Deinen Hut. Nimm mich mit, oder ich zertrample ihn.“ Er schaute sie mit seinen großen, leeren Augenhöhlen an und streckte dann die Hand nach seinem Hut aus. „Sag nicht, ich hätte dich nicht gewarnt.“
ERSTE BEGEGNUNG MIT CHINA SORROWS
Skulduggery Pleasants Wagen war ein 1954er Bentley R-Type Continental, von dem insgesamt nur 208 Exemplare hergestellt worden waren, ein Sechszylinder mit einem 4,5-Liter-Motor sowie nachträglich eingebauter Zentralverriegelung, Klimaanlage, Navigationssystem und einer Menge weiterer moderner Annehmlichkeiten. Skulduggery hatte Stephanie das alles erklärt, als sie nach dem Wagentyp gefragt hatte. Sie wäre mit einem „Es ist ein Bentley“ ganz zufrieden gewesen.
Sie verließen den Landsitz über eine Straße, die hinter dem Haus vorbeiführte, um die überflutete Stelle zu meiden, eine Straße, die Stephanie erst sah, als sie darauf waren. Skulduggery erzählte ihr, dass er oft bei Gordon zu Besuch gewesen sei und sämtliche Ecken und Winkel kenne. Sie
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