Skulduggery Pleasant 6 - Passage der Totenbeschwörer
einem Verband zu behelfen, doch Sterblichenprobleme verlangten Sterblichenlösungen. Eine Verletzung, die fotografiert und dokumentiert werden konnte, würde der Polizei bei der Anklageerhebung helfen, während eine Verletzung, die über Nacht verschwand, nur helfen würde, Walküre in ihrem Kleid besser aussehen zu lassen.
Nicht dass sie in dieser Beziehung irgendwelche Hilfe nötig gehabt hätte. Das Kleid war lang und trägerlos, der Stoff fließend, Seide und Chiffon. Ihre Schuhe waren ein Traum.
Sie betrat das Wohnzimmer und Skulduggery legte den Kopf schief. Er trug den schärfsten Frack, den sie je gesehen hatte, dazu schwarze Handschuhe und einen weißen Schal.
»Du bist zu spät.«
»Ich bin schön.«
»Du bist immer schön.«
»Und ich bin auch immer zu spät.«
Er setzte seinen Hut auf, schwarz, passend zum Frack, und sie verließen das Haus. Er öffnete die Wagentür und sie glitt hinein.
Sie fuhren aus Dublin hinaus Richtung Norden, vorbei an dem Abzweig nach Haggard und weiter zu Gordons Haus. Obwohl niemand am Tor stand, hielt Skulduggery an. Er zog ihre Einlasskarte aus der Tasche, eine goldene Scheibe, nicht größer als sein Handteller, und hielt sie mit Daumen und Zeigefinger fest. Sobald sie anfing zu leuchten, fuhren sie weiter. Walküre sah die pulsierenden Symbole an den Torpfosten, die die Alarmanlage außer Kraft setzten. Auf beiden Seiten der langen Zufahrt parkten glänzende Wagen. Gestalten standen in der Dunkelheit. Männer und Frauen, die ähnlich gekleidet waren wie Sensenträger, nur in Schwarz, und jeweils zwei identische Sicheln auf dem Rücken trugen.
»Das sind Ripper«, erklärte Skulduggery. »Ein von Sensenträgern ausgebildeter privater Sicherheitsdienst. Nur die Allerreichsten können ihn sich leisten.«
Sie stiegen aus dem Bentley. Skulduggery redete ein ernstes Wort mit dem Mann vom Parkservice, dann betraten sie das Haus.
Walküre stellte sich vor, dass es so auf einer typischen High-Society-Party zuging: Menschen in teuren Kleidern, die Champagner nippten und höflich lächelten. Mit dem einen Unterschied, dass man hier und da auch Vertreter des Außergewöhnlichen sah: ein ansonsten streng wirkender Herr mit blauem Haar, eine Frau in einem schimmernden Kleid und gleichermaßen schimmernder Haut, ein Mann mit Klauen und natürlich das wandelnde Skelett neben ihr. Die reichsten und einflussreichsten Zauberer der Welt. Walküre nahm die Kräfte im selben Moment wahr, als sie über die Schwelle trat, und sie spürte ein Kribbeln im Bauch.
Ein Ober mit Schmutz unter den Fingernägeln bot ihr auf einem silbernen Tablett ein Glas Champagner an. Sie lehnte höflich ab, blickte ihm aber stirnrunzelnd nach, als er in der Menge verschwand. Schmutz unter den Fingernägeln bei so einem feierlichen Anlass? Doch dann zuckte sie mit den Schultern und dachte nicht weiter darüber nach. In einem der Räume spielte ein kleines Orchester. Die Musik schwebte in genau der richtigen Lautstärke durchs Haus. Niemand musste die Stimme erheben, um sich Gehör zu verschaffen.
Alles hier drin strahlte regelrecht. Walküre war froh, dass das Kleid, das Skulduggery ihr gekauft hatte, so schön war - es konnte es mit den anderen ringsherum aufnehmen.
Skulduggery reichte Hut und Schal einer Frau, die sie lächelnd wegbrachte. Walküre blieb an seiner Seite. Sie gingen weiter in den nächsten Raum und Skulduggery erklärte ihr, wer die Gäste alle waren. Viele der Namen hatte sie schon einmal gehört.
Skulduggery kannten scheinbar alle, doch nicht alle mochten ihn. Jedem Lächeln stand mindestens ein finsterer Blick gegenüber.
»Wie du siehst, bin ich sehr, sehr bekannt«, flüsterte er.
»Keine Frage.«
Gordon stand bei seinem Echostein und plauderte mit ein paar Leuten. Sie lachten über die Geschichte, die er gerade zum Besten gab. Als er Walküre sah, winkte er ihr mit leuchtenden Augen zu, kehrte dann aber zu seiner Geschichte zurück. Sie grinste.
Ravel kam herüber. Er schüttelte Skulduggery die Hand und küsste Walküre auf die Wange. »Du siehst umwerfend aus«, bemerkte er.
Sie erwiderte sein Lächeln. »Du machst dich auch nicht schlecht, Großmagier.«
Er lachte. Dann fiel sein Blick auf eine Gruppe fremder Zauberer in der Nähe und er seufzte bekümmert. »Ich muss gehen und mich unters Volk mischen, das ist der Fluch meines Jobs. Kaum hat man jemand Interessantes getroffen, wird man von jemand Langweiligem weggerufen.«
Ravel entfernte sich. Grässlich tauchte auf
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