Slant
halb gefrorenem, halb gelatinösem Fruchtsaft sickern in den umgebenden Wodka. Der Rand des kugelförmigen Glases ist mit Mikrokapseln aus Salz, Zucker und Essig bestreut, die sich in zufälliger Abfolge auf der Zunge lösen – und alles wird sehr kalt serviert.
Martin nimmt einen Schluck und findet das Getränk köstlich. »Ich hoffe, Sie benötigen heute nicht meine gesamten geistigen Kapazitäten«, sagt er.
»Wenn wir es bei einem Glas belassen, werden wir nicht in Schwierigkeiten kommen«, erwidert Carrilund. »Im Augenblick möchte ich nur ein etwas genaueres Bild vom Menschen namens Martin Burke bekommen.«
Martin hebt eine Augenbraue, doch dann stellt er sich den übertriebenen Eindruck vor, den diese Mimik angesichts seiner buschigen Brauen machen dürfte, und entspannt sofort seine Stirnmuskeln. »Ich habe nicht viel zu verbergen«, sagt er.
»Sie haben schwierige Zeiten hinter sich«, stellt Carrilund fest. »Ihre Karriere verlief streckenweise sehr wechselhaft.«
»Offene Geheimnisse«, sagt Martin.
»Ja und nein«, entgegnet Carrilund. »Sie haben keine besondere Offenheit an den Tag gelegt, was Ihre Verwicklung in den Goldsmith-Fall betrifft.«
»Ach.« Martin lächelt grimmig. »Wie tiefschürfend soll unser heutiges Gespräch werden?«
»Hinreichend freundlich und nicht mehr als hinreichend tiefschürfend. Größere Sorgen mache ich mir wegen Ihres Anteils an der Entwicklung der Werkzeuge für eine effektive Tiefentherapie. Sie waren ein brillanter Pionier. Sie lösten Erschütterungen aus, die ihrer Karriere Steine in den Weg warfen. Und jetzt – sind Sie ein stiller, respektabler Profi mit eingeschränktem Horizont.«
»Soweit ist Ihre Einschätzung korrekt«, sagt Martin.
»Sie haben nicht die Absicht, jemals wieder in eine Sache verwickelt zu werden, die ihnen neue Schwierigkeiten machen könnte.«
»Nicht wenn ich es vermeiden kann.«
Carrilund bestellt sich ein Frühstück, und als Nächstes nimmt der Kellner Martins Wünsche auf. Anschließend kann er sich nicht mehr erinnern, was er bestellt hat; er verspürt ein Unbehagen, das ihm im Verlauf seines Lebens allzu vertraut geworden ist, während er darüber nachdenkt, ob er ein zweites Mal durch einen Löwenkäfig spazieren soll. Er scheint einfach nicht erkennen zu wollen, dass sich das Risiko nicht lohnt.
»Vor drei Jahren hatten Sie die Beraterfunktion für eine Forschungsgruppe, die außerhalb von Washington tätig war, die sogenannte New Federalist Market Alliance. Sie hängen mit einer weiteren Gruppierung zusammen, die sich als Aristos bezeichnet.«
»Ja«, sagt Martin. »Es war kein großer Vertrag. Ich war nur zwei Wochen lang engagiert.«
»Das, was sie den Leuten gesagt haben, dürfte vertraulich sein, vermute ich.«
»Nicht direkt. Sie wollten meine Ansichten über die Zukunft einer Gesellschaft ohne wirkungsvolle mentale Tiefentherapie hören. Es war eine recht konservative Organisation.«
Carrilund lässt keinen Zweifel an ihrem Missfallen. »Was haben Sie von den Leuten gehalten?«
»Sie waren höflich und gut gekleidet«, sagt Martin lächelnd.
»Faschisten?«
»Nein. Elitisten. Sie nehmen ihren Föderalismus sehr ernst.«
»Außerdem glauben sie an die genetische Überlegenheit des Geldadels… richtig?«, fragt Carrilund.
Martin nickt. »Das habe ich auch gehört.«
Wieder zeigt Carrilund offen ihr Missfallen. »Ihr Jesus trägt einen Longsuit und hat einen perfekten langfristigen Investitionsplan.«
»Ich gab ihnen nur, worum sie mich gebeten haben, damit war die Sache für mich erledigt«, sagt Martin.
Carrilund scheint sich auf etwas Unangenehmes gefasst zu machen. »Was haben Sie den Leuten gesagt, in groben Zügen?«
»Dass unsere heutige Gesellschaft ein Stadium erreicht hat, in dem effektive Therapien zu einer Notwendigkeit geworden sind. Wenn Sie die Auswirkungen der Therapie aus der Kultur entfernen, wird ein langer Abstieg in die Anarchie beginnen.«
»Warum?«
»Die Belastungen, unter denen die besten und klügsten Mitglieder der globalen Sozialsysteme stehen, sind genauso fein aufeinander abgestimmt wie die Belastungen der empfindlichen Teile einer Hochgeschwindigkeitsmaschine. Vor etwa anderthalb Jahrhunderten wurden die Belastungen zu groß, was zu einer Steigerung der Fälle thymisch unausgeglichener Individuen führte. Die Leute wurden nicht notwendigerweise verrückt – aber sie waren sehr unglücklich.«
»Die Arbeitsbelastung wurde zu groß?«
»Nicht unbedingt. Es ist nur
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