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Slant

Slant

Titel: Slant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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jemals gesehen habe.«
    »Wir bekommen ähnliche Meldungen aus dem ganzen Staat herein«, erwidert die Assistentin des Sozialministeriums, deren Stimme für alle hörbar ist, die sich um die Anzeige versammelt haben. »In den vergangenen zwei Wochen hatten wir achthundertneunzig Selbstmorde. Das bedeutet eine Steigerung von über siebenhundert Prozent.«
    »Es ist eine gottverdammte Katastrophe«, brummt der Stellvertreter des Captains und wendet sich dann mit trotzigem Blick Choy zu. »Man mischt sich unters gemeine Volk?«
    »Ich glaube nicht, dass man der Sozialabteilung die Schuld daran geben wird«, sagt Mary.
    »So, glauben Sie?« Der Mann steht eindeutig unter Stress. »Wir sind an der Basis. Warum wussten wir nichts davon? Was wird man mit uns machen, wenn der Bürgermeister und der Gouverneur ihre öffentlichen Stellungnahmen abgeben?«
    »Tut mir Leid«, sagt Mary.
    »Gibt’s irgendwelche Hinweise von Schlüssel und Schloss?«, fragt der dritte, der jüngste der Gruppe. Schlüssel und Schloss ist PD-Slang für die Abteilung Verbrechensbekämpfung, Nussbaums und nun auch ihr Territorium.
    »Nicht während ich im Dienst war«, sagt Mary.
    »Dann lassen Sie uns mit unserem Elend allein«, gibt der Stellvertreter zurück. Mary geht. Sie ist ihnen auf die Füße getreten, während schlechte Stimmung herrscht. Es ist besser, sich die Daten in Nussbaums Büro anzusehen; er dürfte nichts dagegen haben, und sie möchte sich über aktuelle Tatsachen und Trends informieren, seien sie auch noch so unverständlich.
    Ihr bleibt kaum Zeit, Nussbaums Anschluss auf das X-Flussdiagramm zu schalten, als er mit zwei Bechern Kaffee in der Hand durch den Eingang hereinstürmt, sich zwischen zwei Stühlen hindurch schiebt und sich in seinen bequemen Schreibtischsessel fallen lässt. Die Darstellung baut sich auf, als er ihr einen Becher reicht. Mary nimmt einen vorsichtigen Schluck, da Kaffee sich nicht allzu gut mit der Umkehrung ihrer Transformation verträgt. Nussbaum starrt auf die sich ordnenden Daten. Das Diagramm sieht aus, als stünde es in Flammen.
    »Es ist nur eine stochastische Häufung«, sagt Nussbaum wegwerfend. »Die Sozialabteilung kann sich darum kümmern. Wir haben unsere eigenen Probleme. Der Gerichtsemulator unseres INDA sagt, wir dürften kein Problem mit der Anklageerhebung für die Psynthe-Morde haben, sowohl gegen den Hausmeister wie den Mittelsmann. Aber ich bin nicht glücklich damit. Unser Hauptverdächtiger auf der Finanzseite ist tot. Die Gerichtsmedizin bestätigt einen Selbstmord – damit bricht diese Spur abrupt ab. Noch schlimmer ist, dass wir Crest wahrscheinlich nicht einmal anklagen könnten, wenn er noch leben würde. Wir haben nur die kleinen Fische. Haben Sie etwas von dieser Hure erfahren?« Nussbaum wirft ihr einen hoffnungsvollen Blick zu.
    Mary schüttelt den Kopf. »Ihr Name ist Alice Grale. Ein Vid-Star. Sie sagt, ihre Agentur hätte sie zu einem Call-in geschickt.«
    »Verdammt. Manchmal wünsche ich mir, die Prostitution wäre immer noch illegal.«
    Mary nimmt die Äußerung kommentarlos zur Kenntnis, obwohl sie diese Meinung nicht unbedingt teilt. »Sie setzt nun alle legalen und sonstigen Hebel in Bewegung. Ich werde sie später noch einmal persönlich anrufen. Des Weiteren hat sich Crests Nachlassverwaltung – zwei Töchter, eine Ex-Frau und drei Anwälte – geweigert, uns die Vids aus dem Apartment zu überlassen, aber ich glaube, wir können unseren Anspruch durchsetzen. Allerdings…« Sie verstummt, während ihre Finger mit der Kante von Nussbaums Schreibtisch spielen.
    »Was?«, fragt Nussbaum.
    »Ich habe mir Crests öffentliche Archivdaten über seine Investitionsstrategien angesehen, die zusammen mit seinen geschäftlichen Konzessionen gepostet sind. Es war sein Stil, mit Tarnungen zu arbeiten, die sehr sorgfältig angelegt wurden. Offenbar wollte er gar nicht wissen, was mit seinem Anteil an einer Investition geschah. Nach seiner Scheidung…«
    »Er hat sich scheiden lassen?«
    »Vor drei Tagen. Ohne Aufhebens. Seiner Frau hat er eine großzügige Abfindung überlassen und seine Kinder sind fürs Leben versorgt.«
    Nussbaum blickt finster drein. »Weitere Gründe, sich das Leben zu nehmen.«
    »Seit ungefähr einem Jahr hat er es sich angewöhnt, in einige sehr riskante Geschäfte mit hoher Gewinnerwartung zu investieren. Einige davon waren gewagte Drahtseilakte.«
    »Also hatte er wegen vieler Dinge ein schlechtes Gewissen.«
    »Unsere Spur führt nicht weiter als

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