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Slant

Slant

Titel: Slant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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»Er soll am Montag kommen. Und wer ist für heute Vormittag angemeldet?«
    »Joseph Breedlove kommt um neun, und Avril de Johns um zehn.«
    Martin runzelt nachdenklich die Stirn. Weder Breedlove noch de Johns sind schwierige Patienten; sie gehören eher in die Kategorie der unglücklichen Menschen, die eine Therapie als Ersatz für echte Leistungen betrachten. Bis heute kann eine Therapie nur das Beste aus dem machen, was bereits vorhanden ist. »Ab elf habe ich eine Stunde frei?«
    »Natürlich.«
    »Dann ist ja alles in Ordnung. Jetzt ist es acht Uhr dreißig. Ich habe noch eine halbe Stunde, bis Mr. Breedlove kommt. Bis neun will ich ungestört sein.«
    »Alles klar«, sagt Arnold.
    Martin nimmt seine Tasche und geht durch den schmalen Korridor zum Büro im hinteren Bereich. Das Sanctum sanctorum. Manchmal schläft er hier, da es zu Hause nur wenig gibt, das den Aufenthalt lohnt. Er hat die Chance auf einen Insel-Anteil auf Vashon verpasst – verdammte nordwestliche Überheblichkeit der seit dreißig Jahren Ansässigen und hier Geborenen, die schamlos jeden Neuankömmling diskriminieren –, sodass Martin nun einen Bungalow in einem kleinen Zeilen-Comb mit Ausblick auf die nördliche Ausfallstraße des dreistöckigen Freeway 5 bewohnt. Er ist weder teuer noch besonders wohnlich. In zwei Jahren, so sagt sein Makler, könnte er für eine bessere Lotterie qualifiziert sein, vielleicht sogar für einem Bainbridge-Anteil.
    Private Anrufe umflattern ihn wie zahme Vögel, während er an seinem Schreibtisch sitzt. Einige hat er bereits vor einer Woche als dringend markiert. Er verscheucht sie mit der Hand und sticht dann mit dem Finger in die neuen Anfragen, worauf sie eine Schlange bilden und sich die erste wie ein Origami-Objekt entfaltet. Sie ist von Dana Carrilund, der Vorsitzenden von Workers Inc. Northwest. Er fragt sich, wer ihr seine Sig gegeben haben könnte. Obwohl er sich in seiner freien Zeit gewöhnlich von Störungen fernhält, öffnet er die Nachricht sofort.
    Carrilunds Stimme ist freundlich und professionell. »Mr. Burke, entschuldigen Sie bitte, dass ich Ihre private Adresse benutzt habe. Aber ich habe ein ernstes Problem. Wie ich erfahren habe, machen ungefähr sieben unserer Klienten eine Spezialtherapie bei Ihnen. Alles läuft bestens, wie ich höre. Ich habe hier vielleicht ein paar weitere Patienten für Sie – allesamt Rückfälle. Bitte lassen Sie mich wissen, ob Sie sie in Ihrem Terminplan unterbringen können. Außerdem würde ich gerne persönlich und unter vier Augen mit Ihnen sprechen.«
    Das liegt außerhalb seines üblichen Gebiets. Martin ist auf gescheiterte Grundtherapien spezialisiert, auf Menschen, bei denen primäre und selbst sekundäre Therapien nicht gegriffen haben. Rückfälle wurden erfolgreich therapiert, obwohl es bei ihnen zu wiederkehrenden thymischen oder gar pathischen Ungleichgewichten kommen kann.
    Warum könnte die Vorsitzende von Workers Inc. Northwest eine solche Anfrage stellen? Martin runzelt die Stirn; er vermutet, dass die Workers Inc. Northwest ihre Fälle bisher zu Sound Therapy geschickt hat, der größten analytischen und therapeutischen Firma im Corridor. Er fühlt sich geschmeichelt, dass man auf höchster Ebene auf ihn aufmerksam geworden ist, aber er kann sich keinen Grund dafür denken.
    Er entwirft die Antwort mit eigener Stimme. »An Dana Carrilund. Natürlich interessieren mich Ihre Fälle. Lassen Sie mich wissen, was Sie benötigen, und ich werde einen Terminplan und ein Angebot ausarbeiten. Ich hoffe, wir können uns demnächst treffen.«
    Das ist eine schamlose Absicherung gegen jegliche Abwärtstendenz im Geschäftsbetrieb, etwas, auf das Martin sehr empfindlich reagiert. Er braucht keine weiteren Patienten. Trotzdem hat er niemals ganz seine Angst vor der Arbeitslosigkeit verloren. Ein Vertrag mit Workers Inc. jedoch könnte mögliche schwere Zeiten in der Zukunft erträglicher machen.
    Die nächste Nachricht ist von seiner Tochter – ihr täglicher Morgenkontakt. Stephanie lebt immer noch mit ihrer Mutter in La Jolla. Sie haben einmal pro Woche eine Direktverbindung und er nimmt sich die Zeit, alle zwei Monate in den Süden zu fahren, doch als er das Bild der bezaubernden Dreijährigen betrachtet – eine etwas rundlichere Version von Carol, die im genetischen Tanz offenbar nur Martins Augenbrauen und Ohren bekommen hat, diese perfekte Darstellung in Hochauflösung, die die Luft küsst, wo seine Nase sein könnte, und eine Serie von roten und

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