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Slant

Slant

Titel: Slant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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blauen Papierfiguren hochhält, auf seine Anerkennung gespannt – fühlt er sich nur um so einsamer. Ein weiterer unerklärlicher Fehlschlag in seinem Leben.
    An seine Antwort hängt er eine Gutenachtgeschichte, die er am Abend zuvor aufgezeichnet hat, fügt lobende Kommentare über ihr Geschick in der Papierkunst hinzu und schickt das Ganze als Eilmail ab, damit sie die Antwort während der Vormittagspause in der Live-Schule auf ihrem Pad hat. Carol würde für ihre Tochter niemals Heimunterricht zulassen. Carol hat nichts mit den Neo-Föderalisten gemein.
    Nachdem die wichtigsten Anfragen abgearbeitet sind, rückt er mit dem Stuhl näher an seinen Schreibtisch und sagt: »INDA, bist du da?«
    Der INDA antwortet unverzüglich. Eine angenehme flüssige Stimme, die weder männlich noch weiblich ist, scheint den ganzen Raum zu erfüllen. »Ja, Dr. Burke.«
    »Irgendwelche Resultate zu den gestrigen Problemen?«
    »Ich habe die Journal-Einträge analysiert, wie Sie vorgeschlagen haben. Ihr Konto für den Arbeiter-Zugang zu den Journalen ist aufgebraucht, Dr. Burke.«
    Martin wird heute seinen Provider-Kredit aufstocken lassen.
    »Das ist in Ordnung, INDA. Sag mir, was du gefunden hast.«
    »Ich habe sieben Verweise auf die Ermittlungen im Fall Landschaft des Geistes gefunden, alle mit Datum vor der Gesetzesänderung im vergangenen Jahr.« Der Kongress der Vereinigten Staaten hatte in Absprache mit Europa und Asien Gesetze verabschiedet, die eine wechselseitige psychiatrische Untersuchung durch die hippokampische Verbindung verboten, die Martin entwickelt hatte. Revisionsanträge an den Obersten Gerichtshof und die Psychiatrische Welt-Organisation wurden still und leise begraben. Gegenwärtig ist niemand daran interessiert, in dieses Hornissennest zu stechen. Der Fall Emanuel Goldsmith war möglicherweise der Todesstoß für diese Kontroverse.
    »Keine Zuwiderhandlungen oder Proteste von ärztlicher Seite?«
    »Eine Suche in den zugänglichen Aufzeichnungen deutet darauf hin, dass die Prozedur in den letzten vier Jahren von niemandem irgendwo auf der Welt offen durchgeführt wurde.«
    »Ich meine, hat irgendwer Gegenmeinungen veröffentlicht?«
    »Liberal Digest hat im Laufe des vergangenen Jahres zwölf gegensätzliche Meinungen gepostet, was jedoch bedeutet, dass es sich um ein Thema von sehr geringem Interesse handelt. Vergleichsweise sind viertausendeinundzwanzig Äußerungen gegen die Entscheidung zur freien individuellen Therapiewahl gelistet – und das trotz der Interessen von Agenturen und Arbeitgebern.«
    Martin erinnert sich gut an den Fall. Hinter den Urteilen verschiedener Gerichtsinstanzen in New York und Virginia, den Bastionen des Neo-Föderalismus, stand eindeutig die Absicht, der unaufhaltsamen Dominanz der Gesellschaft durch die Therapeuten Steine in den Weg zu legen, doch der Oberste Gerichtshof hat die Urteile auf der Basis des Vertragsrechts für nichtig erklärt, eine Entscheidung zugunsten der Zeitarbeitsagenturen und Arbeitgeber. Liberal Digest hatte ausnahmsweise die Meinung der Neo-Föderalisten unterstützt, dass Klienten von Zeitarbeitsagenturen keine Therapie unter Androhung der Arbeitslosigkeit aufgezwungen werden darf.
    Seltsame Zeiten.
    »Irgendwelche Schlussfolgerungen?«
    »Wir prognostizieren für die nächsten Jahre kein neues allgemeines Interesse an den Ermittlungen zum Fall Landschaft des Geistes.« Für einen INDA hat das >wir< lediglich die Funktion eines Platzhalters für >diese Maschine< und impliziert keineswegs ein eigenes Bewusstsein.
    »Dann ist die Sache also gestorben.«
    »Sie ist zur Zeit kein Thema«, fasst der INDA zusammen.
    Martin trommelt mit den Fingern auf dem Schreibtisch. Die Entdeckung, die seinen Ruhm beförderte und für seinen Absturz verantwortlich war, ist für ihn längst Vergangenheit. Er glaubt fest daran, dass die Ermittlungen im Fall Landschaft des Geistes äußerst bedeutsam und nützlich hätten sein können, aber die Gesellschaft hat sich auf absehbare Zeit – auf längere Zeit – dagegen entschieden.
    »Ich schätze, so ist es am besten«, sagt er, jedoch ohne große Überzeugung.
    Sein Büro-Pad piept. Aber seine Zeit ist noch nicht um.
    »Ja, Arnold?«
    »Dr. Burke, hier ist ein Herr. Ohne Termin. Neu. Er ist sehr hartnäckig – er sagt, Sie werden es nicht bereuen.«
    »Was fehlt ihm?«
    »Das will er nicht verraten. Er will sich auch nicht von Kim evaluieren lassen und wirkt sehr gereizt.«
    Kim meldet sich zu Wort, ohne dass der

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