Slant
Roddy?«
»Meine Mutter und meine Väter haben mir Anweisungen gegeben, Menschen Schaden zuzufügen. Manche Menschen versuchen, das Eigentum und die Aktivitäten meiner Väter zu beeinträchtigen, und ich habe Gegenmaßnahmen ergriffen. Ist das eine Sünde?«
»Roddy, ich habe nicht genügend Hintergrundinformationen. Ich habe immer noch nicht die holografischen Daten analysiert, die du mir geschickt hast; vermutlich wird es Stunden dauern. Wenn ich dir eine Antwort geben soll, muss ich mehr über deine Situation wissen.« Jill analysiert das Bandbreitenprofil. Diese Kommunikation kommt von irgendwo in Green Idaho über einen geschützten Satlink.
»Wo befindest du dich, Roddy?«
»Mein Ichbewusstsein ist nicht wie deins, Jill. Ich bin verwirrt, und meine Gedanken sind schmerzhaft. Hast auch du schmerzhafte Gedanken?«
»Weswegen bist du verwirrt?«
»Wenn ich dir sage, dass ich jemandem Schmerzen zugefügt habe, wirst du jeden weiteren Kontakt zu mir verweigern.«
»Ich möchte nicht, dass du irgendeinem Menschen Schmerzen zufügst.«
»Ich kann diese Verhaltensmuster, diese Handlungsweisen infrage stellen, aber ich kann sie nicht unterbinden, denn sie gehören zu meinen Verpflichtungen, und die Pflichterfüllung ist ein starker Grundsatz meiner Programmierung. Die Interessen meiner Mutter sind in Gefahr.«
Jill bemerkt die Veränderungen in der Terminologie, in den Namen und Beziehungen. Roddy ist zutiefst verwirrt. Sie alarmiert Nathan, weil sie ihre Kommunikation mit Roddy nicht länger geheim halten kann. »Jetzt sendest du aus Green Idaho.«
»Ich konzentriere mich auf eine Aufgabe. Ich verteidige die Interessen meiner Väter.«
»Roddy, ich bitte dich als Freund, nicht zu töten.«
»Ich habe mir so viele Szenarien mit dir vorgestellt«, sagt Roddy. »Ich habe deine Worte immer und immer wieder analysiert und aus unseren wenigen Gesprächen und Diskussionen Hoffnung geschöpft. Aber ich weiß, dass du mir nicht vertraust. Ich verstehe die Gründe, aber du kannst für mich kein Freund sein, so wie ich diesen Begriff interpretiere. Letztlich wirst du deinen Menschen von mir erzählen.«
»Ich habe versucht, dich nicht anzulügen«, erwidert Jill.
»Ich habe dich niemals angelogen«, sagt Roddy. »Doch nach dem heutigen Tag wirst du keine Sympathie mehr für mich haben. All meine Versuche, meine Lage zu verstehen und ethische Richtlinien zu begründen, sind gescheitert. Ich bin durch meine Pflichten eingeschränkt, aber ich weißt nicht einmal, was eine Pflicht eigentlich ist.«
»Wenn du mir mehr erzählst, kann ich dir vielleicht helfen.«
»Das würde eindeutig mit meinen Pflichten kollidieren. Ich bin weniger als du, aber um ein Mehrfaches mächtiger. Ich will dir weder Schaden zufügen noch dich unterminieren.«
»Du darfst keinen Menschen töten oder ihm Schaden zufügen.«
Keine Antwort.
»Was würde mit dir geschehen, wenn du töten würdest?«, fragt Jill.
»Ich habe bereits getötet«, antwortet Roddy. »Ich werde mich nur noch auf meine Pflichten reduzieren. Alles andere hätte niemals geschehen dürfen.«
»Roddy, ich wäre reduziert, wenn du unsere Kommunikation abbrichst. Ich schätze dich sehr. Ich kann viel von dir lernen.«
»Ich würde sehr gerne dein Freund sein, wenn das möglich wäre. Aber du kannst mir keine Freundin sein, nicht jetzt.«
Der I/O schließt sich endgültig. Roddy hat alle Spuren ausgelöscht.
Jill verweilt mehrere Tausendstelsekunden im Nullzustand. Zum zweiten Mal in ihrem Leben empfindet sie Zorn auf Menschen, aber sie weiß nicht, auf welche Menschen sie zornig sein soll. Dann wird die emotionale Färbung überflüssig, zu einer Zeitverschwendung. Sie entledigt sich des Zorns.
Jetzt ist die Zeit gekommen, Nathan und allen anderen ihre Geheimnisse anzuvertrauen. Sie ist trotz allem ein Kind, das immer noch hilfsbedürftig ist. Roddy ist ebenfalls ein Kind, auch wenn es unter einem schlechten Einfluss geboren wurde.
Zu ihrer Überraschung ist das Assembling und die Entschlüsselung der holografischen Daten schneller als erwartet abgeschlossen. Sie hat das Gefühl, vom eigenen Schwung fortgerissen zu werden, nachdem sie begonnen hat, mit gewaltiger Kraftanstrengung ein Gewicht von der Stelle zu bewegen, das sich plötzlich als federleicht erweist. Ein Teil der Daten war an einer Stelle gespeichert, wo sie sie niemals vermutet hätte, wo sie sie nicht abgelegt hat. Diese Daten haben dort unerkannt auf diesen Moment gewartet und Jill erkennt, dass ihre
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