Slant
unidentifizierbaren Genitalien, wo sich die Beine treffen. Der Schädel ist verlängert, glatt wie eine Melone geschoren, doch mit langen Streifen aus Nerzpelz, die Augen starr und in Tod und Kälte glasig, aber erkennbar schräg gestellt und schlangenhaft.
Mary spürt mit jedem hypnotischen Detail ein neues Zerren in ihren Eingeweiden.
Nussbaum ist zu den Tischen weitergegangen und steht nun dazwischen. Auf dem zweiten Tisch liegt ein kleiner Körper, nicht größer als ein Kind, aber mit den Formen eines Erwachsenen, einschließlich der konventionellen Geschlechtsmerkmale. Marys Blick kehrt zur Leiche zurück, die ihr am nächsten ist, und sie zwingt sich, mit ihr vertraut zu werden und jeglichen Ekel abzuschütteln. Sie fragt sich: Warum ist es ein Opfer geworden? Aber sie ist sich nicht einmal sicher, was ihre Frage bedeuten soll.
»Sie können alles haben«, sagt Nussbaum. »Was immer sie möchten, können sie sich aus Elektronen formen oder mit Prosthetuten realisieren. Aber das genügt ihnen nicht. Sie verlangen nach mehr. Sie sammeln gescheiterte Untherapierte ein, füllen sie mit billigem Nano ab und formen sie wie Lehmklumpen…«
Mary geht neben der ersten Leiche in die Knie. In den Wangen befinden sich orchideenblättrige Wülste, unter denen zusätzliche Klitorides verborgen sind, bereit für den innigen Wangenkuss. Mary schließt die Augen und muss sich mit einer ausgestreckten Hand abstützen.
Die Hände und Füße haben etwas Unästhetisches und Unbeabsichtigtes. Die Gliedmaßen wirken insgesamt falsch, sofern sie die gezielte Geschlechtsveränderung eines Psynthe von dem unterscheiden kann, was möglicherweise pathologisch ist. Die Finger sind geschwollen. Aus der Nähe erkennt sie, dass die Augen hervortreten. Eine Pfütze aus beigefarbener Flüssigkeit hat sich unter dem verlängerten Schädel angesammelt, bevor sie gefroren ist.
Die Haut wirkt zu rötlich.
»Sie wurde gekocht«, sagt Mary leise.
Nussbaum dreht sich um und wirft einen Blick auf die Leiche. »Nano-Hitze?«
Sie steht auf und geht zu den Tischen. Sämtliche Arbeiter-Chirurgen sind erstarrt und inaktiv. Sie könnten auch in dieser Kälte funktionieren, wenn ihre Energiequelle und das Logikzentrum eingeschaltet wären. »Sie müssen die… Frau zurückgelassen haben, bevor sie flohen. Aber zuerst haben sie die Chirurgen abgestellt. Die Frauen wurden nicht überwacht… etwas muss schiefgegangen sein.«
»Alles ist genauso, wie das erste Team den Tatort vorgefunden hat«, sagt Nussbaum. Mary erhascht einen Blick auf sein Gesicht und weiß, dass auch er so schnell wie möglich dieses Haus verlassen möchte.
Die Klitorides in den Wangen. Um ihr einen herzlichen Kuss zu geben… den sie niemals erlebte. Alles war immer nur Sex. Lecken, ficken, saugen, vögeln.
Und plötzlich machen sich diese Aspekte für Mary als Misston bemerkbar. Sie ist benommen, aber sofort setzen ihre durchtrainierten Verteidigungsmechanismen ein und ermöglichen dem völlig überforderten Manager ihres Bewusstseins, sich für einen Moment auszuruhen.
Sie überprüft die Nano-Flaschen, die auf einem Regal stehen. Nährmittelvorräte, Versorgungsschläuche, Kitt und Nippel. Ein neuer Regulator zur Überwachung des Nano befindet sich noch in der Verpackung. Speicherwürfel auf einem kleinen Klapptisch, Plastikschnipsel, die wie abgeschabt aussehen, Blutstropfen, braun wie Bratensoße auf den Bodenfliesen.
Mary nimmt eine Flasche heraus und dreht sie um, damit sie das Etikett lesen kann. Alle Etiketten wurden zur Wand gedreht. Sie weiß, warum. Das Etikett bestätigt ihren Verdacht. Jemand hatte noch einen kleinen Rest von schlechtem Gewissen oder wollte nicht, dass die Opfer etwas ahnten.
»Das ist kein medizinisches Nano«, sagt Mary. »Es ist für Gärten.«
»Gärten?«, fragt Nussbaum und kommt näher, um das Etikett zu studieren. »Großer Gott. Von Ortho vertrieben.«
»Jeder echte Experte könnte es reprogrammieren«, sagt Mary. »Offenbar war unter ihnen kein echter Experte.«
»Gärtner-Nano«, sagt Nussbaum. »Großer Gott im Himmel. Mary, es tut mir Leid. Sie verstehen das alles wohl auch nicht besser als ich.«
»Kein Bedarf«, sagt Mary leise.
»Irgendetwas ist schiefgegangen, und dann haben die Schweine sie einfach hiergelassen, damit sie im eigenen Saft verschmoren«, sagt Nussbaum. »Es tut mir so unendlich Leid.« Sein Gesicht hinter der Plastikfolie ist milchig und verhärmt.
Mary weiß nicht, bei wem er sich
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