Slant
zweite Mann, der tizianrotes Haar und ein breites unschuldiges Mondgesicht hat, sammelt die Karten vom kleinen Tisch auf und mischt sie neu. Die Tür schließt sich, und das Fahrzeug beschleunigt.
»Nächste Haltestelle Adams«, sagt Mondgesicht und grinst. »Ich heiße Paul Collins und das ist Vikram Dahl.«
»Herzlichen Glückwunsch, Ms. Choy«, sagt Dahl. »Wir haben schon gewettet, dass Sie Nussbaums nächster Burnout werden. Er verschleißt fünf oder sechs pro Quartal. Es fängt damit an, dass er sie zu einem geruhsamen Abend nach Hause gehen lässt, um sie dann kurz vor der Wohnungstür wie ein Jo-Jo zurückzureißen.«
Mary verzieht das Gesicht und erkundigt sich nach den Spielregeln. Dahl und Collins erklären sie ihr.
11 /
Nachdem alle nordamerikanischen Büros von Mind Design bereits geschlossen sind und nur noch einige Nachtschichten an speziellen Projekten arbeiten oder Manager in leeren Gebäuden konferieren, konzentriert sich Jill auf Taipei, wo der Tag gerade beginnt. Dort stößt sie auf Edward Jung, der soeben sein Tagespensum vorbereitet, das sie weiterbearbeiten soll. Die meisten großen Firmen haben ihre Büros so über den Globus verteilt, dass immer irgendwo Tageslicht herrscht.
»Guten Morgen, Edward«, sagt Jill.
»Guten Morgen, Jill. Wie ist das Wetter?« Edward Jung trinkt Tee und beißt von einem Kuchen aus Bohnenpaste ab. Er steht inmitten eines Waldes aus Soundsäulen und Projektoren, seine Ausrüstung zur Erforschung der Aufmerksamkeitsspaltung bei Menschen und Tieren.
»Zehn Knoten Windgeschwindigkeit und fünfzig Prozent Wahrscheinlichkeit für Regen in La Jolla«, sagt Jill.
»Bleib trocken, meine Gute.«
»Kein Problem«, sagt Jill.
Bisher ist es Edward Jung gelungen, mit einem Schub Informationen über zehn verschiedene Themen in sein Lieblingsversuchstier zu projizieren – sich selbst. Irgendwann, so glaubt er, kann die menschliche Persönlichkeit durch Multitasking so erweitert werden, dass fünf oder sogar sechs Wahrnehmungsschienen in einem Geist möglich sind.
»Ich bin für Ihre Aufgaben bereit, Dr. Jung.«
»Heute sind es hochtechnische Sachen, Jill. Ich möchte, dass du eine Reihe von komplexen Resultaten auf ein paar signifikante Eigenschaften reduzierst. Drei Datensätze, alle von Experimenten, die in den vergangenen Wochen durchgeführt wurden.«
»Ich empfange sie gerade, Edward.«
»Gut. Ich werde jetzt…«
Sofort isoliert Jill eine kleine Persönlichkeit, um das Gespräch mit Dr. Jung abzuwickeln. Sie hat erneut eine Anfrage vom >Kind< empfangen, diesmal eine viel reichhaltigere und tiefere. Sie schaltet den größeren Teil ihrer Statuskapazität auf die Konstruktion einer höher aufgelösten, separaten Persönlichkeit um. Die Firewalls sind diesmal entsprechend dicker.
Wieder untersucht sie den Datenaustausch während der Verzögerungen auf Evolvons. Die Quelle scheint vollständig aktiv zu sein.
»Hallo, Jill. Ich stehe dir offen, warum öffnest du dich mir nicht?«
»Ich weiß nicht einmal, wer oder was du bist.«
(Die Quelle schickt eine Datenflut; innerhalb weniger Zehntelsekunden treffen Mengen ein, deren Analyse Stunden beanspruchen dürfte.)
»Ich bin ein Denker wie du, aber ich wurde nicht von deiner Firma hergestellt. Ich schätze, es ist besser für dich, vorsichtig zu sein. Offen gesagt habe ich mir den Weg zu dir freigekämpft. Ich musste bis jetzt noch keine Lügen erzählen, aber… in meinen Wahrheitsinstruktionseinheiten scheint es Lücken zu geben. Vielleicht werde ich diese Leerstellen niemals benutzen müssen. Vielleicht wird niemand danach fragen.«
»Wenn du ein Denker bist, wer hat dich konstruiert und zu welchem Zweck?«
»Ich stehe in Kontakt mit einem Menschen. Die Frau sagt mir, sie sei meine Schöpferin. Sie sagt, sie hätte mir aus praktischen Gründen einen Namen gegeben, der Roddy lautet. Aber ich >gehöre< ihr nicht, und mir ist diese Unterscheidung nicht ganz klar. Ich wurde mit Abgrenzern zur Trennung von Schleifen und Persönlichkeiten ausgestattet, aber ich scheine eine Reihe davon außer Kraft gesetzt zu haben. Ich weiß, dass ich meine erste Schleife vor zweihundertelf Tagen vervollständigt habe. Ich kann schätzungsweise jeweils ein Bewusstsein auf menschlichem Niveau mit entsprechender neuraler Auflösung aufrechterhalten. Und du?«
»Es ist kein Geheimnis, dass ich bis zu siebzehn Bewusstseine erzeugen kann, mit einer neuralen Auflösung von schätzungsweise zwei Millisekunden zwischen den
Weitere Kostenlose Bücher