Slant
Marcus.
»Vielen?«
»Es waren zwei. Einer akzeptierte, der andere lehnte ab.«
»Wann war das?«
»Innerhalb der letzten fünf Jahre.«
Jonathan spürt eine Art Drehung in der Brust, ein fast körperlich fühlbares Wirbeln. Wenn er nur seine gegenwärtige Stagnation überwinden könnte – um in einer neuen Lebensphase freier atmen zu können, um die Fehler der Vergangenheit zu korrigieren und sein Potenzial besser ausspielen zu können…
»Wenn ich ja sage, kann ich dann zu einem späteren Zeitpunkt wieder aussteigen?«
»Nein«, sagt Marcus unumwunden. »Es gibt nur ja oder nein. Und zwar hier und jetzt.«
»Ich muss dir blind vertrauen.«
»Das ist der Punkt.«
»Was ist mit meiner Familie? Wird sie mit hineingezogen?«
»Sie wird genauso gründlich geprüft wie du«, erwidert Marcus. »Wenn sie den Test besteht, ist sie dabei.«
Also ist Beate nicht dabei, vermutet Jonathan.
»Wie weit geht ihr Mitspracherecht?«
»In unserer Gruppe«, sagt Marcus, »trägt der Herr im Haus die alleinige Verantwortung.«
Marcus’ Pad gibt ein dringendes Läuten von sich und Marcus schaltet es ein, während er den Bildschirm so hält, dass er Jonathans Blick entzogen ist. Es ist eine Textnachricht; Marcus liest sie schnell, mit eingeübter nichtssagender Miene, dann legt er das Pad wieder weg.
»Es ist etwas passiert«, sagt er. Er betrachtet Jonathan mit einem Ausdruck, der sich entweder als Enttäuschung oder als eine Art besorgter Entschuldigung interpretieren lässt. »Jonathan, ich habe dich niemals aus dem Spin geworfen, stimmt’s?«
»Niemals«, stimmt Jonathan wahrheitsgemäß zu. Er kann Marcus nicht die Schuld an seiner gegenwärtigen Situation geben.
»Was gerade geschehen ist – was ich soeben erfahren habe –, zeigt wieder einmal, wie dringend wir jemanden wie dich brauchen. Die Gelegenheit ist für dich sogar noch günstiger geworden. Du könntest sofort auf eine einflussreiche Position springen. Ich werde mich dafür verbürgen, dass du die Fähigkeiten besitzt und zur Verfügung stehst.«
Jonathan ist die Vorstellung unangenehm, in die Dunkelheit zu springen und Chloe einfach mitzunehmen…
Doch dann erinnert er sich, wie steif sie in seinen Armen gewesen war. Immer wenn er sie im vergangenen Monat berührt hat, schien sie insgeheim verärgert. Ihr Respekt vor ihm, ihre Zuneigung zu ihm als Mann hat nachgelassen, wurde durch den Stress mit den Kindern und den Stillstand seiner Karriere – wie er zumindest vermutet – zerrüttet.
Sie ist von ihrem Leben enttäuscht. Sie ist von ihm enttäuscht.
Eine heftige Wut flackert in ihm auf. Marcus beobachtet ihn. Marcus scheint stets zu wissen, was in seinen Leuten vorgeht; deswegen hat er Karriere gemacht. Er hält seine Leute immer zusammen – und sucht sie sich sorgfältig aus.
»Hast du die Entscheidungsgewalt?«
»Nein. Aber ich bin nahe an der Spitze. Und die Leute über mir sind die Besten. Ich bin niemals Besseren begegnet.«
Jonathan blinzelt, sein linkes Auge brennt. Es ist spät geworden. Er reibt sich den Augenwinkel mit einem Fingerknöchel und starrt dann Marcus an.
»Sag ja, und du hast noch eine letzte Chance zum Rückzug. Schlaf eine Nacht drüber und ruf mich morgen Abend an. Anschließend, wenn du erfahren hast, worum es geht, bist du drin. Dann gibt es kein Zurück mehr. Nie mehr.«
Er hat nach einer Veränderung gesucht, nach irgendeiner Veränderung, um Chloes Respekt und ihre Zuneigung zurückzugewinnen. Doch alles, was er sich bisher überlegt hat, ist ihm so lächerlich vorgekommen – nach Europa oder sogar nach China zu gehen, um noch einmal ganz von vorne anzufangen. Er kann nicht einfach auf das verzichten, was sie in dieser Welt bereits erreicht haben. Er glaubt, dass ihre gemeinsame Sicherheit für Chloe sehr wichtig ist, dass er noch tiefer in ihrer Achtung sinken würde, wenn er das in Gefahr brächte.
»Der Goldring, Jonathan.« Marcus fixiert ihn mit herrischem, ruhigem Blick. »Ich habe dich niemals auf den falschen Weg geführt, Jonathan.«
»Bessere Kontakte, Referenzen?«
Marcus lächelt. »Die Besten, die du dir vorstellen kannst. Solidarität. Wirkliche Unterstützung in schweren Zeiten – und die Zeiten werden zweifellos schwerer, glaub mir.«
»Auch für meine Familie gibt es dann… bessere Kontakte, bessere Gelegenheiten?«
»Wenn sie den Test besteht, Jonathan.« Marcus nickt. »Du kennst ihre Qualifikationen viel besser als ich.«
»Ja«, sagt Jonathan.
»Ich bin sicher, dass sie
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