Small Talk: Nie wieder sprachlos (German Edition)
ausländische Mitbürger (vielleicht aus dem englischen Sprachraum, aus Spanien oder auch aus Russland), wie sie die Möglichkeit einschätzen, in Deutschland mit anderen ins Gespräch zu kommen. Womöglich bekommen Sie ähnlich frustrierende Einschätzungen zur deutschen Gesprächskultur zu hören wie die der kanadischen Historikerin Suzanne Leduc, die in einem Interview in der „Zeit“ einmal bemängelte:
„Trotz der vielen Kneipen und Cafés, die ich sehr mag, existiert in Deutschland keine öffentliche Kultur … Man muss ja nicht gleich schunkeln, aber es ist diese Unfähigkeit zum Small Talk, die die Konversation oft so zäh macht. Auf Partys muss ich ständig das Gespräch in Gang bringen: Es ist eine Tortur, die Leute sagen einfach nichts.“
Nun könnte man der Kanadierin vorwerfen, sie betrachte die Sache nur aus dem Blickwinkel ihrer eigenen Kultur – in der der Small Talk eine ausgesprochene Tradition hat. Und gibt es nicht auch regionale Unterschiede? So kommen Sie in einer Kölner Kneipe wahrscheinlich leichter mit einem Fremden ins Gespräch als in einer kühlen Münchner Bar. Aber irgendwie trifft sie mit ihrer Einschätzung doch den Kern eines Phänomens. Zwar gehört das englische Wort Small Talk längst zu unserem Alltagswortschatz, wir praktizieren das leichte Gespräch dennoch kaum. Warum sonst schweigen sich Lieschen Müller und Otto Taub an der Bushaltestelle lieber hartnäckig an, anstatt die Minuten des Wartens mit ein paar belanglosen, aber netten Worten zu überbrücken? In Sachen Small-Talk-Kultur können die Deutschen von anderen sicher noch lernen.
Doch nun kommt die gute Nachricht. Leduc sucht nach einer Erklärung für die Misere und findet folgende tröstende Worte:
„Womöglich sind viele auch einfach nur schüchtern und unsicher, denn wenn man lieb zu den Deutschen ist, sind sie dafür sehr dankbar …“
Ob wir Deutsche im Umgang mit fremden Menschen unsicher sind, darüber lässt sich sicher streiten. (Zumindest können Sie sich, wenn Ihnen Small Talk schwer fällt, damit trösten, dass Sie offensichtlich nicht der Einzige sind.) Auf jeden Fall ist es hilfreich, wenn uns Menschen aus fremden (Kultur-)Kreisen schildern, wie wir auf sie wirken. Dies ist, am Rande bemerkt, auch ein guter Grund öfter zu small-talken: Das öffnet die Augen, für andere Menschen und andere Sitten. Und nur wer mit offenen Augen durchs Leben geht, kann auch dazulernen. Für uns jedenfalls waren Suzanne Leducs Worte ein Anreiz mehr, Ihnen mit diesem Trainingsbuch Wege aus der „Small-Talk-Wüste“ zu weisen.
Was haben Sie von Small Talk?
Die Verkürzung der Wartezeit, auf die Frau Müller und Herr Taub an der Bushaltestelle verzichten, ist nur einer der vielen positiven Effekte, die eine kleine Plauderei hätte. Sammeln Sie in der folgenden Übung Ideen, welche weiteren Vorteile sich durch einen kurzen Small Talk ergeben können.
Übung 1: Welche Chancen birgt ein Small Talk?
Nehmen Sie sich ein Blatt Papier und überlegen Sie, was Ihnen persönlich ein kurzer Wortwechsel in der entsprechenden Situation bringen könnte. Schreiben Sie spontan alles auf, was Ihnen einfällt, ohne sich die Situation konkreter auszumalen. Denken Sie nur an die Chancen.
Chancen eines Small Talks …
… zwischen Lieschen Müller und Otto Taub beim Warten auf den Bus:
… mit einem Fremden, dem Sie auf einer Party begegnen:
… mit einem flüchtigen Bekannten, den Sie auf der Straße treffen:
… mit dem Vorgesetzten Ihres Vorgesetzten, der in der Kantine neben Ihnen in der Schlange steht:
Betrachten Sie Small Talk positiv!
„Wir haben den ganzen Abend (nur) Small Talk gemacht.“ Einen Satz wie diesen haben Sie sicher nicht nur schon öfter gehört, Sie haben ihn bestimmt auch selbst schon einmal geäußert. Wenn Sie jetzt denken: „Es hängt eben davon ab, welche Einstellung oder Erwartung man hat“, treffen Sie den Nagel auf den Kopf. Es ist sogar ganz entscheidend, welche Bedeutung Sie dem Small Talk beimessen und was Sie persönlich von einem Zusammentreffen mit fremden Menschen erwarten. Es kommt gar nicht so sehr darauf an, wie diese Situation im Einzelnen aussieht. Entscheidend ist allein Ihre Haltung.
Small Talk negativ gesehen
Small Talk positiv gesehen
Es war eine seichte Unterhaltung. Wir sind uns nicht näher gekommen. Wir haben über nichts Wichtiges gesprochen. Wir haben nicht über das Eigentliche gesprochen. Wir sind schön höflich geblieben. Alles nur schöner Schein! Intellektuell war
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