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Smart Magic

Smart Magic

Titel: Smart Magic Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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zusammenbiss, und begann dann zu klettern, doch diesmal deutlich langsamer und vorsichtiger als auf seinem Weg hinein. So vertieft war er in diese Aufgabe, dass er vollkommen überrascht war, als jemand seine Beine packte und ihn umstandslos vom Zaun zurückzerrte.
    »Was machst du denn hier, Kleiner?«
    Der Mann, der ihn an der Kapuze hielt, war gut zwei Köpfe größer, trug einen dunklen Overall und einen quietschgelben Schutzhelm. Ein mächtiger Schnauzer prangte auf seiner Oberlippe, und seine buschigen Brauen waren zusammengezogen.
    »’tschuldigung«, erwiderte Tom hastig. »Ich … ich wollte nur …«
    »Was stehlen? Irgendeinen Mist an die Wände schmieren? Mit Jungs von deiner Sorte haben wir hier oft genug zu tun.«
    Von meiner Sorte? Der Sorte Unglücksrabe?, fuhr es Tom durch den Kopf, aber laut sagte er: »Nein. Wirklich nicht. Ich …« Er überlegte hastig. Was würde ihm der Schnauz wohl abkaufen? »Da waren zwei Typen, so Schläger, die wollten mein Geld. Da bin ich über den Zaun geklettert.«
    Die Miene des Mannes veränderte sich nicht, aber als er wieder sprach, war seine Stimme milder: »Zwei gleich, ja?«
    »Ja, so große Typen. Der eine hatte ein Messer«, dichtete Tom dazu und versuchte, Furcht in seine Stimme zu legen. So schwer war das nicht, denn der Bauarbeiter mit den groben Händen jagte ihm tatsächlich Angst ein.
    »Was machst du denn um diese Zeit auf der Straße? Solltest du nicht in der Schule sein?«
    »Freistunde. Ich wollte zum Bäcker, ’ne Schrippe kaufen.«
    Die Lügen kamen Tom leicht über die Lippen. Alex hatte ihm vorgeführt, wie man das richtig machte. Nichts Wildes herumschwafeln, keine großen Lügengebäude bauen, sondern bloß Kleinigkeiten erfinden. Zu echten Erlebnissen ein bisschen was dazudichten. Das war fast immer plausibler und wurde leichter geglaubt, als wenn man gleich einen ganzen Film erzählte. Tom war gut darin; nur zu Hause hatten seine Lügen meist kurze Beine. Irgendwie hatte der Alte ein fast unheimliches Gespür dafür, konnte Wahrheit und Lüge einfach so erkennen. Und die Konsequenzen von Lügen waren stets schmerzhaft.
    »Eine Schrippe.« Der Mann sah auf seine Armbanduhr. Seine Handgelenke waren dick, seine Arme muskulös und von dichtem, dunklem Haar bedeckt. Er löste seine Hand von Toms Arm. »Das hier ist kein Spielplatz. Hier kann man sich verletzen, das ist gefährlich.«
    »Ja, ja, ich weiß. Ich wollte ja auch nicht …«
    »Troll dich«, knurrte der Bauarbeiter und zog Tom an der Kapuze zum Tor. Er ließ den Jungen los und fingerte einen großen Schlüsselbund aus der Tasche. Es waren bestimmt zwei Dutzend Schlüssel daran befestigt und dazu ein kleines, abgeschabtes Männchen mit einem Helm auf dem runden Kopf, das grinsend den Daumen hob. Tom ließ die Augen nicht von den Schlüsseln, die vermutlich alle Schlösser auf der ganzen Baustelle öffnen konnten. Der Mann griff durch die Zaunlatten und zog die Kette zu sich heran, bis er das Vorhängeschloss erreichte. Er öffnete das Schloss und nahm es ab. Es verschwand beinahe in seiner riesigen Faust.
    »Danke«, murmelte Tom und senkte den Blick. Aus dem Augenwinkel beobachtete er, wie der Mann den Schlüsselbund zurück in die Tasche steckte. Das Tor, der Bauwagen mit dem Werkzeug oder sogar der Bagger oder die Planierraupe – der Schlüsselbund bot ungeahnte Möglichkeiten. Tom wusste, was Alex machen würde. Für so viele Schlüssel musste man geschickt sein, die machten Lärm, wenn man nicht aufpasste. Schon zuckten seine Finger, aber dann quetschte er sich nur an dem Arbeiter vorbei aus dem Tor und sagte noch einmal: »Danke.«
    Hinter ihm schlug das Tor wieder zu, und die Kette rasselte, als der Bauarbeiter sie erneut verschloss. Einen Atemzug lang blieb Tom einfach stehen und versuchte, sich zu beruhigen. Die fast vergessenen Schmerzen in seinem Knöchel kehrten wieder zurück, und seine Knie zitterten. Seine Anspannung machte sich in einem aus seinem tiefsten Innern kommenden Fluch Luft.
    Der Diebstahl, die Verfolgungsjagd, der Rabe und der Bauarbeiter – die Ereignisse der letzten zwanzig Minuten hatten ihn mehr mitgenommen, als er sich eingestehen wollte. Sein Herz raste, und sein Mund war trocken. Es erschien ihm plötzlich wie ein Wunder, dass ihm der Arbeiter einfach so geglaubt und nicht zufällig die Rufe des Bestohlenen gehört hatte.
    So kaltblütig Tom sich Augenblicke zuvor noch gefühlt hatte, jetzt war davon nichts mehr übrig. Noch einmal atmete er tief ein

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