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Smart Magic

Smart Magic

Titel: Smart Magic Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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zurückzukehren, war noch größer.
    Die Ampel an der Kreuzung schaltete auf Rot, und der Strom der Autos stoppte; dafür setzten sich die Fußgänger in Bewegung. Tom behielt sie im Blick.
    Unvermittelt flog ein großer Vogel von einem Dach herab, mit nachtschwarzem Gefieder. Er landete sicher auf der niedrigen Leitplanke, die die Fahrbahn vom Trottoir trennte, und sah sich mit neugierigem Blick um. Der Vogel erregte Toms Aufmerksamkeit. Ob er aus dem Park kam? Er trug etwas im Schnabel, machte zwei trippelnde, beinah lustig anmutende Schritte zur Seite, flatterte auf die Straße hinunter, betrachtete die vor ihm aufragenden Autos ganz genau, als sei er ein Experte für BMW s und Volvos, und dann legte er seinen Besitz auf der Straße ab.
    Verwundert beobachtete Tom das Schauspiel. Der Vogel musste eine Krähe oder sogar ein Rabe sein, so groß und schwarz, mit einem mächtigen Schnabel und einem schlauen Funkeln in den Augen. Ein Rabe, beschloss Tom aus dem Bauch heraus, ohne zu wissen, warum. Einen letzten Blick warf der Vogel auf sein Werk, dann tat er einen hopsenden Schritt zur Seite, drehte den Kopf – und sah Tom an. Seltsamerweise fühlte der sich ertappt, als habe er gerade jemanden bei einer privaten Sache beobachtet, und er spürte, wie ihm das Blut ins Gesicht schoss. Dann schlugen die schwarzen Flügel zwei- oder dreimal, und der Vogel erhob sich in die Luft und landete wenig elegant oben auf der Lampe.
    Tom registrierte, wie die Autos anfuhren. Der Rabe ließ sich davon nicht stören, sondern beobachtete nur die Straße. Noch immer konnte Tom den Blick nicht abwenden. Es schien, als würde der Vogel auf etwas warten, so wie er da auf der Ampel hockte, den Kopf zwischen die Schultern gezogen.
    Dann wurde es wieder rot. Die Autos hielten an, die Fußgänger setzten sich in Bewegung. Und auch der Rabe stieß sich ab und glitt in einem engen Bogen zu Boden. Er hüpfte herum und pickte irgendetwas auf. Es dauerte einige Momente, bis Tom verstand: Eine Nuss. Es war eine Nuss. Er hat sie von den Autos knacken lassen!
    Während der Rabe gelassen davonflog und über den Hausdächern verschwand, schüttelte Tom verblüfft den Kopf. Er hatte das Gefühl, Zeuge eines kleinen Wunders geworden zu sein, so als ob der Pitbull Tyson zu Hause plötzlich nach der Uhrzeit gefragt hätte. Er versuchte, eine Erklärung zu finden; es schien ihm total unwahrscheinlich, dass ein einfaches Tier eine so clevere Idee haben konnte.
    Weniger clever war allerdings, dass er selbst sich hatte ablenken lassen. Als er seine Augen wieder auf die gegenüberliegende Straßenseite richtete, stand am Geldautomat ein Mann. Er war nicht sehr alt, ziemlich dick, und er trug einen dunklen Anzug, den er mit einem viel zu kleinen Schirm vor dem Regen zu schützen versuchte. Der Anzug signalisierte Geld, der dicke Hintern Gemütlichkeit. Genau richtig, wie Tom fand, der seine Kapuze noch tiefer ins Gesicht zog, langsam im Takt der Musik nickte und sich bereit machte. Unbewusst hielt er den Atem an, zählte im Geiste vor sich hin. Als der Mann nach den Geldscheinen griff, stieß Tom sich von der Wand ab und ging los. Bald lief er parallel zu dem Opfer, die Hände wieder in den Taschen, die Schultern hochgezogen, ließ den Blick nicht von dem Mann, registrierte genau, in welcher Tasche das gut gefüllte Portemonnaie verschwand. Der Dicke lief die Straße entlang, achtete nicht auf seine Umgebung, wollte wahrscheinlich bloß aus dem Regen raus, der sie beide durchweichte. An der nächsten Ampel nutzte Tom den Moment, um zwischen den wartenden Fahrzeugen hindurchzuschlüpfen. Er lief jetzt direkt hinter dem Anzugträger, betrachtete dessen beachtliches Gesäß, atmete tief ein und überholte ihn dann, darauf bedacht, einen ordentlichen Abstand zu halten.
    Der Stoß traf ihn in die Seite, ließ ihn zwei Schritte zurücktaumeln. Er prallte gegen den Mann, krallte sich in dessen Jackett.
    »He, du Penner, pass doch auf!« Der Schreihals baute sich vor Tom auf, die Hände drohend erhoben. Er trug eine Baseballkappe, eine weite Jeans und eine voluminöse Jacke. »Biste blind?«
    »’tschuldigung«, murmelte Tom, während er sich aufrappelte. »Hab dich nicht gesehen. Kein’ Stress, okay?«
    Der Dicke schob ihn von sich und stellte Tom wieder auf die eigenen Füße, dann ging er wohlweislich auf Abstand. Zwei Straßenkids, die Ärger suchten, das war nicht seine Welt. Seine Augen schweiften zum Taxistand, der nur ein paar Schritte weit entfernt war.
    »Na

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