SMS - Sarah mag Sam
Wahrscheinlich hat sie Angst, dass ich mich mit Sam treffe.
Wir gehen einen Moment nebeneinander her, ich sehe mir Jenny genauer an. »Du hinkst ja gar nicht mehr. Ist dein Fuß wieder in Ordnung?«
Jenny reagiert blitzschnell und fängt sofort an, langsamer zu gehen.
»Tut immer noch weh, aber ich gebe mir Mühe, dass es nicht so auffällt.«
Jetzt geht auch Lili ein Licht auf. »Du bist aber vorher auch nicht gehumpelt!«
»Die Salbe, die ich mir gestern draufgeschmiert habe, war echt gut«, redet sich Jenny raus.
»Solche Spontanheilungen sind selten«, grinse ich, aber Jenny geht darauf gar nicht ein.
»Soll ich dich stützen?«, bietet Lili an, aber Jenny möchte ganz tapfer alleine gehen.
Vorne an der Ecke müssten Lili und Jenny abbiegen, wenn sie nach Hause wollen. Und ich könnte mich endlich auf mein Fahrrad schwingen und heimfahren.
Aber da hat Jenny eine ganz andere Idee. »Wir könnten dich doch begleiten!«, schlägt sie mir vor und ich sehe Lili an, dass ihr das gar nicht recht ist.
»Wann kaufen wir dann die neuen T-Shirts ?«, fragt sie in jammervollem Ton.
Jenny sieht mich fragend an, als ob das von mir abhängen würde.
»Ich kann nicht mitkommen, ich hab schon was vor«, lüge ich. In Jennys Augen blitzt es verdächtig.
»Ich hab einen Zahnarzttermin«, lüge ich weiter.
»Du Arme, gleich am ersten Ferientag!« Lili ist voller Mitleid, aber Jenny guckt mich misstrauisch an. Sie glaubt mir nicht.
»Davon hast du bisher gar nichts gesagt.«
»Ich dachte nicht, dass es dich interessiert.«
»Dann vielleicht später?«
»Besser morgen.«
Ich verabschiede mich an der Ecke und fahre mit dem Rad weg. Lili aber ist überglücklich, denn jetzt hat Jenny Zeit, um mit ihr in die Stadt zu gehen.
Natürlich muss ich nicht zum Zahnarzt. Aber ich denke, wenn heute Paul bei uns einzieht, dann wird auch Sam noch vorbeischauen. Da will ich zu Hause sein – und zwar ohne Jenny.
Aber Sam kommt nicht, nur Paul. Er kreuzt mit seinem Rucksack auf, bedankt sich artig bei meiner Mutter, weil er bei uns wohnen kann, dann geht er mit Marc nach oben und ich kriege die beiden nicht mehr zu Gesicht.
Ich überlege schon, ob ich mich nicht doch ein bisschen in der Stadt herumtreiben soll, um
rein zufällig
Sam zu treffen, da klingelt es. Es ist Jenny.
»Ich wollte mich erkundigen, wie’s beim Zahnarzt war.«
Ich bin für einen Moment verwirrt. Zahnarzt? Erst dann fällt mir meine Lüge wieder ein. »Super, alles okay.«
»Keine Schmerzen?«
Ich schüttle den Kopf.
»Wohl auch eine Spontanheilung?«, giftet Jenny ein bisschen, weil sie mir natürlich kein Wort glaubt.
»Ich hab nicht gesagt, dass mir was wehgetan hat«, verteidige ich mich. »War reine Routine.«
Meine Mutter geht gerade durch den Flur mit einem Korb Wäsche.
»Hallo Jenny, komm doch rein!«, sagt sie freundlich. Ich könnte sie dafür erwürgen.
Jenny nimmt das Angebot gerne an. Sie geht an mir vorbei in den Flur und lächelt meine Mutter freundlich an.
»Ist es nicht schön, dass der Zahnarzt bei Sarah nichts gefunden hat?«, fragt Jenny meine Mutter ganz scheinheilig.
Mama sieht mich fragend an. Hoffentlich bemerkt sie meinen flehenden Blick. »Ja, die guten Zähne hat sie von ihrem Vater«, sagt sie dann ganz ungerührt und geht weiter in den Keller. Dafür könnte ich sie umarmen.
Jenny guckt belämmert hinter meiner Mutter her. Völlig ausgebremst. Der Versuch, mich einer Lüge zu überführen, ist gescheitert.
Jenny hängt den ganzen Nachmittag wie eine Klette an mir. Sie will einfach nicht heimgehen. Aber Sam kommt nicht. Paul und Marc tauchen erst gegen Abend im Garten auf, wo Jenny sich mit mir seit Stunden langweilt. Marc grinst kurz, als er Jenny sieht. Er nimmt sich einen Ball, wirft ihn Paul zu.
»Schade, dass Sam heute keine Zeit hat«, sagt Marc überlaut, damit wir es auch nur ja mitbekommen.
»Wo ist er überhaupt?«, fragt Paul ganz harmlos, denn er weiß ja nicht, dass Marc Jenny und mich ärgern will.
»Gestern Abend ist ihm eine Plombe herausgefallen, er musste zum Zahnarzt«, meint Marc und Jenny sieht mich an, als hätte ich ihre Freundschaft auf immer und ewig verloren.
Jetzt glaubt sie mir endlich, dass ich beim Zahnarzt war. Obwohl ich gar nicht war. Vorher war sie sauer, weil sie dachte, dass ich lüge. Jetzt ist sie sauer, weil sie denkt, ich hätte die Wahrheit gesagt. Alles sehr kompliziert. Und nur wegen Sam. Dabei ist der nicht einmal da.
Am nächsten Tag bin ich noch gar nicht richtig
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