SMS - Sarah mag Sam
Papa.« Offenbar hat Frau Ahrens den Hörer abgegeben, denn Paul ist ganz erleichtert: »Wir fahren nicht nach Sibirien und nicht in den Dschungel, sondern nur mit Freunden Zelten an einen See!«
Paul ist zu beschäftigt, also frage ich ausnahmsweise mal meinen blöden Bruder. »Was ist denn los?«
Obwohl ich mir gut vorstellen kann, was passiert ist. Paul war wieder viel zu nett und hat seinen Eltern doch noch erzählt, dass er mit Marc zum Zelten fahren will. Da hat sich Frau Ahrens, die noch mit ihrem Mann im Urlaub ist, natürlich aufgeregt. Wahrscheinlich hat Paul auch keine warmen Socken dabei.
Marc reagiert auf meine Frage grob wie immer. »Nichts, was dich was angeht«, brummt er und ich weiß genau, dass das Gespräch damit beendet ist.
Immer wieder mache ich Versuche, mit Marc normal umzugehen, aber es lohnt sich nicht. Er ist nicht normal. Auch wenn andere, wie Paul und Sam, das behaupten.
»Okay, danke«, sagt Paul, dann schaltet er das Telefon aus und grinst uns an. »Meine Mutter hatte Bedenken. Aber jetzt ist alles klar.«
Marc grinst und die beiden klatschen sich ab.
»Du hast deine Senioren nicht gut im Griff, das muss sich ändern«, sagt Marc noch.
Paul lächelt auch mich erleichtert an. »Erst hab ich ihnen gar nichts vom Zelten erzählt, dann habe ich mich verplappert …«
»Wie ein Mädchen …«, brummt Marc und ich schubse ihn. Natürlich schubst er zurück und ich weiß, dass ich morgen wieder zwei blaue Flecken am Arm haben werde.
Paul ist viel netter als Marc. Warum ist er nicht mein großer Bruder?
»Weil du einen netten Bruder nicht verdient hast«, antwortet Marc. Offenbar habe ich diese Frage laut gestellt. Ich strecke ihm die Zunge raus und sehe neidisch zu, wie die Jungs einpacken. Zelten am See wäre immer noch besser als zu Hause versauern.
»Gib dir keine Mühe, wir nehmen dich nicht mit«, sagt Marc, dann hebt er seinen Rucksack und geht.
»Mit dir würde ich nirgendwo hinfahren«, rufe ich.
Paul guckt mich tröstend an. »Bald ist ja Carla wieder da.«
Zwei Tage später ist es so weit. Erst kommen Carlas Eltern aus dem Urlaub zurück, dann holen sie ihre Tochter vom Flughafen ab. Noch am selben Abend ruft Carla mich an. Ich höre eine lange Geschichte von Maggie und ihren Brüdern, von England im Allgemeinen und London im Besonderen, von süßen Jungs und von einem Frühstück, bei dem man nur den Toast genießen kann.
Ich gehe mit dem Telefonhörer durch mein Zimmer und räume währenddessen ein bisschen auf. Denn ganz so spannend finde ich das alles nicht, was Carla mir erzählt. Die Worte
verliebt
und
Kuss
kamen jedenfalls noch nicht vor. Ich muss wohl nachfragen.
»Du weißt doch: Keine Geheimnisse, Carla. Also: Was ist wirklich passiert?«
Carla lacht. »Wir sehen uns doch sowieso morgen, oder? Dann erzähle ich dir den Rest. Vor allem den Ausflug an die Küste und so.«
Ausflug an die Küste
interessiert mich gar nicht,
und so
schon viel mehr. Aber es ist schon fast Mitternacht, meine Mutter guckt zur Tür herein und sieht mahnend zur Uhr. Ich beende das Gespräch und gehe ins Bett. Wenigstens Carla ist wieder da. Morgen erzähle ich ihr von Sam und von Jenny. Wenn sie mich überhaupt zu Wort kommen lässt.
Carla kommt am nächsten Tag vorbei, wie versprochen. In London gibt es super Läden, erzählt sie, aber alles so teuer. Deshalb will sie gleich in die Stadt gehen zum Einkaufen. Ich will lieber reden. Das schließt sich nicht aus, sagt sie, hakt sich bei mir unter und zieht mich mit.
»Mein Papa hat mir Geld gegeben«, meint sie. »Das muss jetzt weg.«
Herr Ahrens macht das öfter. Frau Ahrens ist ziemlich streng, aber Carlas Vater gleicht das mit ein paar Scheinen von Zeit zu Zeit wieder aus. Heimlich, versteht sich. Wahrscheinlich fürchtet er sich auch vor seiner Frau.
Ich kann mir im Moment auch was leisten, denn vor ein paar Wochen erst war mein 13. Geburtstag und Oma hat mir Geld gegeben, weil sie einfach nicht mehr weiß, was sie mir schenken soll, sagt sie.
Wir stellen mindestens fünf Klamottenläden auf den Kopf. Kein Wühltisch ist vor uns sicher, kein einigermaßen schickes T-Shirt oder Top bleibt verschont. Was ich nicht anprobiere, zieht sich Carla über und umgekehrt. Wir beide in einer Kabine, das wird gelegentlich auch mal einer Verkäuferin zu bunt, vor allem wenn Carla zu kreischen anfängt. Sie überlegt einfach nicht, was andere Leute dazu sagen könnten, wenn sie sich so verhält. Es ist ihr egal. Wir quetschen uns in
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