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Sniper

Sniper

Titel: Sniper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Kyle , Scott McEwen , Jim DeFelice
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zurückgestellt waren und nichts weiter taten, wollte ich Ryan in Deutschland besuchen, wo er medizinisch betreut wurde. Tony oder jemand anderes in der Befehlsleitung organisierte einen Flug für mich, doch als ich abreisebereit war, wurde Ryan bereits für die weiterführende Behandlung in die Staaten gebracht.
    Brad, der zuvor evakuiert worden war, weil ein Splitter sein Knie verletzt hatte, traf Ryan in Deutschland und begleitete ihn in die USA. Es war ein glücklicher Zufall – immerhin hatte Ryan einen Kameraden bei sich, der ihm in jener schweren Zeit zur Seite stand.
    Wir verbrachten viel Zeit in unseren Zimmern.
    Ramadi war heiß und anstrengend gewesen, das Tempo der Operationen ziemlich rasant, schlimmer sogar als in Falludscha. Wir hatten zahlreiche Tage, sogar eine ganze Woche im Dauereinsatz verbracht, ohne wirklich zwischendurch einmal pausieren zu können. Manche von uns hatten schon an Erschöpfungszuständen gelitten, bevor unsere Kameraden verletzt bzw. getötet worden waren. Und jetzt fühlten wir uns erst recht ausgebrannt.
    Also blieben wir in unseren Zimmern, regenerierten uns und wollten weitgehend unsere Ruhe.
    Ich betete damals oft.
    Ich gehöre nicht zu den Menschen, die ihre Religion demonstrativ praktizieren. Ich bin zwar gläubig, falle aber nicht unbedingt auf die Knie oder singe lauthals mit, wenn ich in die Kirche gehe. Der Glaube spendet mir Kraft, und die hatte ich dringend nötig, nachdem meine Freunde von Kugeln getroffen worden waren.
    Seit meiner BUD/S-Ausbildung hatte ich immer eine Bibel bei mir. Ich las zwar nicht oft darin, hatte sie aber immer dabei. Jetzt schlug ich sie auf und las die eine oder andere Passage. Dann blätterte ich weiter, las wieder ein Stück und blätterte weiter.
    Nachdem die Hölle über mich hereingebrochen war, fand ich es tröstlich zu wissen, dass ich Teil von etwas Größerem war.
    *
    Als ich hörte, dass Ryan über den Berg war, war es, als erwachte ich aus einer inneren Starre. Aber immer wieder holte mich dieselbe bohrende Frage ein: Warum hat es nicht mich erwischt?
    Warum musste das einem Frischling passieren?
    Ich habe viele Gefechte miterlebt; ich hatte einiges geleistet. Ich hatte meinen Krieg. Ich hätte derjenige sein sollen, den es erwischte. Ich hätte derjenige sein sollen, der blind wurde.
    Ryan würde nicht in die Gesichter seiner Angehörigen blicken können, wenn er nach Hause kam. Er würde niemals sehen, um wie viel schöner alles ist, wenn man zurückkehrt – Amerika sieht viel besser aus, wenn man erst einmal eine Weile fort gewesen ist.
    Man vergisst, wie schön das Leben ist, wenn man nicht die Gelegenheit hat, solche Dinge zu sehen. Ihm sollte dies nie wieder beschieden sein.
    Und ganz gleich, was die anderen sagten, ich fühle mich dafür verantwortlich.
    Ersatz
    Wir waren nun schon seit vier Jahren in diesem Krieg, hatten zahlreiche brisante Situationen erlebt, und es war nie ein SEAL ums Leben gekommen. Es sah aus, als würden die Gefechte in Ramadi, wie überall im Irak, langsam nachlassen – und ausgerechnet jetzt waren wir so schwer getroffen worden.
    Wir dachten, man würde uns vermutlich nach Hause schicken, obwohl unser Auslandseinsatz erst in einigen Monaten beendet war. Wir alle wussten, dass bei solchen Entscheidungen immer auch politische Erwägungen eine Rolle spielten – immerhin waren meine ersten beiden Kommandanten übervorsichtige Weicheier gewesen, die gerade deshalb Karriere machten. Also befürchteten wir, dass der Krieg für uns gelaufen war.
    Außerdem fehlten uns sieben Männer, also fast die Hälfte des Zugs. Marc war tot. Brad und Ryan fielen aufgrund ihrer Verletzungen aus. Vier Männer hatten Marcs Leichnam in die Staaten überführt.
    Eine Woche nachdem wir unsere Männer verloren hatten, suchte uns der kommandierende Offizier auf, um mit uns zu reden. Wir versammelten uns in der Kantine der Shark Base und hörten zu. Es war keine lange Rede.
    »Es liegt an euch«, sagte er. »Wenn ihr einen Gang herunterschalten wollt, verstehe ich das. Aber wenn ihr weitermachen wollt, habt ihr meinen Segen.«
    »Verdammt noch mal«, sagten wir einstimmig. »Wir wollen weitermachen.«
    Und wie ich das wollte.
    Die Hälfte eines anderen Zugs kam aus einer ruhigeren Gegend herbei, um unsere Reihen zu füllen. Wir bekamen auch einige Männer, die die Ausbildung gerade abgeschlossen hatten, aber noch keinem Zug zugeteilt waren. Also ganz neue Frischlinge. Der zugrunde liegende Gedanke war, sie an den Krieg

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