Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Snobs: Roman (German Edition)

Snobs: Roman (German Edition)

Titel: Snobs: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian Fellowes
Vom Netzwerk:
verklärt, während sie in England zumindest in gewissen Kreisen nur als kindisch, verantwortungslos und absurd bewertet wird.
    Und nach diesen Maßstäben war Edith gewogen und für zu leicht befunden worden.

19
    Die Aufgabe war nicht einfach. Einerseits hatte ich einen Auftrag von Lady Uckfield, den auszuführen ich ihr versprochen hatte: Ich sollte Edith bitten, in eine sofortige Scheidung einzuwilligen. Andererseits war mir bei unserem Besuch in Broughton klar geworden, dass Charles seine Frau immer noch liebte.
    »Und was wirst du sagen?«, fragte Adela am Tag meiner Lunchverabredung mit Edith. Natürlich hatte ich meiner Frau alles erzählt. Ich war mir nicht bewusst, dass ich Geheimhaltung geschworen hätte, und selbst dann würde dies meiner Meinung nach nie den Ehepartner einschließen, außer in echten Ausnahmefällen. Nichts kann mehr Ärger provozieren als das intime Zusammenleben mit einem Geheimnisträger.
    »Was Lady Uckfield mir aufgetragen hat, vermutlich.«
    »Sag bloß nicht, du willst die Sache mit dieser albernen kleinen Marlowe unterstützen?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Nein, da halt ich mich raus. Ich sag Edith nur, sie möchten gern einen Schlussstrich unter das Ganze ziehen, weiter nichts.«
    Adela überlegte. »Sag ihr, Lady Uckfield möchte einen Schlussstrich ziehen. Das kommt der Wahrheit näher.« In Anbetracht von Adelas Voreingenommenheit fand ich dies lobenswert gerecht.
    Ich hatte mich mit Edith im Caprice verabredet. Vor allem mittags verband sich dort eine nüchterne, geschäftsmäßige Klarheit mit einem Hauch von Glamour, was mir als geeignetes, belastungsfreies Ambiente für unser geplantes Gespräch erschien. Wie sich herausstellte, war für mich ein Tisch am hinteren Ende des Restaurants reserviert worden, weit weg von der Bar. Ein Zufall, aber ich hätte es nicht
besser treffen können. Ich bestellte ein Glas Champagner, um mich aufzuheitern, und wartete auf meinen Gast.
    Edith freute sich über meine Restaurantwahl. Simon arbeitete zurzeit sehr viel und strich beachtliche Gagen ein, doch da gab es seine Hypothek und seine Frau und den allgemeinen finanziellen Rückstand, den jeder Schauspieler erst einmal ausgleichen muss, wenn die Dinge wieder ins Rollen kommen; deshalb war Simon nicht so sehr fürs Ausgehen im Westend zu haben, es sei denn auf anderer Leute Rechnung. Edith hätte es sich leisten können, da ihr Verfügungsrahmen nicht konkret begrenzt worden war, doch es widerstrebte ihr, Charles’ Geld für Unwesentliches auszugeben. Zwar steckte sie den Bereich des Wesentlichen ziemlich weiträumig ab, aber Simon mit dem Geld ihres Mannes zu einem Sternemenü einzuladen kam ihr irgendwie unanständig vor. Das Dumme war, dass sie kein eigenes Geld besaß – was ihr inzwischen sehr seltsam vorkam, so weit hatte sie sich schon von der Welt ihrer Jugend entfernt. Jedenfalls freute sie sich über jeden Anlass, sich schick zu machen und auszugehen.
    Wir begrüßten uns mit Küsschen, plauderten und bestellten, wobei das inhaltsschwere Gespräch, das wir führen sollten, bereits im Raum hing; doch wir waren uns wortlos einig, dass wir damit bis zur Vorspeise warten wollten, Hähnchen-Bang-Bang für mich und warme Hors d’œuvres für Edith. Der Kellner füllte unsere Gläser und zog sich zurück; wir würden nun eine Weile ungestört bleiben.
    »Letztes Wochenende haben wir David und Isabel gesehen«, begann ich schließlich. »Wir haben sie übers Wochenende besucht.«
    »Wie geht es ihnen denn?«
    »Ganz gut. David ist ziemlich beschäftigt, obwohl ich nie so recht weiß, womit.« Ich machte eine Pause. »Wir waren alle in Broughton zu einem Drink eingeladen.«
    Edith schob sich etwas von dünnem Teig Umhülltes in den Mund. »Das muss David genossen haben.«
    »Eigentlich weniger. Er ist bei Diana Bohun hängen geblieben. Er hat die ganze Zeit versucht, sie zu beeindrucken, wohl mit wenig Erfolg.«
    »Das kann ich mir vorstellen. Sie hat mich neulich bei Peter Jones geschnitten.« Sie aß und trank mit großem Appetit und half mir nicht im Geringsten. Mit einem inneren Aufseufzer schritt ich weiter auf die Front zu.
    »Lady Uckfield war auch da.«
    »Davon bin ich ausgegangen. Wie geht’s der lieben alten ›Googie‹?« Edith war natürlich ironisch, aber nicht unangenehm verbittert. Der dümmliche Spitzname war wieder zwischen Anführungszeichen gerutscht, wie in den ersten Wochen ihrer Ehe. Und sie erkannte die Grenze an, den tiefen Graben, der ihre

Weitere Kostenlose Bücher