Snow Crash
richtet es auf das Motorrad, wo das rote Licht viel schneller blinkt.
Der Student geht zum Obercrip, nimmt den Kopfhörer ab und unterhält sich kurz. Der Crip hört dem Studenten zu, läÃt Raven dabei nicht aus den Augen, nickt mehrmals, klopft dem Studenten schlieÃlich auf die Schulter und schickt ihn zu dem BMW zurück.
Es war ein Geigerzähler.
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Raven schlendert zu dem groÃen Crip. Sie schütteln einander die Hände, ein guter alter Eurohandschlag, keine aufgepeppten
Variationen. Aber es handelt sich keineswegs um eine freundschaftliche Zusammenkunft. Der Crip hat die Augen ein biÃchen zu weit offen, Hiro kann seine gerunzelte Stirn erkennen, und alles an seiner Haltung und seinem Gesicht schreit förmlich hinaus: Schafft mich weg von diesem Marsianer.
Raven geht zu seinem radioaktiven Bock zurück, läÃt ein paar Haltekordeln aufschnappen und nimmt einen Aktenkoffer aus Metall. Den gibt er dem Obercrip, worauf sie einander wieder die Hände schütteln. Dann wendet er sich ab, geht langsam und gelassen zum Motorrad zurück, steigt auf und tuck-tuckt davon.
Hiro würde gerne bleiben und noch eine Weile zusehen, aber er hat das Gefühl, daà Lagos diese seltsame Ãbergabe aufgezeichnet hat. Und auÃerdem hat er noch andere Sachen zu erledigen. Zwei Limousinen bahnen sich Richtung Bühne einen Weg durch die Menge.
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Die Limousinen bleiben stehen, Japaner steigen aus. Dunkel gewandet und alles andere als cool stehen sie unbeholfen mitten in der Party/dem Aufruhr herum wie eine Handvoll abgebrochene Nägel in einer bunten Gallertschale. SchlieÃlich bringt Hiro genügend Mut auf, geht rüber und sieht zu einem der Fenster hinein, um festzustellen, ob es sich wirklich um den handelt, an den er denkt.
Kann durch das Rauchglas nichts erkennen. Er bückt sich, bringt das Gesicht dicht vor die Scheibe und versucht, so auffällig wie möglich zu sein.
Immer noch keine Reaktion. SchlieÃlich klopft er an das Fenster.
Schweigen. Er schaut zu der Entourage auf. Alle starren ihn an. Aber als er aufschaut, wenden sie sich ab, weil ihnen plötzlich wieder einfällt, an ihren Zigaretten zu ziehen oder sich die Augenbrauen zu reiben.
Nur eine Lichtquelle in der Limousine ist so hell, daà man sie durch das Rauchglas erkennen kann, und das ist das deutliche, leuchtende Rechteck eines Fernsehbildschirms.
Zum Teufel noch mal. Dies ist Amerika, Hiro ist Halbamerikaner,
und es besteht kein Grund, diese Höflichkeitskiste bis zu einem ungesunden Extrem zu treiben. Er reiÃt die Tür auf und sieht in den hinteren Teil der Limousine.
Sushi K sitzt dort, eingeklemmt zwischen zwei anderen jungen Japanern, Programmierer aus seinem Imageteam. Seine Frisur ist abgeschaltet, daher sieht sie nur wie ein orangefarbener Afro aus. Er trägt ein teilweise zusammengebautes Bühnenkostüm, also rechnet er offenbar damit, daà er heute abend auftreten wird. Sieht so aus, als würde er Hiro beim Wort nehmen.
Er sieht sich eine bekannte Fernsehserie mit dem Titel Eye Spy an. Sie wird von CIC produziert und von einem der groÃen Studios ausgestrahlt. Reality Television: CIC greift sich einen ihrer Agenten im Einsatz heraus â der richtige Mantel-und-Degen-Arbeit leistet â und stattet ihn mit einer Lamettaausrüstung aus, so daà alles, was er sieht und hört, zum Hauptquartier in Langley übertragen wird. Dieses Material wird dann zu einer wöchentlichen Serie mit Folgen von je einer Stunde zusammengeschnitten.
Hiro sieht sich die Serie nie an. Da er jetzt für CIC arbeitet, findet er sie etwas nervtötend. Aber er hört eine Menge Klatsch und Tratsch über die Sendung und weiÃ, daà es sich heute abend um die vorletzte Folge von fünf Episoden handelt. CIC hat einen Typen auf das Floà geschmuggelt, wo er versucht, eine der zahlreichen exotischen und sadistischen Piratenbanden zu infiltrieren: die Bruce Lee Organisation.
Hiro quetscht sich in die Limousine und kommt gerade rechtzeitig, um Bruce Lee persönlich zu sehen, wie ihn auch der unglückliche Lamettaspion sehen kann, der einen dunklen Korridor auf einem Geisterschiff des FloÃes entlangkommt. Kondenswasser tropft von der Klinge von Bruce Lees Samuraischwert.
»Bruce Lees Männer haben den Spion in einem alten koreanischen Fabrikschiff im Kern gestellt«, sagt einer von Sushi Ks Handlangern, eine hastig gezischte Erklärung.
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