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Snuff: Roman (German Edition)

Snuff: Roman (German Edition)

Titel: Snuff: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Palahniuk
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sie am Set gewesen sind. Ist das so ein Snuff-Movie mit haufenweise Schwarzen Witwen? Werden die sechshundert Darsteller einer nach dem anderen am Set umgebracht, nachdem sie ejakuliert haben?
    »Nur ein Scherz«, sage ich.
    Aber die Assistentin sieht mir zu, wie ich eine, zwei, drei Schuppen von ihrer Schulter schnipse. Vier, fünf, sechs Schuppen später sagt sie: »Ja. Wir haben das Ganze hier nur aufgezogen, um an gebrauchte Herrenbekleidung zu kommen...«
    Schuppen zupfend frage ich die Assistentin, warum sie die Darsteller nicht einfach immer wieder umnummeriert und mehrmals an den Set schickt. Wenn im Film nur sein Arm zu sehen ist, jedes Mal mit einer anderen Nummer, fällt das doch gar nicht auf. Dann könnte sie den jungen Mann, Nummer 72, nach Hause schicken. Und die Produktion würde nicht davon abhängen, so viele Männer, die hier so lange warten müssten, bei Laune zu halten.
    Sie stützt die Unterkante des Clipboards mit einer Hand an ihren Bauch und nimmt mit der freien Hand den schwarzen Filzstift aus der Halterung. Sie schwenkt den Stift vor ihrem Gesicht hin und her und sagt: »Waschfeste Tinte.«
    An diesem Montagmorgen in Oklahoma blinzelt mein Vater in die Sonne, in die Ferne; seine Augen tränen vom scharfen Geruch des heißen Asphalts, und er sagt: »Du weißt doch Bescheid, oder? Wie das ist mit den Mädchen?« Er sagt: »Ich meine, wie du dich schützen musst?«
    Ich sagte, das wüsste ich. Ich weiß.
    Und er sagte: »Und?«
    »Und was?«, fragte ich. Ob ich einen Gummi benutzt habe? Oder ob ich schon mal mit einem Mädchen zusammen war?
    Und er lachte, schlug sich mit einer Hand auf den Oberschenkel, dass der Staub von seinen Jeans aufstieg, und sagte: »Wozu solltest du sonst einen Gummi nehmen, wenn du nicht mit einem Mädchen zusammen bist?«
    Ringsumher Oklahoma. Die Welt lag ausgebreitet um den Punkt, auf dem wir standen, der Kiesstreifen am Highway, nur er und ich. Ich sagte meinem Vater, ich würde niemals das richtige Mädchen kennenlernen.
    Und er sagte: »Sag so was nicht.« Er beobachtete den Horizont und sagte: »Du musst nur ein wenig Mut fassen.«
    »Diesen schwarzen Stift«, sagt die Assistentin, »den kann man nicht abwaschen. Den kann man nicht abkratzen.« Wenn sie dir erst mal eine Nummer auf die Haut geschrieben hat, hält die wie ein Tattoo, mindestens so lange wie ein Stück Seife in deiner Dusche.
    Sie schiebt den Stift in die Halterung am Clipboard zurück und sagt: »Ich kann nur hoffen, dass du genug langärmelige Hemden hast.«
    Die Steine, die Sonne. Und der Greyhound-Bus kommt nicht. Alle meine Sachen sauber zusammengelegt in meinem Koffer. Hätte ich bloß die Klappe gehalten. Ich hätte vom Wetter anfangen sollen oder vom Scheffelpreis für Winterweizen. Wir hätten die Zeit mit einem Gespräch über Mrs. Welton von der Post und ihren spastischen Enddarm hinter uns bringen können. Ein paar Worte über die neuen Massey-Traktoren und ihre Vorzüge gegenüber den John-Deere-Zugmaschinen, eine kleine harmlose Diskussion darüber, wie feucht es diesen Sommer war, und wir beide wären jetzt sehr viel glücklicher.
    Dieser Greyhound-Bus war immer noch irgendwo hinter dem Horizont.
    Aber hab ich’s nicht gesagt? Ich habe alles vermasselt. In den letzten zehn Minuten, bevor ich von zu Hause wegging, erzählte ich meinem Vater, ich sei ein Oklahomo.
    Während ich mit der Assistentin rede, schlucke ich noch so eine Pille. Der Schweiß läuft mir vom Haaransatz zu den Augenbrauen, von den Schläfen über die Wangen. Schweiß hängt und schaukelt an meinen Ohrläppchen. Tropfen lösen sich und platschen als dunkle Flecken um meine Füße. Meine Nackenhaut ist glühend heiß.
    Die Assistentin sagt: »Hör auf mit diesen Pillen.« Sie sagt: »Du siehst nicht besonders gesund aus.«
    Ich sage, ich bin nicht krank.
    Der Bus war immer noch nicht in Sicht, und mein Vater sagte: »Das ist ein Missverständnis, dass du dich dafür hältst.« Er spuckt in den Staub, in den Kies und Staub des Seitenstreifens, und sagt: »Das liegt daran, dass jemand etwas Schlimmes mit dir getan hat, als du klein warst.«
    Jemand hat mich befummelt.
    Ich frage: »Wer?«
    »Du brauchst keine Namen zu wissen«, sagt mein Vater. »Du sollst nur wissen, dass du nicht von Natur aus das bist, wofür du dich hältst.«
    Ich fragte: »Wer hat mich befummelt?«
    Mein Vater schüttelte nur den Kopf.
    »Dann ist es gelogen«, sage ich. Er lügt, weil er hofft, dass ich mich dann ändere. Er erfindet eine

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