Snuff: Roman (German Edition)
Haare an ihren Schläfen wachsen, lange dicke Strähnen, die ihr über die Ohren hingen. Und vor jedem Auftritt in der Öffentlichkeit, egal ob Fernsehen oder Film, drehte Lucy diese langen Locken um Zahnstocher aus Holz. Dann, eine Perückenhaube stramm überm Kopf, zog sie die Zahnstocher nach oben und hinten und streckte und liftete so ihre schlaffen Wangen. Hakte die Zahnstocher ins Gewebe der Haube und versteckte die ganze Konstruktion unter einer bauschigen roten Perücke. Wenn im Fernsehen alte Sachen mit Lucille Ball laufen, was man da sieht, wie sie grinst und grimassiert und lächelt und für ihr Alter einfach wunderbar aussieht, das ist eine Frau, die furchtbare Schmerzen hat.
»Tatsache«, sagt Ms. Wright.
Ich zeige auf die Kartons im Wohnzimmer, Kartons, auf denen »Spende« oder »Müll« steht, und frage, ob sie eine Reise plant.
Und Ms.Wright schiebt ihren Hintern weiter auf die Handtücher. Umklammert mit den Händen die Tischkante, damit die Tücher nicht verrutschen, und gleitet zurück, bis sie ganz auf dem Tisch sitzt. Dann lehnt sie sich nach hinten, stützt sich auf die Ellbogen. Zieht beide Füße hoch und stellt sie auf die Tischkante. Sie ist vollständig nackt. Die Knie weit gespreizt, eingeknickt wie Froschbeine, sagt sie: »Ich? Verreisen?«
Sie wühlt mit den Fingernägeln in ihrem Busch, zupft ein krauses graues Haar heraus, lässt das Haar auf den Boden fallen und sagt: »Nur nicht schüchtern, okay?«
Sie sagt, die Schauspielerin Barbara Stanwyck habe Elmer’s Weißleim auf ihre Gesichtshaut aufgetragen. So wie wir uns diesen Leim in der Grundschule auf die Hände geschmiert haben. Die Milchsäure darin löste abgestorbene Hautzellen ab, und wenn sie diese Maske aus getrocknetem Leim vorsichtig abzog, bekam sie eine porentief reine Haut, und einzelne Härchen wurden auch gleich mit entfernt.
Ms. Wright sagt, die Schauspielerin Tallulah Bankhead habe Eierschalen gesammelt und zu einem groben Pulver gemahlen und das dann mit Wasser gemischt und getrunken. Die zerstoßenen Eierschalen raspelten und rieben und rauten ihre Kehle auf, so dass sie eine tiefe sinnliche Stimme bekam. Gerüchten zufolge hat Lauren Bacall den gleichen Trick angewendet.
Ms. Wright betrachtet meine Haare. Sie reckt ihr Kinn hoch und sagt, ich soll eine Aspirin zerreiben und mit ein wenig Shampoo verrühren. Wenn ich mir damit die Haare wasche, bekomme ich keine Schuppen mehr.
Ich? Ich rühre bloß weiter das Wachs an.
Und Ms. Wright, die Beine auf dem Küchentisch gespreizt, sie sagt: Hat deine Mom dir denn gar nichts beigebracht?«
Marilyn Monroe, sagt sie, hat bei ihren Stöckelschuhen immer einen Absatz etwas kürzer gemacht, damit ein Bein kürzer war und ihr Hintern beim Gehen von ganz allein gewackelt hat.
Die beste Methode, einen Knutschfleck verschwinden zu lassen, ist normale Zahnpasta. Geschwollene Augen schwellen ab, wenn man rohe Kartoffelscheiben darauf legt. Die in der Kartoffel enthaltene Alpha-Liponsäure wirkt entzündungshemmend. Als Peeling für die Gesichtshaut immer nur Backnatron benutzen, und niemals mit Seife waschen.
»Das Wachs«, sage ich, »ist fertig.« Nicht zu heiß, nicht zu dick. Auf dem Herd ein Topf mit weichem gelbem Wachs, das man in seiner eigenen kleinen Dose erhitzt. In einem zweiten Topf erhitzt man diese blauen Kügelchen aus Frankreich, die wie Trockenerbsen aussehen, nur dunkelblau. Hartwachs, das man zu einer dunkelblauen Paste schmilzt.
Ms. Wright fragt: »Hast du den Mull geschnitten?«
Von der Mullrolle, breit und weiß wie die Papierrolle für eine Kasse oder eine Addiermaschine, habe ich bereits mehrere kleine Vierecke abgeschnitten.
Ms. Wright beobachtet, wie ich einen Holzstab, zu dem die Ärzte Zungenspatel sagen, in den Topf mit dem weißen Wachs tauche, und sagt, ich soll mit dem dunkelblauen Wachs anfangen. Das Hartwachs ist leichter zu beherrschen. Das dunkelblaue französische Wachs macht bessere Konturen. Es ist ideal für die heikleren Stellen.
Ich schlinge einen Batzen dunkelblaues Wachs um den Spatel und beuge mich zwischen ihre Knie, und Ms. Wright erklärt, Dolores del Rio habe sich Traubenwackelpuddingpulver auf die Brustwarzen getupft, damit sie dunkel werden. Damit sie besser durch die Bluse zu sehen sind. Rita Hayworth hat sich ihre mit Erdbeerwackelpuddingmischung knallrosa gefärbt.
Das Pin-up-Girl Betty Grable hat sich Brust und Hintern mit Haarspray besprüht, bis die Haut ganz feucht war. Auf die Weise blieben Ober- und
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