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So finster die Nacht

So finster die Nacht

Titel: So finster die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Ajvide Lindqvist
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abzuschrecken.
    Sollen wir die Post ausrauben?
    Nee, du spinnst wohl, da ist doch dieser Papp-Polizist!
    Tommy kicherte, als der Papp-Polizist Staffans Gesicht bekam. Strafdienst. Die Post bewachen. Dieser Papptyp hatte auch eine Aufschrift, was stand da noch?
    Verbrechen lohnt sich nicht. Nee. Die Polizei sieht dich. Nee. Was zum Teufel war es noch? Nimm dich in Acht! Ich bin Pistolenschützenkönig!
    Tommy lachte, lachte immer weiter. Lachte so sehr, dass es ihn schüttelte und er das Gefühl hatte, die nackte Glühbirne an der Decke schwänge im Rhythmus seines Lachens hin und her. Lachte darüber. Nimm dich in Acht! Der Papierpolizist! Mit der Papp-Pistole! Und dem Pappschädel!
    Es klopfte in seinem Kopf. Jemand wollte in die Post.
    Der Papp-Polizist spitzt die Ohren. Es gibt zweihundert Papptausender in der Post. Die Pengpistole entsichern. Peng-peng.
    Klopf. Klopf. Klopf.
    Peng.
    … Staffan … Mama, verdammt …
    Tommy erstarrte, versuchte zu denken. Es ging nicht. In seinem Kopf war nichts als eine ausgefranste Wolke. Dann wurde er ruhig. Vielleicht war es Robban oder Lasse. Oder aber es war Staffan. Und der war aus Pappe.
    Penisattrappe, gemacht aus Pappe.
    Tommy räusperte sich, sagte mit belegter Stimme: »Wer ist da?«
    »Ich.«
    Er erkannte die Stimme, konnte sie nicht zuordnen. Es war jedenfalls nicht Staffan. Nicht der Papp-Papa.
    Barbapapa. Hör auf.
    »Und wer bist du?«
    »Kannst du bitte aufmachen?«
    »Die Post hat schon zu. Komm in fünf Jahren zurück.«
    »Ich habe Geld.«
    »Papiergeld?«
    »Ja.«
    »Dann ist es okay.«
    Er stand von der Couch auf. Sachte, ganz sachte. Die Konturen der Gegenstände wollten nicht stillhalten. Sein Kopf war voller Blei.
    Die Betonmütze.
    Schwankend blieb er ein paar Sekunden stehen. Der Zementboden neigte sich traumgleich nach rechts, nach links, wie im Lustigen Haus. Er ging vorwärts, machte immer nur einen Schritt in Folge, hob den Türhaken herab, schob die Tür auf. Vor ihm stand dieses Mädchen. Oskars Freundin. Tommy glotzte es an, ohne zu begreifen, was er sah.
    Sonne und Bad.
    Das Mädchen trug nur ein dünnes Kleid, gelb, mit weißen Punkten, die Tommys Augen magisch anzogen, und er versuchte die Punkte zu fixieren, aber sie begannen zu tanzen, bewegten sich so, dass ihm ganz übel wurde. Sie war vielleicht zwanzig Zentimeter kleiner als er.
    Süß wie … wie der Sommer.
    »Ist es plötzlich Sommer geworden?«, sagte er.
    Das Mädchen legte den Kopf schief.
    »Hä?«
    »Ich meine ja nur, du hast schließlich ein … wie heißt das noch … ein Sommerkleid an.«
    »Ja.«
    Tommy nickte, war zufrieden, dass ihm das Wort eingefallen war. Was hatte sie gesagt? Geld? Aha. Oskar hatte ihr erzählt, dass …
    »Möchtest du … was kaufen?«
    »Ja.«
    »Was denn?«
    »Kann ich hereinkommen?«
    »Ja klar.«
    »Sag, dass ich hereinkommen darf.«
    Tommy machte eine übertriebene, ausholende Bewegung mit dem Arm. Sah seine eigene Hand sich in Zeitlupe bewegen, ein Fisch unter Drogen, der in der Luft über dem Fußboden umherschwamm.
    »Hereinspaziert. Willkommen in … der Filiale.«
    Er konnte nicht länger stehen. Der Fußboden wollte ihn haben. Er drehte sich um, plumpste auf die Couch. Das Mädchen trat ein, schloss die Tür hinter sich, legte den Haken vor. Er sah sie als ein unglaublich großes Hähnchen, kicherte über den Anblick. Das Hähnchen setzte sich auf den Sessel.
    »Was ist los?«
    »Ach nichts, es ist nur … du bist so … gelb.«
    »Aha.«
    Das Mädchen legte seine Hände gekreuzt auf eine kleine Tasche in seinem Schoß, die er bis jetzt noch gar nicht bemerkt hatte. Nein. Keine Tasche. Das war eher ein … Necessaire. Tommy betrachtete sie. Man sieht eine Tasche. Man fragt sich, was darin ist.
    »Was hast du in … da drin?«
    »Geld.«
    »Ja klar.«
    Nee. Das ist schräg. Das ist irgendwie komisch.
    »Und was willst du kaufen?«
    Das Mädchen zog den Reißverschluss des Necessaires auf und holte einen Tausender heraus. Dann noch einen. Und noch einen. Dreitausend. Die Geldscheine sahen lächerlich groß aus in ihren kleinen Händen, als sie sich vorbeugte und sie auf den Fußboden legte.
    Tommy prustete: »Was ist denn jetzt?«
    »Dreitausend.«
    »Ja. Und was soll das?«
    »Für dich.«
    »Nee.«
    »Doch.«
    »Das ist doch bestimmt so bescheuertes … Spielgeld oder so, nicht?«
    »Nein.«
    »Nicht?«
    »Nein.«
    »Und warum soll ich das bekommen?«
    »Weil ich dir etwas abkaufen möchte.«
    »Du willst was für dreitau… nee.«
    Tommy

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