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So finster, so kalt

So finster, so kalt

Titel: So finster, so kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Menschig
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Hölle zurückzuschicken, in die es gehörte.
    Hans warf einen letzten langen Blick auf das Gesicht des Baumes, bevor er sich abwandte, um zu seinem Sohn zurückzukehren. Während er seine Schritte nach Hause lenkte, fragte er sich, ob dieses Wesen einzigartig war oder ob es noch mehr von ihnen gab. Wo es herstammte und warum Gott es in seiner Schöpfung duldete. Es war ein Fremdkörper und gehörte nicht in diese Welt. Aber Hans hatte genug davon. Soweit es möglich war, wollte er Frieden finden und Johann ein guter Vater sein.
    Den Wunsch, seine eigene Heimat wiederzusehen, gab er nie ganz auf. So manche Nacht noch suchte ihn Greta in seinen Träumen heim, versuchte, sich an seiner Seele oder seinem Verstand oder beidem zu bereichern. Vielleicht würde er eines Tages Frieden finden.

Zwölf
    Süße Grüße
    M erle erwachte von dumpfem Poltern, dem der empörte Aufschrei einer Katze folgte. Mit lautem Gähnen reckte sie sich. Sie hatte tief und offenbar traumlos geschlafen. Und sie lag noch immer auf der Couch, Omis Decke um sich geschlungen und vermutlich die ganze Nacht bewacht von Luzis grünäugigem Blick. Die schwarze Katze hatte es sich erneut auf dem Schaukelstuhl bequem gemacht und täuschte Trägheit vor. Aber Merle kannte sie besser: Die Sinne der alten Dame waren hellwach, und sie war jederzeit bereit, auf die kleinste Gefahr in ihrer Umgebung zu reagieren.
    Merle ließ sich auf das Sofa zurücksinken und genoss das Gefühl von Klarheit und innerer Ruhe, das der Schlaf ihr geschenkt hatte. Die Ereignisse der letzten Tage hatten sie mehr mitgenommen, als sie sich bislang hatte eingestehen wollen. Vielleicht war Papa doch damit einverstanden, wenn sie Omis Knusperhäuschen zu einem Ferienhaus für die Familie umbauten? Oder spielte er am Ende ernsthaft mit der Idee, hier einzuziehen? Merle gestand es sich ungern ein, aber sie wurde bei dem Gedanken eifersüchtig. Klar, Papa erbte das Haus. Aber was war mit ihr? Sie liebte das Haus doch ebenso wie er! Natürlich liebte sie ihren Vater auch, aber über mehrere Wochen auf engem Raum mit ihm zu leben und das als Ferien zu bezeichnen? Undenkbar. Aus dem gleichen Grund lebte er unten im Dorf in seiner eigenen Wohnung und war nicht bei seiner Mutter eingezogen.
    Sie erhob sich und ging in die Küchenecke. Im Vorbeigehen streichelte sie Luzi über den Kopf und wurde mit einem Schnurren belohnt. Kaum stand sie vor der Anrichte und klapperte mit der Schranktür, da saßen schon die anderen beiden Katzen vor ihr. Lachend zog Merle die Futterpackung hervor und schüttete eine großzügige Portion auf den Teller.
    »Für dich brauche ich auch noch einen neuen Namen«, erklärte sie der rot-weiß gescheckten Katze.
    Die sah sie fragend an. »Mau?«
    »Na, ich bin weder mit Minka noch mit Muschi einverstanden. Vielleicht Rote Zora?«
    »Mau!«, gab die Katze zurück und wandte sich erfreut dem Essen zu.
    Auch Luzi war vom Schaukelstuhl gesprungen, reckte ihre Pfoten erst nach vorne, dann nach hinten, kam mit der katzeneigenen arroganten Eleganz herangeschlendert und nahm ihren Platz am Futternapf zwischen den beiden anderen Fellnasen ein. Merle hingegen beschloss, hinunter ins Dorf zu gehen, um ihren Vater zu begrüßen und nach Neuigkeiten wegen der Kinder zu fragen. Doch zuvor wollte sie nachsehen, was da vorhin so gepoltert und sie geweckt hatte.
    Sie trat aus der Tür und freute sich über die Sonne, die vom wolkenlosen Himmel schien. Es war ein wunderschöner Frühherbsttag.
    Die Ursache für die Geräusche war schnell gefunden: Neben der Haustür stand eine Bank. Darauf hatte jemand einen Sack mit Äpfeln abgestellt. Vermutlich war eine der Katzen daraufgesprungen, um das winzige Fenster darüber zu erreichen. Entweder hatte das Tier zu viel Schwung gehabt oder war abgerutscht, jedenfalls war der Sack heruntergekippt, und einige Äpfel waren auf den Steinboden gekullert.
    Merle bückte sich und sammelte die Äpfel wieder ein. Wie immer die Katze das angestellt hatte, sie musste einen gehörigen Schwung gehabt haben. Zwei Äpfel lagen sogar jenseits des Weges im Gras.
    Einen nach dem anderen hob Merle die Äpfel auf, bis sie sich aufrichtete und sich verdutzt umsah. Sie war bereits drei, vier Schritte von der Haustür entfernt. So weit konnten die Äpfel doch niemals gerollt sein? Und hier lag noch einer. Und ein weiterer. Und dahinter wieder einer.
    Kopfschüttelnd trug Merle einen Arm voller Äpfel zurück zum Sack, bevor sie sich daranmachte, der seltsamen Spur zu

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