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So finster, so kalt

So finster, so kalt

Titel: So finster, so kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Menschig
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Eiche. Manchmal heulte er auf, und es klang wie das Stöhnen oder Wehklagen eines Kindes.
    Merle hielt sich am Tor fest, bis sie sich in der Lage fühlte, zurück zum Haus zu gehen, ohne wie ein aufgeschrecktes Huhn zu rennen. Ihre Nerven waren offensichtlich immer noch stark angegriffen. Sie sollte duschen, sich umziehen, einen bis zehn Kaffees trinken und dann endlich zusehen, dass sie ins Dorf unter Menschen kam. Dort waren Kinder verschwunden, und die Suchenden brauchten vielleicht ihre Unterstützung, während sie sich ihren Gespensterfantasien hingab. Sie zwang sich, sich ganz langsam umzudrehen und zurückzugehen. An der Tür saß Luzi und sah sie an. Merle konnte nicht anders: Sie fand, dass der Blick der alten Katzendame eindeutig vorwurfsvoll war.
    *
    Am Vormittag lief sie endlich in Richtung Dorf, und zwar zu Fuß. Einfach, weil sie sich beweisen musste, dass sie keine Angst hatte, eine knappe halbe Stunde durch den Wald zu laufen. Dabei hatte sogar ihr Verstand zugestimmt, dass es nicht ganz ungefährlich wäre. Schließlich wusste niemand, wer oder was hinter dem Verschwinden der Kinder steckte. Trotzdem war sie froh, dass sie sich für den Marsch entschieden hatte. Die Bewegung tat ihr gut, und es ging ihr mit jedem Schritt besser.
    Sobald sie wieder in Reichweite eines Handynetzes war, hörte sie die Mailbox ab. Eine Nachricht von Jakob freute und ärgerte sie zugleich. Er hatte ganz geschäftlich geklungen und nur gesagt, er bräuchte weitere Angaben zur jüngeren Familiengeschichte. Einerseits war der Anruf also nicht zu beanstanden. Andererseits hatte sie doch ausdrücklich gesagt, dass sie keinen Kontakt seinerseits wünschte. Warum konnte kein Kerl auf dieser Welt so einen Wunsch respektieren? Am Ende waren diese Fragen zur Familie nur vorgeschoben, und ein Gespräch endete darin, dass er verlangte, sie solle zu ihm nach Freiburg kommen. Nein, nicht er zu ihr, sie zu ihm. Schließlich war sie es, die Urlaub hatte.
    Merle war klar, dass sie ungerecht war und Dinge unterstellte, die nicht wahr sein mussten. Aber das war ihr gerade herzlich egal. Sie würde nicht zurückrufen, um eine Information zu geben, die seit Jahrzehnten niemand genutzt hatte und deren Übermittlung gut und gerne noch eine Woche länger warten konnte.
    Was aber, wenn es wirklich wichtig war? Sie hatte ihm den Auftrag gegeben zu recherchieren. Wie sollte er vernünftig arbeiten, wenn sie ihm Wissen vorenthielt?
    Immer wieder war sie versucht anzurufen, doch sie beherrschte sich, bis sie an der Wohnung ihres Vaters ankam und klingelte. Zu ihrer großen Verblüffung öffnete niemand. Merle sah sich suchend um, konnte jedoch kein fremdes Auto entdecken. Ob der Anschlussflug aus London doch noch Verspätung gehabt und Papa sich ein Hotelzimmer genommen hatte? Aber dann hätte er doch wenigstens anrufen können! Merle schnaubte ärgerlich. Womöglich hatte er sein Handy dieses Mal in der Flughafentoilette versenkt.
    Sie warf einen letzten Blick auf die Fenster der Wohnung. Die Rollläden waren wie bei ihrem letzten Besuch aufgezogen, jedoch verhinderten die Vorhänge einen Blick ins Innere. Das half ihr nicht weiter. Dann fiel ihr ein, dass in Kanada jetzt tiefste Nacht wäre. Papa hatte sicher einen Jetlag und hörte das Klingeln vielleicht nicht, weil er tief und fest schlief. Merle entschied, ihm erst einmal Ruhe zu gönnen. Sie konnte ihn später immer noch herausklingeln.
    Sie wandte sich ab und lief in Richtung Marktplatz. Wie sie erwartet hatte, waren die meisten Dorfbewohner im Gemeindesaal versammelt. Auf dem Parkplatz bis vor den Eingang standen mehrere Polizeiwagen und ein Krankenwagen, ein Wagen des Roten Kreuzes mit einer Rettungshundestaffel sowie ein roter Pkw der Feuerwehr und unzählige weitere Autos. Im Inneren des Gebäudes herrschte geschäftiges Treiben. Auf mehreren zusammengeschobenen Tischen lagen Karten mit Markierungen, überall standen Laptops und Taschen. Menschen standen oder saßen in kleinen Grüppchen und debattierten über weitere Maßnahmen. Im Vorbeigehen schnappte Merle eine Diskussion über den Einsatz eines Hubschraubers auf. Innerlich stimmte sie dem Mann zu, der meinte, eine Suche aus der Luft hätte in diesem dicht bewaldeten Gebiet kaum Aussicht auf Erfolg.
    Wenigstens fiel sie in Outdoor-Jacke und Jeans nicht mehr so sehr auf wie mit der Bürokleidung bei der Beerdigung.
    Endlich entdeckte sie Björn zusammen mit dem Pfarrer und dieser Nicole. Siedend heiß fiel Merle ein, dass sie die

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