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So finster, so kalt

So finster, so kalt

Titel: So finster, so kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Menschig
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wie in dem Märchen
Der Eisenhans.
    Doch dieses Mal, fürchtete Hans, würde es keine rechte Freude machen. Es fehlte die Königin Agnes, deren Gunst es mit besonderem Geschick zu erobern galt.
    Er schob den Jungen sanft durch die Haustür, und er gehorchte ohne Widerstand. Doch kaum war er in der Stube, da setzte er sich kerzengerade, wie er vermutlich in der Dorfschule saß, an den Esstisch und faltete die Hände ordentlich vor seiner Brust. Mit ernstem Blick richtete er sich an seinen Vater, der verwundert in der Tür stehen geblieben war.
    »Ich möchte wissen, wer sie ist.« Seine helle Stimme war leise, aber fest.
    Bedächtig setzte sich Hans ihm gegenüber an den Tisch. »Als ich so alt war wie du, da hat sie mich von meinen Eltern fortgelockt. Ich habe bis heute nicht zurückkehren können«, erklärte er zögernd. Vielleicht war es wirklich besser, wenn Johann alles erfuhr, also begann er zu erzählen. Er hatte seinen Sohn zu Ehrlichkeit erzogen, daher musste er sich ebenso die Wahrheit abverlangen, und wenn es ihm noch so schwerfiel. »Sie hat dich auf die Welt gebracht«, schloss er. Das Wort »Mutter« wollte ihm bei diesem Wesen nicht über die Lippen kommen. Was er vor ein paar Tagen am Waldrand gesehen hatte, war keine Frau und kein Mädchen gewesen. Es war ein Dämon in Menschengestalt.
    Johann nickte nachdenklich. »Sie hat an mir gezogen, so wie Ihr, Vater. Nur dass ich es nicht sehen konnte, wie sie gezogen hat. Ich habe es gespürt. Hier.« Er tippte sich mit dem Finger gegen die Brust. Hans wusste genau, wovon er sprach. Die Miene des Jungen veränderte sich schlagartig. »Mutter hat es nicht verstanden, nicht wahr? Deshalb ist sie gegangen. Ein Junge kann keine zwei Mütter haben.«
    Hans neigte fragend den Kopf.
    »Agnes ist meine Mutter, und sie wird es immer bleiben. Nicht das Mädchen am Wald. Aber wer ist sie? Was will sie von uns?«
    »Mein lieber Sohn, ich kenne die Antwort auf deine Frage nicht.« Hans wiegte langsam den Kopf. Er hätte die Stunden nicht zählen können, die er wach gelegen und darüber nachgegrübelt hatte. Vermutlich war es nur Zufall, dass er in die Fänge dieses Wesens geraten war. Weil er damals freundlich hatte sein wollen, als sie einander zum ersten Mal begegnet waren. Warum sie jedoch hinter Johann her war, war für ihn offensichtlich. Er war ihr Blut, genau wie das seinige. Sicher erhoffte sie sich Johanns Unterstützung, seinen Beistand, vielleicht sogar seine Zuneigung. Wenn Hans daran dachte, wie Greta ihm ihre Zuneigung gezeigt hatte, wurde ihm schlecht. Er musste seinen Sohn unbedingt vor ihr beschützen. Hans sah auf seine Hände und bemerkte, dass sie zu Fäusten verkrampft waren.
    Johann wartete ab, geduldig und zurückhaltend, wie er es von seinem Sohn gewohnt war.
    »Johann, bürde dir nicht die Sorgen deines Vaters auf«, sagte Hans. »Das Haus schützt uns, und in ihm der Geist der alten Frau.«
    Johann senkte den Kopf und starrte auf seine Finger, die er immer wieder ineinanderknotete. »Ich habe Angst, Vater. Sie will, dass ich zu ihr komme. Ich wollte das Gleiche. Wenn Ihr nicht … Ich wäre zu ihr gegangen. Mein Herz wollte es. Ihr müsst sie töten, Vater.«
    Hans lachte bitter auf. Was hätte er nicht lieber gemacht, all die Jahre, die er hier nun lebte und darauf wartete, dass der Fluch sich löste. »Ich kann sie nicht töten. Ich denke darüber nach, sie zu fangen.«
    »Ich helfe Euch!« Johann straffte sich und richtete den ernsten Blick seiner dunklen Augen auf Hans. Als der ihn ungläubig anschaute, nickte sein Sohn zur Bestätigung.
    »Gut«, sagte Hans. »Ich habe tatsächlich einen Plan.«
     
    Sie kam am dritten Abend wie am ersten, als sie Johann fortlocken wollte, und am zweiten, als er noch in Ohnmacht an der Esse lag. Wie ein unschuldiges kleines schwarzhaariges Mädchen, das Ebenbild von Johann in weiblich, stand sie da und lockte ihn. Johann hatte eben noch seinem Vater tapfer zugenickt. Jetzt beobachtete Hans vom Fenster der Stube aus, wie sein Sohn wie von einem unsichtbaren Faden gezogen auf den Waldrand zutapste, sein Geschenk in der ausgestreckten Hand.
    Hans legte die Stirn gegen die kühle Scheibe. Seine Hände umklammerten das Holz des Fensterrahmens so fest, dass seine Fingerknöchel weiß wurden. Die Angst schnürte ihm die Kehle zusammen, und er konnte kaum atmen.
    Hans hatte den Jungen nur so weit wie möglich eingeweiht. Johann wusste nicht, was geschehen würde, sobald Greta das Geschenk annahm. Es konnte sein,

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