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So fühlt sich Leben an (German Edition)

So fühlt sich Leben an (German Edition)

Titel: So fühlt sich Leben an (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hagen Stoll
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gehörten dazu, und für die drei Jahre, auf die das Jungpionierdasein begrenzt war, fand ich die Angelegenheit auch einigermaßen cool. Als FDJ ler später dachte ich anders darüber.
    Trotz Schule blieb ich der verspielte Träumer, der ich schon in unserem Wolkenkratzer am Ostbahnhof gewesen war. Mein fliegender Teppich hatte den Umzug mitgemacht, sah mich allerdings nur noch bei Regen. Ansonsten war ich draußen, wo ich auf meinen ersten Streifzügen rund um unseren Block und über den Murtzaner Ring (eine wenig befahrene Seitenstraße, die mehr oder weniger im Halbkreis verlief) eines schönen Tages mit Uwe Bekanntschaft machte.
    Uwe war in meinem Alter und sah, wie er so vor mir stand, eindeutig nach Arbeiterklasse aus. Seine Hose war zu kurz, seine Schuhe waren ausgelatscht, und sein Haarschnitt war mithilfe von Kochtopf und Schere in der heimischen Küche entstanden. Er wurde mein bester Kumpel oder, wie wir damals sagten, mein Schaulie. Ich glaube, wir sahen aus wie Lolek und Bolek, die beiden kleinen Kerle aus dem polnischen Zeichentrickfilm. Jedenfalls taten wir uns zusammen und wagten uns immer weiter vor ins Reich der Bagger und Kräne, stiefelten immer tiefer hinein in diese chaotische Berg-und-Tal-Landschaft, die auf uns Steppkes gewaltig wirkte, und bald war mir und meinem Schaulie klar, dass eine solche Riesenbaustelle was für sich hat.
    Allein die Baumaschinen. Wie sich alles bewegte und rappelte und knatterte und schepperte. Und wie sich die Lastwagen mit ihren großen Rädern durch den Schlamm wühlten. Großartig. Stundenlang haben wir nur zugeguckt, Uwe, ich und wer sonst noch mit von der Partie war. Dann die Fertigplatten. Überall lagen sie zu hohen Stapeln aufgetürmt herum– ideale Kletterlandschaften und gute Verstecke. Überhaupt die Verstecke! Es gab welche, wo dich nie einer fand, die Kanalisation zum Beispiel– da hatten die anderen schon aufgehört, nach dir zu suchen, und du saßt immer noch in deiner Röhre. Und die Rohbauriesen. Zur Abwechslung sind wir bis in den zweiundzwanzigsten Stock hinaufgestiegen und haben uns auf den letzten Balkon gestellt– bloß von da oben runterzugucken war schon eine Mutprobe; mich außen an die Balkonbrüstung zu hängen, dafür hat der Mut nicht gereicht. Und sobald die Bauarbeiter Feierabend machten, haben wir ihre Bagger, Planierraupen und Lkws übernommen. Die waren nie abgeschlossen, die waren ja Volkseigentum, wir uns also raufgeschwungen und in die Fahrerkabinen gesetzt, an Knöpfen und Hebeln gefummelt und alles in Gang gesetzt, wenn auch nur in der Fantasie.
    Das Beste aber war der Springpfuhl, ein Teich von bescheidenen Ausmaßen in dem kleinen Park, der sich an den Akaziengrund anschloss. Dieses düstere, morastige Gewässer zog uns magisch an. Irgendwann haben wir uns Holzpaletten besorgt, haben die Zwischenräume mit herumliegendem Styropor abgedichtet und sind mit unserem Floß auf dem Springpfuhl in See gestochen, nicht ohne es vorher auf den größten Pfützen von Marzahn auf seine Seetüchtigkeit gestestet zu haben. Von diesem Tag an haben wir als Springpfuhlpiraten manchen Nachmittag die schauerliche Tiefe des Ozeans unter uns gespürt, haben zahllose Gefahren bestanden und neue Kontinente entdeckt– und unseren Eltern eimerweise Kaulquappen von unseren Reisen mitgebracht.
    Kurz gesagt: Ich war auf dem größten Abenteuerspielplatz der DDR angekommen, und der begann gleich hinter unserem Haus. Da gab es nämlich einen weiten Platz, anfangs mehr Acker als Grünfläche, und mittendrin einen mächtigen Schuttberg aus Baumaterial und Trümmern. Jeden Tag aufs Neue musste ich mit Uwe diesen Beton-Everest besteigen. Im Winter sind wir da mit unseren Schlitten runter, eine gewagte Sache. Die meiste Zeit allerdings habe ich– was sonst?– im Fahrradsattel verbracht.
    Ich glaube, der Rennfahrer hat immer schon in mir gesteckt, daher heute auch meine Affinität zu Autos und Motoren. Damals war ich Täve Schur, der Radrennfahrer aus dem Osten, der Nationalheld der DDR . Uwe fuhr ein einfaches Klapprad, bei dem ständig die Spange, die das Ding zusammenhielt, aufsprang, sodass es regelmäßig in zwei Teile zerbarst und mein Schaulie fürchterlich auf die Fresse fiel, besonders übel natürlich bei unseren Sprungwettbewerben. Seine Stürze waren spektakulär, seine Beulen und Schürfwunden auch. Ich hingegen… Mein Vater hatte einfach eine Stange an mein Kinderfahrrad geschweißt und dicke Anhängerreifen aufgezogen, fertig war mein BMX

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