So habe ich es mir nicht vorgestellt
sagte: »Melonenflecken gehen auch beim Waschen nicht raus.« Jetzt würde sie das Kleid neu färben müssen, in einem anderen Grün.
»Entschuldige, wenn ich dich mitten in etwas störe«, sagte Pnina am anderen Ende der Leitung.
»Beruhige dich, Oma Pnina«, sagte Hila beschwichtigend. »Ich bin nicht mitten in etwas und auch nicht am Anfang von etwas. Wie geht es dir?« Sie steckte den Finger in den Mund und betrachtete prüfend ihre Spucke. Sie beschloß, die Frage »Was ist passiert?« nicht zu stellen, obwohl Pnina das immer tat, wenn Hila in Jo’elas Haus manchmal den Hörer abnahm, nur weil sie gerade neben dem Telefon stand.
Pnina sagte leise: »Ich wollte dich um etwas bitten … um einen großen Gefallen.«
»Alles, bis zu einem halben Königreich«, versprach Hila und fuhr sich mit der Hand über die Linie vom Kinn zum Hals.
»Was?« fragte Pnina. »Ich habe dich nicht verstanden, die Leitung …«
»Das Vergnügen ist ganz meinerseits, aber gerne«, schrie Hila. »Ich tue alles, was du willst.«
»Ich weiß nicht, wie ich es dir sagen soll, aber …«
»Ich habe keine Angst vor dem, was du möchtest«, sagte Hila und konnte sich genau vorstellen, wie Pnina bei dem Versuch, die Beherrschung nicht zu verlieren, unsichtbare Flusen von der karierten Schürze zupfte und die Lippen verzog.
»Hast du in der letzten Zeit Verbindung mit Jo’ela gehabt?« fragte Pnina.
»Was soll das heißen?« antwortete Hila erstaunt. »Natürlich …«
»Wann hast du das letzte Mal mit ihr gesprochen?« beharrte Pnina. Ihre Stimme war scharf, der zögernde Ton war verschwunden.
»Vorgestern, glaube ich«, sagte Hila, ohne nachzudenken.
»Ich sage dir, es ist etwas los … Etwas ist nicht in Ordnung.«
»Etwas ist nicht in Ordnung«, wiederholte Hila wie eine brave Schülerin. »Was zum Beispiel?« Sie versuchte, den Schrecken zu verbergen, der in ihr aufstieg. Die seltenen Male, die Pnina bei ihr angerufen hatte, um sich nach Jo’ela zu erkundigen, hatte es sich jedesmal darum gehandelt, daß dort niemand ans Telefon ging, oder sie hatte sich beklagt, daß immer besetzt sei.
»Nicht in Ordnung«, wiederholte Pnina. »Überhaupt nicht. Ich habe Angst, es ist etwas passiert.«
»Was denn? Was könnte passiert sein?« wollte Hila wissen und stellte das Bügeleisen auf den Metallständer, der als Ablage bestimmt war.
»Gestern habe ich angerufen, und in der Klinik hat man mir gesagt, daß Jo’ela Grippe hat. Die südamerikanische Sekretärin, diese Rothaarige, hat mit ihr gesprochen und es mir gesagt. Sie hat sich gewundert, warum ich das nicht wußte, denn Jo’ela …« Pnina hustete und sagte: »Entschuldigung.«
»Grippe?« fragte Hila. »Das habe ich nicht gewußt.«
»Genau!« unterbrach Pnina triumphierend. »Seit gestern! Und du hast es auch nicht gewußt.«
»Na ja«, meinte Hila, »auch wenn sie gestern krank geworden ist und ich noch nichts weiß, heißt das doch nicht …«
»Du kennst Jo’ela doch, sie ist nie krank. Das darf man eigentlich nicht sagen, unberufen, aber ich erinnere mich nicht, wann sie …«
»Grippe, Pnina, keine plötzliche Stummheit, ein Mensch kann seine Stimmbänder auch benutzen, wenn er Angina hat«, erklärte Hila und begann, das grüne Kleid zusammenzufalten, erst in der Länge, dann in der Breite.
»Was?« fragte Pnina. »Ich habe dich nicht verstanden.«
»Man kann mit ihr sprechen, sie fragen, wie es ihr geht, man muß doch nicht gleich …«
»Sie war gestern den ganzen Tag nicht bei der Arbeit, und ich weiß zufällig, obwohl sie es mir nicht selbst erzählt hat, daß sie mitten in etwas steckt, einem Projekt, deswegen wird sie nicht einfach so …«
»Nicht einmal Jo’ela ist aus Eisen«, bemerkte Hila. »Manchmal wird ein Mensch krank und kann nicht arbeiten, sogar wenn er Jo’ela heißt.«
»Sie hat gestern den ganzen Tag nicht mit mir gesprochen, und wenn ich angerufen habe, sind nur die Kinder am Telefon gewesen, und ich …« Pnina schnaufte in den Hörer.
»Also wirklich«, bat Hila. »Die Kinder haben mit dir gesprochen, sie sind in Ordnung, das heißt: Jo’ela ist ein bißchen krank. Die Sekretärin hat gesagt, sie hat Grippe, die Kinder haben es gesagt, warum mußt du dann etwas anderes dahinter suchen? Was stellst du dir denn vor, was passiert sein könnte?« Sie hoffte, daß sie sich beruhigend anhörte, aber sie merkte, daß es ihr nicht gelang. Pnina tat ihr leid, als sie im Ton eines kleinen Mädchens sagte: »Ich weiß es wirklich nicht
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