Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
So habe ich es mir nicht vorgestellt

So habe ich es mir nicht vorgestellt

Titel: So habe ich es mir nicht vorgestellt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
Vom Netzwerk:
erreichen konnte, und vielleicht würde er erwähnen, es bestehe die Möglichkeit eines Treffens, was sich aber erst im Lauf des Tages herausstellen werde, obwohl er sich natürlich davor hüten würde, wirklich etwas zu versprechen, denn bei den letzten Malen, als er ein Versprechen gegeben hatte und es im letzten Moment nicht halten konnte (einmal, weil sich seine Schwiegermutter den Arm gebrochen hatte, ein andermal, weil er vergessen hatte, daß er seiner Frau versprochen hatte, mit ihr ins Kino zu gehen, dann wieder hatte eine geschäftliche Besprechung länger als erwartet gedauert), hatte das bei Hila zu Wutausbrüchen geführt, und sie hatte Dinge gesagt, die im Gegensatz zu der Rolle standen, die sie eigentlich in seinem Leben spielen wollte – die heimliche Frau, die gute Freundin, ganz zu schweigen von der rätselhaften Geliebten –, und ihre Sicherheit, sie sei, anders als viele Romanheldinnen, über Dummheiten und Nichtigkeiten erhaben, stark erschütterten. Ihre Ausbrüche hatten ihn nur erschreckt und dazu gebracht, vorsichtiger mit Versprechungen umzugehen. Aber einen Rat Jo’elas anzunehmen, selbst zu entscheiden, die Initiative zu ergreifen, das heißt vorsätzlich und freiwillig darauf zu verzichten, ihn zu treffen – das schaffte sie nicht, weil sie es nicht schaffte, die Beziehung zu ihm ganz abzubrechen, wie Jo’ela es einmal gutmütig geraten hatte, ohne Moralpredigt, »weil es dir außer Kummer nichts bringt«, auch wenn sie gelobte, ihn eine ganze Woche nicht zu treffen, falls sich herausstellen sollte, daß sie gesund war, wie sie es das letzte Mal getan hatte, bevor sie zur Ambulanz gefahren war, aber dann hatte sie es entgegen allen Vorsätzen nicht geschafft, ihm ein Wort davon zu sagen, deshalb war es auch kein Wunder, daß sie sich jetzt wieder in derselben Situation befand.
    Als sie das grüne Kleid bügelte, klingelte das Telefon. Hila dachte daran, den Stecker herauszuziehen, damit nicht dasselbe passierte wie damals an Purim, als sie für Nufar Chanales Schabbatkleid bügelte, an dem Rubi dann Sterne befestigen wollte, und ein versengter Abdruck des Bügeleisens auf dem weißen Stoff zurückgeblieben war, mitten auf dem Kleid, woraufhin Rubi ihr nicht mehr erlaubte, seine Hemden zu bügeln. Die Sache damals war nur passiert, weil das Telefon geklingelt hatte, und sie nahm sich vor, Alex die Geschichte zu erzählen, sie war sicher, daß er es war, der anrief, deshalb erschrak sie auch so sehr, als am anderen Ende eine Frauenstimme, die sie nicht erkannte, aufgeregt rief: »Hila? Hila?«
    »Ja«, antwortete sie zögernd. Erst als die Frau sagte: »Entschuldige, falls ich dich geweckt haben sollte«, erkannte sie Pnina und fand, als sie ihr antwortete, sofort den Ton, mit dem sie normalerweise mit ihr sprach: »Du hast mich nicht geweckt, ich war schon aufgestanden, mein Leben ist kein Leben, und nachts schlafe ich kaum.«
    Pnina bemerkte gar nicht, daß sie das Wort »Leben« so aussprach, wie sie es manchmal tat, um sie mit ihrer aschkenasischen Aussprache zu necken. Sie lachte auch nicht, sie machte sich nur Sorgen, ob sie sie geweckt hatte oder störte, und hörte überhaupt nicht auf zu sprechen: »Es tut mir wirklich leid, wenn ich dich aufgeweckt habe, aber ich habe es einfach nicht mehr ausgehalten, ich habe die ganze Nacht nicht geschlafen und warte schon seit sechs Uhr morgens, weil ich dich nicht wecken wollte …« Und dann fügte sie hinzu: »Jo’ela hat mir schon vor einer Woche gesagt, daß du in Urlaub bist oder so, der arme Rubi, ihn habe ich auch nicht wecken wollen, aber er hat mir diese Telefonnummer gegeben und gesagt, nach acht wäre es in Ordnung, da könnte ich dich anrufen …«
    »Oma Pnina!« sagte Hila, so wie Ja’ara es immer tat. Sie zog das Telefon näher zu sich. Der Apparat fiel mit großem Getöse zu Boden, deshalb wurde der Strom von Entschuldigungen auf der anderen Seite unterbrochen, und Pnina erkundigte sich erschrocken, was passiert sei und ob Hila sie höre. Hoffentlich ist nichts kaputtgegangen, dachte Hila, als sie sich wieder zum Bügeleisen umdrehte, den Stecker in die Steckdose schob und sich den Hörer zwischen Ohr und Schulter klemmte. Als sie das Kleid auf dem Bügelbrett ausbreitete, entdeckte sie sofort die Flecken vom letzten Jahr, die sich nicht verstecken ließen. Sie erinnerte sich genau, wann das Kleid diese Flecken bekommen hatte: in Jo’elas Garten, an einem Schabbatmorgen, als die Wassermelonenscheiben tropften und Pnina

Weitere Kostenlose Bücher