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So habe ich es mir nicht vorgestellt

So habe ich es mir nicht vorgestellt

Titel: So habe ich es mir nicht vorgestellt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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vor allem das R, als sie nun hinzufügte: »Ihr habt die private Geburtshilfe doch abgemacht, oder? Sie behauptet es jedenfalls.«
    »Ja, ja«, sagte Jo’ela beruhigend. »Ich komme.«
    »Haben sie dich gerufen?« fragte Arnon und machte ein Auge auf.
    »Schlaf weiter, es ist erst drei.«
    Sie hatte vergessen zu sagen, man solle ihr ein Taxi schicken. Hatte vergessen, daß ihr Auto neben der Klinik stand. Erst als sie die Schlüssel suchte, fiel es ihr wieder ein. An allen drei Taxihaltestellen meldete sich niemand.
    »Nimm mein Auto«, murmelte Arnon, das Gesicht wegen des Lichts ins Kissen gedrückt. »Im schlimmsten Fall hole ich es mir morgen früh bei dir ab, falls du nicht zurückkommst. Die Schlüssel sind in der Tasche meiner grünen Windjacke.«
    Wegen dieser Worte, die er fast im Tiefschlaf gesagt hatte, in den er bereits wieder zurückgekehrt war, berührte sie seine Stirn mit der Hand, kletterte aufs Bett, um ihn zu umarmen und ihre Lippen auf sein Ohrläppchen zu legen, das unter dem Kissen hervorlugte, mit dem er sein Gesicht halb verdeckte.
    Draußen war es vollkommen dunkel. Eine einzige Straßenlaterne erhellte die steile Gasse, die sie hinunterbrauste. Kein grauer Saab wartete. Aber in der Dunkelheit leuchtete ein schmaler Mond, der inzwischen schon hoch am Himmel stand. Kein Stern war zu sehen, nur ein weißlichrötlicher Schein deutete auf die zu erwartende Hitze hin und hellte die Dunkelheit des Himmels etwas auf, der sich in einigen Stunden rosa und blau färben würde. Hätte sie nicht in seinem Auto den Umschlag mit allen Unterlagen vergessen, hätte sie sich jetzt schon mit der Frage beschäftigen können, was sie eigentlich wollte. Wenn man sich auf das Fahren konzentrieren mußte, dachte man nicht über solche Dinge nach. Drei Jahre sind eine lange Zeit, und niemand außer ihr wußte von Margaliots Plänen. Es gab keinen Grund zur Angst, und ganz bestimmt würde sie es ihrer Mutter nicht sagen. Die würde sie mit erstaunten Augen mustern, als habe sie etwas Böses getan, als habe sie das weiße Kleid mit rotem Maulbeersaft schmutzig gemacht, als habe sie es nicht verdient, und bald würden es alle herausfinden. Jo’ela trat auf den Gashebel, spritzte Wasser auf die Windschutzscheibe und stellte den Scheibenwischer an, um den schweren Dunst wegzuwischen, konzentrierte sich darauf, an den Kreuzungen mit den gelb blinkenden Ampeln nach rechts und nach links zu schauen.
    Hila hatte erst vor ein paar Wochen gesagt, daß beim ersten Zusammentreffen zweier Menschen en miniature alle Details des Drehbuchs ihrer Beziehung in der Zukunft versteckt seien.
    »Wirklich?« hatte Jo’ela erstaunt gefragt, und Hila hatte entschieden gesagt: »Ja, das ist eine unumstößliche Tatsache. Du wirst es schon sehen.«
    »Was heißt da unumstößliche Tatsache?« hatte Jo’ela aus ihrem Liegestuhl heraus gemurmelt. »Es hört sich poetisch an, muß aber nicht stimmen, wie bei all diesen Regeln.«
    Sie saßen auf dem Rasen hinter dem Haus, vor der Steinmauer, die sie gegen die Straße schützte, an einem Schabbat, als Arnon mit Rubi in die Firma gefahren war, um den Eßtisch zusammenzubauen, an dem Rubi schon mehrere Tage lang gearbeitet hatte. Sie sprachen über die Furcht, die Hila in den frühen Abendstunden des Schabbat immer überfiel, beim Sonnenuntergang, besonders wenn es Frühjahr war. Es war diese Furcht, die sie dazu brachte, hartnäckig weiterzusprechen, bis Ja’ara fragte: »Wie habt ihr beide euch überhaupt kennengelernt?«
    Ja’ara lag auf dem Rasen, das Gesicht in den Händen verborgen. Nun drehte sie sich auf den Rücken, zog an ihrer kurzen, abgeschnittenen Jeans und zupfte ihre Bikiniträger zurecht. Aus der Küche war das Klappern von Tellern zu hören, die ihre Mutter stur mit der Hand abspülte. (»Man muß sie sowieso abwaschen, bevor man sie in die Maschine räumt«, hatte sie gesagt und wie immer mit zusammengekniffenen Augen mißtrauisch die Spülmaschine betrachtet. In den letzten Jahren waren ihre Augen immer schlechter geworden, und auch die Brille, die sie immer trug, nützte nicht viel.)
    Hila lachte. »Ich war’s, ich habe mich an deine Mutter herangemacht. Hat sie dir das nie erzählt? Wir haben uns bei Vorlesungen über Theatergeschichte kennengelernt. Es waren viele Studenten da. Vielleicht fünfzig. Aus allen möglichen Fächern. Deine Mutter saß in der Ecke. In der zweiten Reihe neben dem Fenster. Sie kam immer ganz pünktlich herein und ging zu dieser Ecke.« Hila

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