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So habe ich es mir nicht vorgestellt

So habe ich es mir nicht vorgestellt

Titel: So habe ich es mir nicht vorgestellt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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seine Trainingshose war schmutzig. Er mußte dringend in die Badewanne.
    »Ich glaube, du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Wir werden morgen früh nachschauen.«
    »Und wenn das Ei dann schon aufgebrochen wäre«, mischte sich Arnon ein und packte die Schuhbürste in das schwarze Etui, »würden wir die Reste sehen, nicht wahr? Die Schalen können ja nicht einfach verschwinden. Außerdem gibt es auf unserem Rasen keine Schlangen.«
    »Und wenn es im Gras verlorengegangen ist und in der Nacht aufbricht und zwei kleine Schlangen rauskommen?«
    »Zwei? Warum zwei?« fragte Arnon verwundert.
    »Zwillinge, so wie die zwei aus meiner Klasse. Das gibt’s. Da sind zwei gekommen.«
    »Sie kriechen nicht nachts heraus«, versprach sie.
    »Warum nicht nachts?« erkundigte sich Arnon lächelnd. Er machte die Küchentür auf, um hinauszugehen.
    »Weil es nachts kalt ist und Schlangeneier Wärme brauchen«, erklärte Jo’ela.
    Arnon lachte. »Wirklich? Komm ins Badezimmer, mein komischer Sohn.« Ja’ir löste sich von ihrem Knie und gehorchte mit sorgenvollem Gesicht.
    Sie würde die Rabbinerin anrufen, vielleicht konnte sie sie überzeugen. Und wenn nicht, würde sie eben mit der Mutter sprechen. Jo’ela beschloß, zu duschen und sich die Spuren der Berührung durch die warme Hand abzuwaschen. Es war nie passiert. Vermutlich hatte sie vorhin den Verstand verloren. Im hellen Licht sah alles ganz anders aus.
    Sie suchte überall, hob sogar die Sofakissen hoch und wußte dabei schon, daß sie den braunen Umschlag mit allen Daten auf dem Rücksitz des grauen Saab liegengelassen hatte, bei jemandem, dessen Namen sie ohnehin nicht hätte behalten wollen, der keinen Namen hatte und dessen Nachnamen sie wirklich nicht kannte.
     
    »Habt ihr keine Personalien ausgetauscht?« fragte Arnon erstaunt. »Keinen Namen, keine Autonummer? Irgend etwas?«
    Sie saßen auf dem Rand der Badewanne, in der Ja’ir ein Schiff aus Legosteinen herumfahren ließ. »Nein, ich war schuld, nur er hat meine Autonummer aufgeschrieben.«
    »Was heißt das, du warst schuld? Überlaß es doch der Versicherung, zu entscheiden, wer schuld hat. Du darfst nie zugeben, daß es deine Schuld war. Wenn du zugibst, daß du ihm gegenüber gesagt hast, du wärest schuld, werden sie sich weigern zu bezahlen, ich verstehe dich nicht.«
    »Aber ich bin schuld.« Ihre laute Stimme übertönte das Brummen Ja’irs, der mit seinem Boot durch das Wasser fuhr. »Wozu sollen diese Spielchen gut sein?«
    »Mach, was du willst.« Er zog den Stöpsel aus der Wanne, ignorierte Ja’irs Ruf: »Noch nicht, nur noch ein bißchen!« und hob den Jungen aus dem Wasser. »Du mit deiner selbstgerechten Ehrlichkeit, die du manchmal hast. Weißt du überhaupt, daß er gar nicht ganz unschuldig ist? Daß er hätte warten müssen, bis du rausgefahren bist?«
    »Die Versicherung ist jetzt doch egal. Was mache ich ohne die Papiere? Ohne die ganzen Unterlagen?«
    Sie ging hinter Arnon her, während er mit gespielter Fröhlichkeit sang: »Ich habe ein Paket, ich habe ein Paket.« Auch Ja’irs Strampeln unter dem Handtuch war langsam und irgendwie lustlos. Eine leere Gebärde von jemandem, der sich an dem Versuch beteiligt, die plötzliche Feindseligkeit im Flur zu überdecken.
    »Keine Ahnung. Habt ihr in der Klinik nicht die Telefonnummer dieses Mädchens, so daß du sie noch einmal bestellen kannst?«
    »Was heißt da bestellen?« Warum schrie sie so? »Es war ohnehin ein Wunder, daß ich es rausgekriegt habe. Du hast überhaupt nicht zugehört, was ich dir erzählt habe. Ich erkläre dir schon seit drei Tagen …«
    »Er wird dich doch sowieso anrufen, wegen des Scheinwerfers. Schließlich hat er deine Personalien. Morgen wird er zur Werkstatt fahren und dich anrufen, damit du einen Scheck schickst.«
    »Wieviel kostet schon ein Scheinwerfer«, sagte Jo’ela.
    »Das kommt darauf an, wie kaputt er ist. Es können dreihundert Schekel werden.«
    »Dreihundert Schekel!«
    »Da ist auch noch die Fassung und der Blinker, und es kommt darauf an, ob es gebrauchte gibt. Was verstehst du schon davon!«
    Der Name des Mädchens stand oben auf dem Computerausdruck. Über den Ergebnissen der Blutuntersuchung. Ein Uneingeweihter konnte sie zwar nicht verstehen, doch das erleichterte sie nicht, als sie den Stapel Wäsche zur Seite räumte und sich mitten auf das Bett fallen ließ. In der Ecke lag Ja’ir, der ihnen ins Schlafzimmer gefolgt war. Arnon setzte sich neben sie. Auch seine Hand war warm und

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