So hoch wie der Himmel
prächtige, weiß schimmernde Boote den Highway Nummer i und dann den Hügel zu Templeton House herauf.
Obgleich das Haus bereits in perfektem Zustand war, konnte sie sich lebhaft vorstellen, wie ihre Mutter mit der Floristin über irgendwelche Blumenarrangements herumzankte. Für Lauras Hochzeit reichte Vollkommenheit nicht aus. Es hatte sie niemals gestört, dass ihre Mutter Laura liebte, als wäre sie ihr zweites Kind. Aber ihre Mutter wollte, dass sie selbst wie Laura war. Das könnte sie niemals und wollte es auch nicht.
Laura war warmherzig und süß, ja geradezu kantenlos. Margo wusste, sie hatte etliche Untugenden. Die Freundin fauchte ihre Mutter nie so böse an, wie es Margo regelmäßig tat. Aber schließlich hatte Laura auch bereits alles, was Margo begehrenswert erschien. Sie brauchte sich niemals Gedanken darüber zu machen, welches ihr Platz in der Gesellschaft war oder wie sie ihre Zukunft am besten gestaltete. Sie war sogar bereits in Europa herumgereist, oder etwa nicht? Templeton House wäre für alle Zeit ihr Heim. Und falls ihr der Sinn nach Arbeit stünde, dann warteten die eigenen Hotels geradezu auf sie – sie hätte die freie Wahl.
Ebensowenig besaß Margo die Wißbegierde und Zielstrebigkeit, die Kate auszeichnete. Diese finge ganz sicher in ein paar Wochen mit dem Studium in Harvard an, um ein Diplom zu erwerben, mit dem sie später als Börsenmaklerin oder Steuerberaterin eine Arbeit fand. Gott, wie langweilig! Aber so war Kate nun einmal. Sie las lieber das
Wall Street Journal,
als dass sie die Hochglanzbilder in der
Vogue
betrachtete, und erörterte dann stundenlang voller Begeisterung mit Mr. Templeton Zinssätze und Veräußerungsgewinne.
Nein, sie wollte nicht wie Kate oder Laura sein, so sehr sie auch an den beiden hing. Sie war Margo Sullivan – und würde es genießen, Margo Sullivan zu sein. Eines Tages hätte sie ein ebenso schönes Haus wie dieses, sagte sie sich, während sie langsam die Treppe hinunterstieg und mit einer Hand über das glänzende Mahagonigeländer strich.
Wenn man den Kopf von den elegant geschwungenen Stufen nach oben hob, sah man über sich einen Leuchter aus glitzerndem Waterford-Kristall. Unzählige Male hatte sie beobachtet, wie er sein strahlendes Licht auf die schimmernden weißen und pfauenblauen Marmorfliesen der Eingangshalle und die illustren Gäste der wunderbaren Feste warf, die einen Teil des Ruhms der Familie Templeton begründeten!
Während der Partys hallten stets Gelächter und Musik durch das Haus, egal, ob die Gäste nun unter den beiden Kronleuchtern an der erlesenen Tafel im Speisesaal dinierten oder ob man fröhlich plaudernd durch die Räumlichkeiten wandelte, Champagner nippte und sich dann auf einem der bequemen Sofas niederließ.
Eines Tages richtete sie selbst ebenso wunderbare Feste aus und nahm sich die liebenswürdige und unterhaltsame Gastgeberin Mrs. Templeton zum Vorbild. Lagen einem solche Dinge wohl im Blut, überlegte sie, oder konnte man sie erlernen, wenn man nur willig war? Zu dieser Art Lernen war sie mehr als bereit.
Ihre Mutter hatte ihr beigebracht, wie man Blumenarrangements aufstellte – so wie das der schimmernden weißen Rosen in der großen Kristallvase, die auf dem Pembroke-Tischchen in der Eingangshalle stand. Durch den Spiegel sah man es sogar doppelt: groß und rein, mit nichts durchsetzt als etwas zartem Grün.
Durch solche Plazierungen verwandelte man ein Haus in ein Heim, hatte sie beobachtet. Blumen und hübsche Schalen, Kerzenständer und sorgsam poliertes Holz. Die Gerüche, die Art, in der das Licht durch die Fenster fiel, das Ticken einer antiken Standuhr im Korridor. An all diese Dinge würde sie denken, wenn sie in der Ferne war. Nicht nur an die raffinierten Rundbögen, durch die ein Raum fließend in den nächsten überging oder die komplizierten, wunderschönen Muster der Mosaiken, die die hohe, breite Eingangstür umgaben, sondern auch an den Geruch der Bibliothek, nachdem Mr. Templeton eine seiner Zigarren angezündet hatte, und an die Art, in der sein Gelächter durch die Räume schallte.
Sicher dächte sie auch an die Winterabende zurück, an denen sie zusammen mit Laura und Kate auf dem Teppich vor dem Kamin im Wohnzimmer gelungert hatte – an das Schimmern des Simses aus Lapislazuli, an das Gefühl, wenn die Wärme des Feuers ihre Wangen erglühen ließ, an die Art, wie Kate kicherte, wenn sie ein Spiel gewann.
Auch die Gerüche in Mrs. Templetons Salon wollte sie nicht
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