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So schoen und kalt und tot

So schoen und kalt und tot

Titel: So schoen und kalt und tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Withcomb
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jeder Minute, die vergeht, wird die Last leichter. Ich vermute, wenn es solche Flüche wirklich gibt, dann hat er mich nur gestreift. Zudem glaub ich ohnehin nicht daran. Ich denke, mir macht ganz einfach die Anstrengung zu schaffen. In London gibt es keine Berge, die man erklimmen könnte.“ Sie lächelte. „Deshalb fehlt es mir vermutlich an der nötigen Kondition.“
       „Glaubst du wirklich?“
       „Ja, das glaube ich. Und nun lass uns nicht mehr über dieses Thema nachdenken. Es genügt, wenn du mir noch ein wenig von der Familie erzählst.“
       „Da gibt es nicht mehr viel.“
       „Warum hat die Schwiegermutter von Mister Patterson diesen Fluch überhaupt ausgesprochen?“
       „Genau weiß ich es auch nicht“, antwortete Chester nachdenklich. „Meines Wissens gab es auf dem Castle zwei Mädchen. Eines war Barbara, das war die Jüngere, das Nesthäkchen, von allen geliebt und verhätschelt. Die andere, ich weiß nicht, wie sie geheißen hat, fühlte sich in diesen alten Mauern nie zuhause und ließ sich mit einem Stevenson ein. Ich kann dir leider nicht sagen, welcher es war.“
       „Stevenson?“, wiederholte Melanie überrascht. „Daisy, die kleine Schwester meines Arbeitgebers Laird McGregor, ist mit Thomas Stevenson verheiratet.“
       Wie vom Donner gerührt stand Chester da und schaute sie schweigend an. In seinem Gesicht arbeitete es.
       „Was ist?“
       Er schüttelte den Kopf. „Es gibt auch eine Prophezeiung. Wenn einen Stevenson dasselbe Unglück trifft wie jemanden aus der Familie der Mac Pies, dann wird der Fluch aufgehoben.“
       Melanie wurde ganz kalt. Fast hatte sie das Gefühl, in einem Alptraum zu sein, aus dem sie nicht entrinnen konnte. Doch dann siegte ihr gesunder Menschenverstand. Sie lächelte. „Genug von diesen Schauergeschichten. Ich wüsste nicht, was für ein Unglück Thomas Stevenson treffen sollte“, sagte sie entschieden. „Er ist sehr glücklich mit Daisy, zumindest hat sie es gesagt, und in spätestens fünf Wochen ist er stolzer Vater seines ersten Kindes.“
       „Ich sehe da ebenfalls keinen Zusammenhang“, meinte Chester erleichtert. „Vielleicht sollten wir wirklich dieses traurige Thema ruhen lassen.“ Er versuchte ein Lächeln, das noch etwas verkrampft wirkte.
       „Du hast Recht. Ich würde jetzt gern zum Castle zurückgehen.“
       „Soll ich dich begleiten?“
       Melanie schüttelte den Kopf. „Besser nicht. Aber danke für dein Angebot“, entschied sie nach kurzer Überlegung. „Ich würde gern noch ein bisschen über diesen Mittag nachdenken. Lass uns bis zur Weggabelung zusammen gehen und dann verabschieden wir uns.“
       Das war zwar nicht das, was Chester hatte hören wollen, doch er musste sich ihrer Entscheidung fügen. Also begleitete er sie bis zum Abzweig, der in den Ort Glannagan führte und blieb dann stehen. „Es waren trotz allem wunderschöne Stunden, Melanie. Ich hoffe, du hast es ebenso empfunden.“
       „Das habe ich, Chester, und ich danke dir sehr dafür.“ Sie reichte ihm die Hand.
       „Sehen wir uns wieder?“
       „Das hoffe ich doch“, sagte sie lächelnd. „Ich bin gern mit dir zusammen, du kannst so fesselnd erzählen. Du weißt so viel, und ich möchte so viel wie möglich davon erfahren.“
       „Das ist schön“, gab er zu. „So hab ich wenigstens etwas, mit dem ich dich an mich binden kann. Oder gibt es da noch mehr? Vielleicht magst du mich ja als Mensch, als Mann auch ein bisschen.“ Er wartete gespannt auf ihre Antwort. Doch er wartete vergeblich.
       Melanie schaute ihn nur an und schwieg. Aber sie lächelte. Dann drehte sie sich um und lief eilig davon. Rochester Castle war noch ein ganzes Stück entfernt, und es dämmerte bereits.
     
    * * *
     
       „Wo ist Fever abgeblieben? Ich würde ihn gern, wie früher, in mein Bett mitnehmen, solange Thomas nicht da ist.“ Daisy Stevenson legte das Besteck auf ihren Teller und schaute sich suchend um.
       Fast drei Wochen war sie nun schon wieder zuhause auf Rochester Castle, und noch immer wollte sich dieses Zuhausegefühl, das sie sich erhofft hatte, nicht einstellen. Vielleicht lag das ja daran, dass sie bis jetzt ihren geliebten Freund aus Kindertagen noch  nicht zu Gesicht bekommen hatte. Aber es war Frühling, und das bedeutete für den prächtigen Kater, dass er die meiste Zeit unterwegs war.
       Heute jedoch war ein regnerischer, kalter Tag. Deshalb lag er ausnahmsweise zusammengerollt

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