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So schwer, sich leicht zu fuehlen

So schwer, sich leicht zu fuehlen

Titel: So schwer, sich leicht zu fuehlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Rosenkranz
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fing an zu knurren. Also lief ich in die Küche und bestrich mir ein Brot. Doch irgendwie reichte das nicht. Also kam ein zweites dazu. Und der Kühlschrank war ja auch voll mit so leckeren Dingen, die ich dann nach und nach in mich hineinstopfte. Und wieder verschwand ich danach auf der Toilette, bis ich schließlich kraftlos in mein Bett fiel und aus Frustration weinend einschlief.
    Am nächsten Morgen hatte ich Panik vor dem Schritt auf die Waage. Bei all dem, was ich gegessen hatte, musste ja trotz dem Erbrechen etwas im Körper geblieben sein. Doch ungläubig starrte ich auf den Zeiger der Waage, der sich im Vergleich zum Vortag kein bisschen verändert hatte! Ich stieg nochmals ab und erneut auf die Waage und wollte meinen Augen nicht trauen!
    Ja, das war der Start in ein neues Leben!
    Tagebucheintrag vom 31. Januar 2000
    Ich wünschte, ich wäre frei von meinen Essstörungen.
Zum Kotzen
    Auch wenn ich mich anfangs dagegen gesträubt hatte und es ziemlich eklig fand, hatte mich die Art, sein Gewicht zu halten oder abzunehmen, indem man sich den Finger in den Hals steckt und das Gegessene wieder erbricht, nun auch in den Fängen. Doch die Bulimie ist eine Krankheit, die einen innerlich zerfrisst. Sie begleitet einen überall hin, und es gibt auch keine Pause von ihr.
    Nach jedem Essen flüstert sie in dein Ohr: „Lass uns auf Toilette gehen. Merkst du nicht, dass du zu viel gegessen hast?“
    Es war ein schrecklicher Kreislauf. Einerseits wollte ich versuchen, normal zu essen. Doch was war schon normal? Ich wusste es nicht mehr. Wenn ich morgens beim Frühstück zum zweiten Brötchen griff, überfiel mich sofort das Gefühl, es sei viel zu viel. Schon in diesem Moment stand für mich dann der Gedanke fest, dass ich danach auf die Toilette gehen würde. Wieso also nicht gleich noch mehr essen? Und wieder war die Grenze überschritten worden ...
    Tagebucheintrag vom 15. Februar 2000
    Mein ganzer Körper zittert. Das kann man wohl sehen. Ich habe es wieder getan. Gestern auch. Ich brauche dringend Hilfe. Kann Gott so gnädig sein und mir helfen? Er ist so gut zu mir, und ich?! Ich fühle mich furchtbar. Wünschte, es wäre das allerletzte Mal gewesen.
    Doch das war es leider nicht.
    Tagebucheintrag vom 7. März 2000
    Papas Geburtstag! Ich kann es nicht anders sagen: Ich habe gefressen! 2  × war ich auf dem Klo! Kann so nicht weitermachen. Hab schreckliche Essstörungen. Ich fühle mich wertlos, und ich schäme mich.
    Zu Hause funktionierte das Ganze ja sehr gut und unauffällig, doch sobald ich unterwegs war, wurde es etwas komplizierter. Oft hungerte ich dann lieber, um unangenehme Situationen zu vermeiden. Erstaunlicherweise konnte ich das nach wie vor gut. „Nein, danke, ich habe keinen Hunger.“
    Doch sobald ich dann nach Hause kam, überfiel mich der Heißhunger. Und wie das endete, muss ich wohl nicht näher beschreiben. Je öfter ich mich dem Teufelskreis von Essensentzug und den unweigerlich folgenden Fressattacken hingab, desto mehr verlor ich den realen Bezug zur Nahrungsaufnahme, den ich ja vorher schon nicht mehr wirklich gehabt hatte – nur eben andersherum, was die Menge anging.
    Die Krankheit bestimmte meinen Tagesablauf. Dies war eine für mich kürzere, aber schlimmere Zeit als die der Magersucht. Körperlich fühlte ich mich viel schwächer, hatte noch extremeres Herzrasen und war ständig aggressiv. Ich hatte immer Angst, meine Mutter würde mir in die Augen blicken und sehen, dass mit mir etwas nicht stimmte. So wich ich ihrem Blick aus und schminkte mich besonders stark.
    Einmal sah mich mein Bruder an und fragte: „Was ist denn mit dir los? Hast du geweint?“
    Meine Antwort war: „Nein, mir ist nur schlecht.“ Oder ich sagte tatsächlich: „Mir geht es nicht gut, ich habe mich übergeben müssen.“ Was ja nicht gelogen war.
    Auch mit dem Sport klappte es nicht mehr, da ich immer Schmerzen in der Magengegend und durchgehend Kopfschmerzen hatte. Außerdem hatte ich ständig diesen widerlichen sauren Geschmack im Mund, den man nach dem Brechen hat. Das war für mich das Zeichen, dass mein Magen nun leer war. Dass ich mich damit krank machte, sah ich nicht.
    Die Bulimie verursacht Herz-Rhythmus-Störungen sowie Hormonstörungen. Beim Erbrechen gelangt Magensäure in die Speiseröhre, was sich nicht nur schrecklich anfühlt und weh tut, es

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