So schwer, sich leicht zu fuehlen
führt zu Sodbrennen und Verätzungen und kann langfristig Speiseröhrenkrebs hervorrufen. AuÃerdem greift die Magensäure die Zähne an und man bekommt Karies. Doch all das war mir nicht klar, und selbst wenn ich darüber Bescheid gewusst hätte, hätte ich es wohl verdrängt.
Einmal waren wir auf einem groÃen Geburtstagsfest eingeladen. Ich war schon vorher total aufgeregt, weil ich Angst vor dem Essen hatte. Doch als ich all die guten Torten sah und mir ständig alle möglichen Leute sagten, wie schlank ich doch geworden sei, dachte ich, dass es sicher in Ordnung sei, was davon zu essen. Aus einem Stück wurden dann mehrere, und während sich die anderen unterhielten, stopfte ich mehr und mehr in mich hinein.
Immer wieder schlich ich um das Kuchenbuffet und schnappte nach kleinen Stückchen, bevor sie mir jemand wegessen konnte. Ich war richtig paranoid. Natürlich folgte sofort das schlechte Gewissen, und ich rannte geradezu auf die Toilette. Es gab dort mehrere Kabinen, und die meisten waren besetzt. Es verging eine Ewigkeit, bis ich endlich allein war und mich übergeben konnte. Es wollte auch nicht so richtig funktionieren, und so fühlte ich mich den Rest des Abends grauenhaft, war genervt und aggressiv.
Ich bekam oft zu hören, dass ich launisch sei. Doch keiner wusste, was wirklich in mir vorging. An diesem Abend hatte ich einfach groÃe Angst, weil ich nicht alles wieder losgeworden war. Ich musste nach Hause, so schnell wie möglich, um auf die Waage zu steigen und mich zu vergewissern, dass ich nicht zugenommen hatte.
Ich hatte keine Ahnung mehr davon, was eine normale Mahlzeit war, und widerstand kaum noch einer Versuchung. Wann hatte ich eigentlich Hunger? Wann war ich satt? Ich wusste es nicht mehr. Ich spürte weder Hunger noch ein Sättigungsgefühl.
Jeden Donnerstagabend war ich bei einer befreundeten Familie zum Babysitten und musste dort auch den Kindern das Abendessen machen. Es gab immer diese leckeren Cornflakes, die ich zu Hause mit meinen Geschwistern teilen musste. Hier war ich allein, und wenn die Kinder im Bett waren, konnte ich mich vor den Fernseher setzen und entspannen. Dabei schob ich mir diese Cornflakes massenweise in den Mund. Jede Woche war es das gleiche Spiel: Ich aà und aÃ, bis ich kurz davor war zu platzen, und dann immer noch eine Schüssel. Wenn dann der Vater der zwei Mädchen wieder nach Hause kam, war mir so übel, dass ich es kaum erwarten konnte, nach Hause zu kommen und alles auszubrechen.
Die körperlichen Beschwerden machten mir sehr zu schaffen. AuÃerdem war ich sehr beunruhigt von dem Gedanken, dass ich die Macht über meinen Körper verloren hatte. Ich wollte sie zurückgewinnen, und das ging meiner Meinung nach nur mit Disziplin. Doch die war mir irgendwie abhanden gekommen.
AuÃerdem nahm ich durch das Brechen nicht wirklich ab. Ich konnte zwar essen, so viel ich wollte, und nahm nicht weiter zu, aber das reichte mir nicht. Ich war immer noch recht pummelig. Tatsächlich ekelte mich vor mir selbst. Wenn ich in den Spiegel blickte, sah ich nur noch meine dicken Wangen und mein Doppelkinn. Ich schämte mich so sehr dafür! Wie konnte es sein, dass ich mich so hatte gehen lassen? Es war doch gar nicht lange her, als ich noch magersüchtig gewesen war! Da hatten mich die Menschen für meine Disziplin bewundert, und jetzt?
Ich hatte zwar sehr viele männliche Freunde, doch die sahen mich alle nur als tollen Kumpel, weil man mit mir auch FuÃball spielen und allen möglichen Quatsch machen konnte. Einmal nahmen mich einige Jungs mit auf eine Geburtstagsparty. Ich kannte das Geburtstagskind nicht, wusste aber, dass alle das Mädchen total hübsch fanden. Deswegen fuhren wir auch zwei Stunden, um auf diese Party zu gehen. Ich wollte erst nicht mit, entschied mich dann aber doch, mitzugehen.
Kurz vor der Ankunft meinte einer der Jungs: âNa, Dickerchen, freust du dich schon? Gleich gibt es Kuchen.â
Ich war so verletzt und wütend! Ohne zu überlegen holte ich aus und verpasste ihm eine Ohrfeige, die so laut knallte, dass sich alle umdrehten. Auf seinem Gesicht war ein deutlicher Abdruck meiner Hand zu sehen, und Tränen schossen ihm in die Augen.
Ich funkelte ihn an und meinte: âSag so etwas nie wieder!â
Das ist sicher nicht die feine Art von mir gewesen, doch ich war so wütend, dass es einfach so passierte. Ich hoffe, er hat seine
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