So schwer, sich leicht zu fuehlen
lieben.
Sie sollen sich ruhig wieder wundern, wie wenig ich esse. Viel Sport und kaum essen. Diät mit Fun! (???)
Tagebucheintrag vom 10. Januar 1998
Mit der Diät hat es noch gar nicht geklappt. Doch das soll sich bald ändern! Es wird klappen! Alle wissen, dass ich es kann und ich habe genügend Gründe. Ich trau mich ja kaum noch unter die Leute.
Tagebucheintrag vom 1. Februar 1998
Ich fühle mich schrecklich. Eigentlich sollte ich mich freuen, denn ich habe tatsächlich mal einige Verehrer! Aber plötzlich bin ich wieder die Dicke! 68,5 kg!!! Unglaublich! Ich muss abnehmen, sonst liebt mich sicher niemand mehr! Sogar meine Oma hat zu mir gesagt, dass ich dick geworden sei! Auch wenn ich meine Eltern wieder damit erschüttern muss, es muss einfach sein! Ich habe sogar versucht, den Finger in den Hals zu stecken, aber es klappt nicht. Ich weiÃ, es ist nicht gut, aber ich kann nicht mehr.
Tagebucheintrag vom 11. Februar 1998
Bis jetzt hab ich es nicht geschafft, abzunehmen. Aber was sollâs, ich habe gleich mehrere Verehrer, auch wenn ich mir das nicht erklären kann. Das tröstet mich. Ich muss nur lernen, damit umzugehen.
Tagebucheintrag vom 6. März 1998
Ich hab endgültig die Nase voll. Ich nehm ja nur noch zu! Brauche gar keine Mager-Vorbilder, ich habe mich ja selbst als Vorbild.
Doch es half alles nichts. Ich brachte die Disziplin von damals einfach nicht mehr auf, und mein Gewicht schoss weiter in die Höhe! Unglaublich weit in die Höhe ...
Tagebucheintrag vom 16. Februar 1999
Heute habe ich wieder mit dem Trainieren im Fitnessstudio angefangen. War echt gut! Ich muss abnehmen! War schon auf 81,5Â kg! Heute bin ich auf 78,5Â kg.
Klassentrend Bulimie
Zu diesem Zeitpunkt zogen wir in eine andere Stadt, was ganz gut war für mich, da ich noch einmal neu anfangen konnte!
Ich war froh, dass bei meinem Anblick keiner mehr sagte: âBoah, du hast aber wieder ganz schön zugenommen!â Hier kannte man mich nicht anders. Ich schämte mich so sehr dafür, dass ich wieder dick war, und wenn ich in der Stadt Leuten begegnete, die ich kannte, ging ich ihnen grundsätzlich aus dem Weg, oder ich schaute einfach weg.
Am neuen Wohnort besuchte ich die sozialpädagogisch-hauswirtschaftliche Berufsschule. Okay, mit Hauswirtschaft konnte ich wirklich nicht viel anfangen. Ganz sicher wird man es nie erleben, dass ich an der Nähmaschine sitze. Es ist schon fast so, als würde ein Blick von mir genügen, um dieses Gerät kaputt zu machen. Auch wie ein Kühlschrank oder eine Herdplatte funktioniert, interessiert mich reichlich wenig. Jedem das seine, doch ich hatte wirklich keine Lust, mich mit solchen Themen zu beschäftigen.
Nun kam ich also in eine ganz neue Klasse, und gleich am ersten Tag befreundete ich mich mit Estelle. Sie war etwas älter als ich, hatte schon einen kleinen Sohn und eine ebenso groÃe Klappe wie ich. Glücklicherweise konnte sie mit den hauswirtschaftlichen Fächern genauso wenig anfangen wie ich. Grundsätzlich waren wir gute und beliebte Schülerinnen, und bis heute bin ich meiner Lehrerin dankbar dafür, dass sie mir meine Ausreden und regelmäÃigen âKopfschmerzenâ abnahm (natürlich hatte ich die immer nur donnerstags, wenn Nähen auf dem Stundenplan stand). Sobald eine von uns vor ihr stand, um ihr das neueste Märchen von einem geschwollenen Daumen oder einer Sehnenscheidenentzündung zu erzählen, machte sich die andere schon bereit, um gleich im Anschluss ihr Leid zu klagen.
Mit meinen Pfunden war auch meine gute Laune wieder zurückgekehrt, und ich war wieder ganz die alte Déborah, die meine Familie so vermisst hatte! In der Schule bekam ich viel Bestätigung, ich war Klassenbeste, und auch die Freundschaft mit Estelle gab mir viel Halt.
Doch einen Faktor hatte niemand vorausahnen können, und der war ganz fatal: Ich war in einer Klasse gelandet, in der ungefähr 40 % der Schülerinnen an einer Essstörung litten, was für mich nicht gerade hilfreich war. Ich werde nie vergessen, wie ich einmal nach dem Kochunterricht die Toilette aufsuchte und von allen Seiten von Würgelauten überrascht wurde, die mein Leben bald auch begleiten würden.
Ich hatte mich schon oft gefragt, wie die Mädchen alle so schlank blieben, obwohl sie so viel ungesundes Zeug in sich hineinstopften. Tja, jetzt wusste ich es: Sie litten an Bulimie und gingen nach
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