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So schwer, sich leicht zu fuehlen

So schwer, sich leicht zu fuehlen

Titel: So schwer, sich leicht zu fuehlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Rosenkranz
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richtig, warum.
    Tagebucheintrag vom 12. November 2000
    Ja, der heutige Sonntag soll mir eine Lehre sein! Wie schon so oft habe ich wieder den ganzen Tag gefressen! Das geht doch nicht! Jetzt ist eine Diät fällig! Angefangen mit einem Apfeltag. Es ist unverantwortlich, so viel zu essen! Ich mache ja nichts anderes mehr!
    Tagebucheintrag vom 14. November 2000
    Oh Gott, hilf mir bitte! Allein schaff ich es nicht!
    Tagebucheintrag vom 21. November 2000
    Wer bin ich eigentlich und wer braucht mich schon? Ja, ich bin anstrengend und ungeduldig. Deshalb sitze ich jetzt auch nicht mehr am Tisch bei den anderen. Und kaum bin ich weg, lachen sie wieder. Es wird für sie wohl schöner sein, wenn ich wegziehe ...

Die unsichere Flugbegleiterin
    2001 – Ein neues Jahr! In diesem Jahr wurde ich als jüngste Flugbegleiterin der Crossair in Basel ausgebildet. Das Ganze war für mich unglaublich, da ich nie gedacht hätte, dass sie mich nehmen würden!
    Der Bewerbungstag war total aufregend gewesen. Auf der Hinfahrt war mir so schlecht vor Nervosität, dass ich am liebsten wieder nach Hause gefahren wäre. Ich fühlte mich unfähig und hatte panische Angst. Mit mir wurden noch weitere acht Bewerber unter die Lupe genommen, und so verbrachten wir den ganzen Tag gemeinsam. Ich war ganz schön eingeschüchtert! Die sahen alle so perfekt aus, und teilweise hatten sie sogar schon uniformähnliche Kleidung an.
    Der Tag bestand aus mehreren Testrunden, von Erster Hilfe über Sprachtests bis hin zu einem Kurzreferat. Wir wurden zum Erste-Hilfe-Test einzeln in einen Raum gerufen, in dem wir bei einer Puppe eine Herzmassage durchführen mussten. Nach meinem Versuch, diese Puppe wiederzubeleben, meinte der Arzt grinsend: „Déborah, den Menschen hättest du wiederbelebt, ihm dafür aber sämtliche Rippen gebrochen!“
    Zum Abschluss dieses langen Tages musste jeder Bewerber einen Zettel aus einer kleinen Box ziehen, um dann einen Vortrag über das darauf beschriebene Thema zu halten. Mein Satz lautete: „Eine Flugbegleiterin wird dafür bezahlt, gut auszusehen und immer zu lächeln. Was halten Sie davon?“
    Da ich dachte, dass ich sowieso schon verloren hätte, quatschte ich einfach drauflos. Ich erzählte den Prüfern, dass es ein Lebensstil sein sollte, immer freundlich zu anderen Leuten zu sein, und dass das für mich nichts mit dem Job zu tun habe. Damit hatte ich wohl ordentlich gepunktet, denn sie schickten bis auf eine Mitbewerberin und mich alle unter dem Vorwand nach Hause, sie müssten noch mein Französisch testen. Mein Französisch? Seltsam, ich bin doch halbe Französin!
    Doch kaum waren die anderen weg, wurde ich gebeten, den Vertrag zu unterschreiben! „Déborah, du wirst Flugbegleiterin!“
    Ich war mit meinen 17 Jahren die Jüngste von allen und musste mir noch eine Sondergenehmigung erteilen lassen, um den Führerschein verfrüht machen zu dürfen. Mit dem Auto meiner Eltern und dem Führerschein in der Tasche fuhr ich die für mich sehr weite Strecke vom Bodensee nach Basel, um meinen Job bei der Airline anzutreten.
    Die Ausbildung machte mir total viel Spaß, und ich liebte diesen Beruf! Auch wenn ich vorher erst einen Flug in meinem Leben erlebt hatte. Na ja, und diesen einen Flug hatte ich fast komplett auf der Toilette verbracht, weil mir so schlecht war. Aber das musste ja keiner erfahren!
    In meiner Lehrzeit erlebte ich viele spannende Momente und Situationen und genoss jeden Tag. Auch wenn die Kollegen, besonders die Piloten, sich immer wieder einen Spaß mit den Neuen erlaubten.
    Zu einer Kollegin sagten sie einmal kurz vor der Landung: „Wir haben ein Problem, das Fahrwerk will irgendwie nicht rauskommen. Du musst dich in die Mitte des Flugzeugs stellen und kräftig auf und ab springen, damit es sich löst.“ Und sie tat es wirklich! Uh, war das peinlich.
    Nach erfolgreich bestandener Prüfung wurde ich also auf das aufregende Leben einer Flugbegleiterin losgelassen! Immer wieder hieß es Koffer packen und viel Zeit in Hotels verbringen. Viel Zeit, um sich mit den anderen Flugbegleiterinnen zu vergleichen. Zu viel Zeit.
    Meine Komplexe wurden wieder stärker, besonders wenn ich die hübschen Schwedinnen sah, die saisonweise bei uns arbeiteten. Ich war schrecklich eifersüchtig auf sie. Die Piloten waren total fixiert auf diese Aushilfen, und mein Selbstbewusstsein litt immer mehr.

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