So schwer, sich leicht zu fuehlen
Anrufe in die Türkei getätigt, und da der Vertrag auf meinen Namen lief, hatte man das Geld von mir einfordern wollen. Sie war längst über alle Berge, unerreichbar!
Mein Magen zog sich zusammen, Tränen stiegen mir in die Augen, und ich war so sauer auf alles und jeden! Wieso ich? Wieso jetzt? Hatte ich es nicht verdient, einfach mal glücklich zu sein? War es nicht genug, dass ich neben dem Studium kellnern musste, um mir den Aufenthalt hier zu finanzieren? Es gab Tage, an denen ich extra früher zur Arbeit ging, in der Hoffnung, dort gratis etwas zu essen zu bekommen, da der Kühlschrank komplett leer war und ich keinen Cent mehr hatte.
Total bedrückt ging ich an diesem Mittwochmorgen in den Unterricht. Der Unterricht begann immer mit ein paar Liedern und einer kurzen, ermutigenden Message. Während wir da standen und sangen, drehte sich einer meiner Mitstudenten um und sagte: âDéborah, ich habe das Gefühl, als könntest du das gebrauchen. Es ist nicht viel, und ich weià nicht wieso, aber ich glaube, ich soll dir das geben. Nimm es bitte.â Und er steckte mir hundert Dollar zu.
Was hatte das zu bedeuten? Ich erzählte in der Pause den anderen, was mir passiert war und dass ich mein Studium nun wohl würde abbrechen müssen. Die prompte Reaktion von allen Seiten war: âNein, Déborah! Du bist nicht grundlos hergekommen. Wir stehen hinter dir, und du wirst bleiben. Keine Widerrede!â
Gut, das war ja wirklich sehr lieb von ihnen, aber woher sollte ich die Kohle nehmen, um die Handyrechnung zu bezahlen und meinen Aufenthalt hier weiter zu finanzieren?
Es war auch Teil des Studiums, dass wir jeden Mittwochnachmittag in sogenannten Street Teams loszogen, um den Menschen in der Nachbarschaft zu helfen. Wir machten wirklich alles, von Geschirr spülen bis hin zum kompletten Entrümpeln der Wohnung. Es gibt Menschen, die hausen in Zuständen, wie man sie sich nicht vorstellen kann! Es gefiel mir nicht besonders, im Dreck anderer Leute rumzuwühlen.
Meinen ersten Tag mit den Street Teams werde ich nie vergessen. In High Heels und schicken Klamotten kam ich in eine völlig verwahrloste Wohnung und musste mit meinen frisch manikürten Nägeln die Müllsäcke hinaustragen ... doch zu sehen, eine wie groÃe Freude man den Menschen damit machen konnte, das war unbeschreiblich. Kein Glück der Welt kann dieses Gefühl widerspiegeln!
Ich hatte mich im Laufe der Zeit sogar zur Leiterin eines dieser Teams hochgearbeitet. Doch an jenem Tag war mir wirklich nicht nach Helfen zumute. Wer würde sich denn mal um mich kümmern?
Selbst heute noch klingt es für mich total surreal, doch an dem Tag trafen wir auf der StraÃe eines der Mädchen, die sonntags mit uns im Chor sangen. Ich hatte nur selten mit ihr gesprochen, und nun trafen wir uns hier, irgendwo in Sydney. Wir waren nicht zu übersehen in unseren neon-orangen Street Team -Shirts.
âDéborah, ich habe von deiner Story gehört. Hier, nimm das. Glaub mir, du bist dazu bestimmt, hierzubleiben!â
Ich öffnete den Umschlag, den sie mir überreichte. Darin waren tausend Dollar! Im Laufe der Woche erlebte ich noch mehr solcher Wunder. Einmal fand ich einen Brief im Briefkasten, ohne Absender. Der Inhalt war ein Bündel Geldscheine. Meine wundervolle Freundin Shannon wollte auch nicht, dass ich zurückfliege. Auch sie half mir enorm weiter, indem sie für vier Monate meine Miete übernahm. Ich hatte eigentlich gar keine Wahl, als zu bleiben!
Ãber ein Jahr verbrachte ich also in Australien. Es wurde eine sehr intensive Erfahrung, die mich und mein Leben auf den Kopf stellte, im positiven Sinne. Ich wuchs und reifte in meinem Charakter und lernte wertvolle Menschen kennen. Auch begann ich endlich zu lernen, mich selbst zu lieben und zu akzeptieren. Mein Blick wurde in eine andere Richtung gerichtet. Es war hier nicht wichtig, wer die Schönste war, sondern es ging um Gott und seine Liebe zu uns. Ich wurde wahrgenommen und geliebt, und zwar nicht wegen meinem Aussehen, sondern einfach, weil ich ich war. Langsam wurde ich wieder die echte Déborah, die sich nicht verstecken musste, sondern einfach bei sich selbst zu Hause war!
Im Rahmen des Studiums bekam ich Gesangsunterricht bei einem französischen Opernsänger. Er war so ein toller Mensch. Ich konnte mit ihm nicht nur über Stimmbildung und Musik sprechen, sondern auch über meine Komplexe
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