So sinnlich wie dein Kuss
bestätigte Cynthia. „Wir sind sehr stolz auf unseren Kellermeister Ethan und seine Arbeit.“ Dabei warf sie Judd einen vorwurfsvollen Blick zu, der ihm sagte, dass sein Cousin ihr offenbar bereits von ihrem Streit berichtet hatte.
„Ja, sind wir“, bestätigte er grollend. Dann holte er Anna ein Glas Wein und stellte sie Cynthias zwei älteren Brüdern und schließlich Ethan vor.
Als der sich erhob und sie willkommen hieß, sträubten sich Judds Nackenhaare.
Irgendwie musste ihn seine Miene verraten haben, denn Ethan sah ihn aufmerksam an und wandte sich dann wieder Anna zu. Er sagte etwas zu ihr, was sie zum Lachen brachte.
Ausgerechnet Ethan!
Judd presste die Zähne zusammen. Auf keinem Fall wollte er seinem Cousin eine Angriffsfläche bieten. Daher wandte er sich Tamsyn, Ethans Schwester, zu, die gerade hereinkam.
„Wie ich sehe, hat sich unser neuer Gast schon eingelebt“, sagte sie, nahm ihm das Weinglas aus der Hand, aus dem er noch nicht getrunken hatte, und nippte daran. An ihrem Finger funkelte ihr neuer Verlobungsring. „Mmh, ein guter Wein. Schenkst du mir ein Glas ein?“
„Behalte meins.“
„Danke.“ Tamsyn lächelte ihm zu.
„Kommt dein Verlobter heute nicht?“
„Nein, er ist noch in der Stadt. Er hat viel zu tun.“ Mit ihren warmen braunen Augen sah sie ihn aufmerksam an. „Du wirkst angespannt. Alles in Ordnung?“
Er zwang sich zu einem Lächeln. Tamsyn merkte immer, was mit ihm los war.
„Ja, alles klar. Aber noch besser wäre es, wenn dein Bruder sich so um Markttrends kümmern würde wie um unsere Gäste.“
Tamsyn lachte. „Du weißt doch, wie er ist! Die Marktsituation interessiert ihn herzlich wenig. – Aber was unseren Gast angeht …“ Sie wies mit dem Kinn auf Anna. „… brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Ethan steht auf Blond, und seine schöne brünette Gesprächspartnerin schaut ständig in deine Richtung. Kennt ihr euch schon?“
Er nickte und betrachtete wohlgefällig Anna. Als sie tatsächlich zu ihm hersah, lächelte er zufrieden. „Weißt du, was sie in Adelaide macht?“, fragte er Tamsyn.
„Nein, aber sie ist nur vier Tage hier. Du musst dich also beeilen“, antwortete sie und lächelte vielsagend.
Er lachte. „Dann darf ich keine Zeit verlieren. Entschuldige mich bitte.“
Ohne Tamsyns Erwiderung abzuwarten, durchquerte er den Raum und stellte sich neben Anna.
Sie sah ihn an und lächelte.
„Es muss Spaß machen, in einer so großen Familie zu arbeiten“, sagte sie. „Ethan hat mir erklärt, wer hier welche Aufgaben hat.“
„Klar, es hat seine Vorteile … Aber sagen Sie, was haben Sie denn die nächsten Tage so vor? Zufällig habe ich zurzeit nur wenig zu tun. Ich würde mich freuen, Ihnen die Gegend zu zeigen.“
Anna zwang sich, gelassen zu bleiben. Genau auf eine solche Gelegenheit hatte sie gewartet. Wenn sie Zeit mit Judd Wilson verbrachte, ließ sich am besten mehr über ihn herausfinden.
Zwar hatte Charles ihr geraten, einfach einen Termin zu vereinbaren, um ihm den Brief zu übergeben. Den brisanten Brief, von dem sie das Gefühl hatte, dass er ein Loch in ihre Handtasche brannte.
Aber es erschien ihr weiser, Judd erst näher kennenzulernen. Denn nur so würde sie seine Reaktion einigermaßen einschätzen können. Charles hatte in seinem Leben schon genug Enttäuschungen erlebt. Wenn es nach ihr ging, sollte er einen ruhigen Lebensabend verbringen und nicht unnötig belastet werden.
Dem alten Mann bedeutete es alles, Kontakt zu Judd aufzunehmen und sich mit ihm zu versöhnen. Eine Ablehnung würde er nicht verkraften.
Sie war die Einzige, der er unter dem Siegel der Verschwiegenheit alles erzählt hatte. Nicht einmal seiner Tochter Nicole durfte sie etwas davon sagen.
Als Charles krank geworden war, hatte Nicole schrittweise die Leitung der Firma übernommen. Sie war Annas beste Freundin. Sie arbeiteten nicht nur zusammen, sie wohnten auch unter demselben Dach. Es tat weh, die Freundin nicht einweihen zu dürfen. Anna kam sich deshalb wie eine Verräterin vor.
Aber sie tat es für Charles. Er verdiente es, dass sein verlorener Sohn zu ihm kam. Nur war sie sich noch nicht im Klaren, wie sie das am besten anstellen sollte.
Das Vorhaben etwas hinauszuzögern erschien ihr als eine gute Lösung. Nur würde es sicherlich schwierig werden, Judds Anziehungskraft dauerhaft zu widerstehen …
Sorgfältig wählte sie ihre Worte. „Sie möchten mich wirklich herumführen? Das wäre toll! Ich möchte Sie aber nicht
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