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So sollst du schweigen: Roman (German Edition)

So sollst du schweigen: Roman (German Edition)

Titel: So sollst du schweigen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clara Salaman
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sind.«
    Mittlerweile sah er mir direkt ins Gesicht, und ich erkannte, dass er seine Worte aufrichtig meinte. Jedes einzelne davon. Ich liebte ihn unendlich dafür, dass er mich nicht weiter mit Fragen quälte.
    »Ich fand alle nett, die ich kennengelernt habe«, fuhr er fort. »Sie sind ein bisschen … abgedreht, nein, das ist nicht das richtige Wort dafür … sondern eher … ein bisschen verträumt … nicht ganz von dieser Welt, aber das ist in Ordnung. Dieser Cameron – ich wäre stolz, einen Sohn wie ihn zu haben. Hör zu, Baby, ich weiß, dass du irgendetwas echt Schräges dort durchgemacht hast, aber wenn am Ende in dieser Schule solche Kinder herauskommen, machen sie ihre Sache richtig. Deshalb geht es ihr dort bestimmt gut.«
    Ich schnippte meine Asche ab und ließ den Kopf gegen seine Schulter sinken. Vielleicht war das ja genau die Art, wie andere Paare lebten. Keine Geheimnisse voreinander. Na gut, eins oder zwei vielleicht. Mein Blick blieb an der Playstation hängen – seine Spieler standen alle fein säuberlich aufgereiht.
    »Joe?«, sagte ich. »Hast du etwa das gesamte West-Ham-Team vernichtet?«
    »Sind sie nicht sensationell?« Er legte mir den Arm um die Schultern, während ich lächelnd die Augen verdrehte.
    »Hey«, meinte er, »wie wär’s, wenn wir nach oben gehen, du und ich, du ziehst dir mein West-Ham-Shirt an – es ist auch ganz sauber, versprochen – ein hübsches Spitzenhöschen, Netzstrümpfe, nette High Heels und dann …«
    Ich lachte.
    »Du weißt genau, dass du es auch willst, Lol«, sagte er und begann meinen Hals zu küssen.
    Und genau das taten wir auch. Ich will damit nicht sagen, dass ich mich wie eine Nutte anzog, aber wir gingen tatsächlich nach oben und hatten Sex, netten und vertrauten Sex. Ich fand es erstaunlich befriedigend, zwei Liebhaber zu haben.
    »Oh, bevor ich es vergesse, Megan hat angerufen und uns für Freitag zum Abendessen eingeladen. Ich habe zugesagt«, meinte er später, noch immer im Bett, während ich zwischen den Laken nach meinem Höschen suchte und Tilly sich zum wiederholten Mal gegen die Tür warf.
    Was? Schlagartig begannen sämtliche Alarmglocken zu schrillen.
    Ich zögerte den Anruf so lange hinaus, bis Joe das Zimmer verlassen hatte. Da Megan nicht an ihr Handy ging, musste ich sie auf der Festnetznummer anrufen und konnte nur hoffen, dass Steinberg nicht zu Hause, sondern bei irgendeiner Veranstaltung der Organisation war.
    Aber nein, er ging an den Apparat. »Hallo?«
    Logischerweise hatte er nicht mit meinem Anruf gerechnet und meldete sich mit seiner Glücklich-verheirateter-Familienvater-Stimme.
    Joe schlenderte in Boxershorts und T-Shirt durchs Wohnzimmer. Einen Moment lang überlegte ich, ob ich lieber auflegen sollte, gelangte jedoch zu dem Schluss, dass es viel zu peinlich wäre, wenn Steinberg die Rückruftaste drücken würde. Diese Heimlichtuerei war widerwärtig.
    »Hi, Steinberg«, sagte ich und registrierte, wie er kaum hörbar den Atem einsog. »Nate!«, fügte ich um Joes willen hinzu, was eine Liebesgabe sondergleichen darstellte. »Wie geht’s?«
    »Caroline!«, erwiderte er. Sein intimer und zugleich förmlicher Tonfall verriet mir, dass Megan in der Nähe war.
    »Es geht um nächsten Freitag. Wir können leider nicht.«
    »Moment«, sagte er. »Ich gebe dir Megan.«
    »Okay. Bis dann.«
    Unser Gespräch verlief entsetzlich steif. Im Hintergrund hörte ich Megan sagen, sie gehe oben im Schlafzimmer ran, so dass er gezwungen war, noch einen Moment länger mit mir zu reden. Keiner von uns sagte etwas, doch ich spürte seine Anwesenheit überdeutlich in der Leitung. Joe schnappte sich die Zeitung und drückte mir im Vorbeigehen einen Kuss auf die Schulter, ehe er den Raum verließ.
    »Caroline!«, hörte ich Megan in diesem Moment sagen. »Nate! Du kannst auflegen!«, rief sie dann.
    Ich hörte ein Klicken in der Leitung und stellte mir ihr Haus, ihr Schlafzimmer, ihre Telefone vor.
    »Hi, Süße«, sagte Megan.
    »Wir können am Freitag nicht kommen.«
    »Was? Joe hatte aber zugesagt. Wieso denn nicht?« Sie klang unverhältnismäßig enttäuscht.
    »Oh, ich habe schon einer Arbeitskollegin versprochen, mit ihr ins Kino zu gehen.«
    »Sag ab! Caroline, ihr müsst kommen! Ich muss mit dir reden!« Sie tat so, als wären wir die dicksten Freundinnen. Als wären die letzten fünfundzwanzig Jahre bedeutungslos, als hätte sie irgendein Recht darauf, mich zu sehen.
    »Worüber denn?«, fragte ich und sah quer durch den

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