So still die Nacht
sein Haar ihre Wange streifte.
»Mina …« Er strich mit den Knöcheln über ihre Wange … ihren Hals …
Sie wollte schmelzen, wollte am liebsten seine Liebkosung zulassen, seinen Kuss, sich von ihm besitzen lassen. Aber sie konnte nicht. Er trachtete danach, sie durch Begehren zu kontrollieren. Sicher hatte er im Laufe seiner Existenz jede Menge Übung mit anderen Frauen gehabt – sogar mit anderen Ehefrauen . Mit hämmerndem Herzen kämpfte sie sich frei – nur weil er, das wusste sie, es gestattete – und versteckte sich unter der Decke, um kurz darauf auf zitternden Beinen neben dem Bett zu stehen. Sie zwang sich dazu, ihren Verstand unter Kontrolle zu bringen.
»Ich hatte eigentlich angenommen, dass du nicht zurückkehren würdest.«
»Warum hätte ich das nicht tun sollen?« Er presste die Decke auf seine Hüfte und rollte sich zur Seite. Geschmeidig und muskulös, wirkte er wie ein sinnlicher, fordernder Herrscher in ihrem Bett. Seine blauen Augen loderten von Hitze. »Du wirst doch nicht wegen einer Kleinigkeit wie Unsterblichkeit einen Keil zwischen uns treiben, oder? Wir sind verheiratet, Mina.«
»Sag das nicht«, zischte sie. Ihre Augen weiteten sich. »Wir sind nicht verheiratet. Nicht wirklich.«
Mit bebenden Nasenflügeln stützte er sich auf einer Hand ab. Die Muskeln in seinem Unterleib verlängerten und dehnten sich. »Doch, das sind wir.«
Ihr Mund war staubtrocken. »Ich habe dich unter Vorspiegelung falscher Tatsachen geheiratet.«
»Welcher falscher Tatsachen?«
»Man hat mich glauben machen, ich würde einen Mann heiraten«, gab sie zurück.
»Ich bin ein Mann.« Gefahr lauerte in den Tiefen seiner Augen. »Ich kann es auch beweisen … wenn du nur ins Bett zurückkommst.«
Alles an ihm faszinierte sie. Die Art, wie er sie ansah, die Art, wie er ihren Namen aussprach. Gott, sie verzehrte sich nach ihm.
»Du bleibst da «, befahl sie.
Sie musste etwas Abstand gewinnen und ihre Verteidigung stärken. Sie entfloh ins Ankleidezimmer und machte sich schweigend – hektisch – daran, sich anzukleiden. Die Erinnerung an ihr leidenschaftliches Vorspiel in der Nacht zuvor ließ ihr Blut aufs Neue in Wallung geraten. Sie war für ihn nichts gewesen als eine Strategie, eine Strategie, um an ihren Vater und die Schriftrollen heranzukommen. Sie kannte den Mann auf der anderen Seite der Tür nicht einmal. Er war ein Fremder.
Sie nahm an, dass sie zittern sollte – weinend, am Boden zerstört und voller Angst. Aber im Laufe der letzten drei Monate hatte sie sich auf alles gefasst gemacht. Selbst auf dies, wie es schien.
Sobald sie angekleidet war, nahm sie sich einen Moment Zeit, um sich zu wappnen, bevor sie den Türgriff drehte. Als sie das Zimmer betrat, fand sie ihn aufrecht auf der Matratze sitzend, die Arme über den gebeugten Knien verschränkt. Die Decke hing tief über seinen nackten Hüften. Wie sollte sie nachdenken, wenn er sich so präsentierte?
»Warum hast du dich nicht angezogen?«, fragte sie scharf.
»Du hast mir gesagt, ich solle hierbleiben.«
Sie deutete auf das Ankleidezimmer. »Dort hinein, wenn du so freundlich sein möchtest.«
»Da ist jemand an der Tür.« Er legte lässig den Kopf schräg.
»Ich habe niemanden klopfen hören.«
Ein Klopfen kam von der Tür.
Anscheinend konnte er durch Holz sehen … und wahrscheinlich auch durch ihre Kleider.
Sie verschränkte die Arme über den Brüsten. »Ist es jemand, über den ich mir Sorgen machen sollte?«
Ein bizarres Bild erschien vor ihrem geistigen Auge, eins von Lucinda, die auf der anderen Seite wartete, mit rollenden Augen und wildem Haar. Angesichts der Ereignisse der vergangenen Nacht konnte sie dies nicht gänzlich ausschließen. Ein schiefes Lächeln umspielte seine Lippen. »Ich glaube, es ist Kaffee. Während du dort drin warst, habe ich ihn durch das Sprechrohr in die Küche bestellt. Das ist wirklich bequem.«
Mina riss den Stuhl unter der Klinke weg und öffnete langsam die Tür. Genau wie Mark vorhergesagt hatte, hielt das Dienstmädchen für die obere Etage ein silbernes Tablett in den Händen, auf dem ein vollständiges Frühstücksgedeck für zwei Personen stand, mit Toast, Schinken und Würstchen, die heute Morgen allerdings nur Minas Magen beleidigten. Das Mädchen machte einen Knicks.
»Guten Morgen und herzlichen Glückwunsch zu Ihrer Hochzeit, Lady Alexander. Seine Gnaden haben Kaffee bestellt«, sagte das Mädchen. »Ich sehe, Sie sind bereits angezogen. Brauchen Sie vielleicht
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