Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
So still die Toten

So still die Toten

Titel: So still die Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Burton
Vom Netzwerk:
gebundenen Wälzern vollgestopft. Stattdessen befanden sich dort ein paar Stücke aus dem Museum ihres Vaters sowie Familienfotos von Eva und ihrer Mutter und auch einige von ihrem Vater, Frank Carlson. Angie hatte ihr kühles, nordisches Aussehen von Frank geerbt, wohingegen Eva ihr dunkles, zigeunerhaftes Äußeres von ihrem Vater Blue Rayburn hatte.
    Angie zog ihren Mantel aus, hängte ihn an den Haken hinter der Tür und bedeutete Eva mit einer Handbewegung, in einem der Ledersessel vor ihrem Schreibtisch Platz zu nehmen.
    Angie setzte sich in den Sessel neben Eva. »Also, erzähl mir von dieser Frau.«
    Eva strich mit den Händen über ihre Jeans. »Eigentlich kennst du sie.«
    »Wirklich?«
    »Sie heißt Lulu Sweet.«
    Angie lehnte sich zurück. Sie kannte Lulu Sweet sehr gut. Im Fall Dixon war sie die Hauptzeugin der Anklage gewesen. Sie war die Prostituierte, die Dixon bezahlt und dann brutal misshandelt hatte.
    Nachdem er ihr beinahe zwei Stunden lang auf übelste Weise zugesetzt hatte, hatte er der halb bewusstlosen Frau gesagt, er müsse aufhören. Er wolle nicht, dass sie jetzt schon sterbe.
    In einem Anfall von Panik war es ihr irgendwie gelungen, die Nachttischlampe zu packen und sie ihm auf den Kopf zu schlagen. Er war lange genug bewusstlos gewesen, dass sie nackt auf die Straße rennen und um Hilfe rufen konnte.
    »Was will Lulu?«
    »Sie will, dass du sie vertrittst.«
    »Wirklich? Man sollte meinen, ich wäre der letzte Mensch, den sie sich als Anwältin wünscht.«
    Evas Lippen kräuselten sich zu einem kleinen Lächeln. »Sie hat gesagt, und ich zitiere wörtlich: ›Ich will, dass deine Schwester mich vertritt, weil es auf der ganzen Welt kein gemeineres Miststück gibt.‹«
    Anstatt beleidigt zu sein, lachte Angie. »Das hat sie gesagt?«
    »Genau so.«
    Als Frau hatte Angie Mitleid mit Lulu empfunden. Doch als Anwältin hatte sie auf deren Jugend und erlittene Verletzungen keine Rücksicht nehmen können. Sie hatte sich auf das Vorstrafenregister der Frau und ihre Abhängigkeit von Crystal Meth konzentriert. Lulu war mehrfach vorbestraft und hatte erwiesenermaßen schon ein Mal einen Meineid geschworen. Angie hatte alle diese Fakten gegen sie verwendet und sie im Zeugenstand in der Luft zerrissen.
    »Lulu hat am Tag ihrer Aussage deutlich gesagt, was sie von mir hält. Als sie das Gericht verlassen hat, hat sie mich ausgiebig beschimpft.«
    »Das hat sie mir erzählt.«
    Angie veränderte ihre Sitzhaltung. »Und was macht sie inzwischen?«
    »Vor ein paar Wochen ist sie aus dem Übergangsheim in eine eigene Wohnung gezogen. Vorher hatte sie wegen Drogenbesitz neunzig Tage gesessen. Aber sie schwört, dass sie jetzt clean ist.«
    »Das schwören sie alle.«
    Eva zuckte die Achseln. »Ich bin nicht von gestern. Ich hab genug gesehen, ich weiß, wann jemand auf Drogen ist.«
    »Das glaube ich dir. Wenn sie also nicht auf Drogen und aus dem Gefängnis raus ist, was will sie dann von mir?«
    »Lulu hat einen Sohn.«
    Angie runzelte die Stirn. »Ich habe sie damals komplett überprüfen lassen. Es wurde nirgends ein Kind erwähnt.«
    »Sie ist kurz nach dem Prozess schwanger geworden.«
    Es hätte keine Rolle spielen dürfen, dass Lulu nicht schwanger war, als Angie sie aufs Korn genommen hatte, aber es war so.
    »Sie hat das Sorgerecht verloren?«
    Eva zuckte die Schultern. »Als der Junge geboren wurde, hat Lulu bei ihrer Mutter gewohnt. Während ihrer Schwangerschaft war sie clean, aber als das Baby einen Monat alt war, hat sie ein Mal Meth genommen. Als ihre Mutter sie fand, saß sie völlig weggetreten da, während neben ihr das Baby in der Krippe schrie. Die Mutter nahm den Kleinen und warf Lulu raus. Und danach ging es mit ihr richtig bergab.«
    »Okay.«
    »So ist sie im Gefängnis gelandet. Aber jetzt ist sie clean.«
    Angies Gedanken flogen zu dem Baby, das inzwischen ungefähr neun Monate alt sein musste. Entgegen jeder Vernunft wallte Empörung in ihr auf. »Du kennst meine Geschichte, Eva. Du weißt, dass ich keine Kinder bekommen kann. Ich kann keine Frau verteidigen, die ihr Kind so sehr vernachlässigt.«
    »Ihre Fehler tun ihr schrecklich leid, Angie. Sie ist wirklich verstört wegen dem, was passiert ist.«
    »Mit Verstörtheit kann man kein Kind großziehen, Eva. Es klingt, als wäre der Kleine besser aufgehoben, wo er jetzt ist – bei der Großmutter, nehme ich an.«
    »Lulu will ihren Jungen wirklich zurückhaben. Sie will ihm eine gute Mutter sein.«
    Angies Zorn war nicht

Weitere Kostenlose Bücher