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So still die Toten

So still die Toten

Titel: So still die Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Burton
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unterbrochen.
    »Ms Carlson. Sind Sie noch dran?« Die schnippische Stimme der Arzthelferin knackte bei jedem Wort.
    Angie klemmte sich das Handy zwischen Ohr und Schulter, schaltete zurück und nahm eine weitere scharfe Kurve. »Ich bin noch da, Mrs Davis. Haben Sie meine Ergebnisse gefunden?«
    »Ja. Sie sind alle negativ, außer dem Blutbild. Wir werden noch ein zweites machen.«
    Angies Angstpegel stieg von einer Sekunde auf die andere in ungeahnte Höhen. »Was stimmt nicht mit meinem Blutbild?«
    »Die Marker sind leicht erhöht. Wahrscheinlich gibt es keinen Grund zur Sorge, aber wir müssen sichergehen.«
    »Soll ich zu Ihnen kommen und mir noch mehr Blut abnehmen lassen? Ich könnte in einer Viertelstunde bei Ihnen sein.«
    »Nein. Wie gesagt, wir können den Test mit dem Blut wiederholen, das wir schon hier haben. Wenn die Marker erneut hoch sind, lasse ich Sie noch ein Mal herkommen.«
    »Im Prinzip glauben Sie also nicht, dass der Krebs wieder da ist.«
    »Nein.« Das Schnippische war aus der Stimme der Arzthelferin verschwunden. »Aber niemand kann das endgültig sagen, bevor die Tests Entwarnung geben.«
    »Wann rufen Sie an?«
    »Morgen, spätestens am Freitag.«
    »Sie melden sich, sobald Sie etwas wissen?«
    »Machen wir.«
    »Danke.« Angie legte auf und ließ das Handy auf ihren schwarzen Wollrock fallen.
    Angie erwachte nach der Operation aus der Narkose, ihr Körper fühlte sich taub und schwer an. An ihren Armen und aus ihrer Nase hingen Schläuche. Sie schlug die Augen auf und wusste, was die Ärzte mit ihr gemacht hatten, um ihr Leben zu retten. Durch den Nebel erkannte sie die Umrisse ihres Vaters. Er saß neben ihrem Bett und las in einem seiner geliebten Bücher.
    »Dad?«
    Er schlug das Buch zu und nahm die Brille ab. »Angelina.«
    »Was machst du hier?«
    »Ich konnte dich das doch nicht alleine durchstehen lassen.«
    Sie hatte ihm erst am Vortag von der Operation erzählt. Sie hatte nicht gewollt, dass er sich Sorgen machte, und ihm gesagt, sie werde allein damit fertig werden.
    Seine Gegenwart rührte etwas in ihr an, und die so mühsam zurückgehaltenen Gefühle brachen sich Bahn. Sie ließ die Tränen fließen. »Haben sie alles gemacht wie geplant?«
    »Ja. Der Arzt hat gesagt, die Operation ist sehr gut verlaufen.«
    Der Kloß in ihrer Kehle drohte, sie zu ersticken. »Ich werde niemals Kinder bekommen.«
    »Nein.«
    Sie weinte.
    Er tätschelte ihr die Hand. »Vielleicht ist es besser so.«
    Sie öffnete die Augen und sah ihn an. »Wie kannst du so etwas sagen?«
    In seinen Augen lagen Schmerz und Trauer. »Jetzt wirst du wenigstens nie verletzbar sein.«
    So vorsichtig, wie es ihr eben möglich war, manövrierte sie ihren BMW auf den engen Parkplatz mit dem Schild RESERVIERT FÜR A. CARLSON. Sie stellte den Motor ab und zog die Handbremse an.
    Einen Augenblick lang saß sie einfach nur da und ließ die Hände auf dem Lenkrad liegen. »Scheiße.«
    Die alten Ängste kehrten zurück, und für einen Moment erschien es ihr unmöglich, weiterzumachen. Schiere Willenskraft hielt sie davon ab, in den nächsten Laden zu gehen, sich eine Flasche Wein zu kaufen und nach Hause zu fahren, um sie zu leeren. »Tu dir das nicht an.«
    Die Leute, die sie Barrakuda nannten, hätten jetzt über sie gelacht. Gott, Kier hätte seine helle Freude bei ihrem Anblick.
    Die Erinnerung an sein Gesicht brachte sie dazu, sich zusammenzureißen. Er würde sie niemals verängstigt sehen, jedenfalls nicht, solange noch ein Funken Leben in ihr war.
    Den Schlüssel in der Hand, griff sie nach ihrer Aktentasche und stieg aus. Ohne Zeit zu verlieren, hastete sie über das Parkdeck und drückte auf den Aufzugknopf. Sie blickte zu den Zahlen über der Tür und verfluchte die Tatsache, dass sich der Aufzug gerade im Erdgeschoss befand, drei Stockwerke über ihr. Wenn niemand auf den anderen Etagen wartete, wären das zwanzig Sekunden. Aber zu dieser Tageszeit gab es immer jemanden, der dort herumstand.
    Angie strich mit dem Daumen über den abgenutzten Griff der Aktentasche, die ihrem Vater gehört hatte. Sie drückte noch ein paar Mal auf den Knopf.
    In einer entfernten Ecke des Parkdecks wurde eine Autotür geöffnet und zugeschlagen. Angie drehte sich um, um zu sehen, ob da jemand war. Niemand kam aus dem Schatten, doch bedächtige Schritte gingen auf und ab. Sie beugte sich vor und spähte in die Dunkelheit, konnte aber niemanden erkennen.
    Da war jemand, warum kam er denn nicht näher? Wieso stand er im Schatten

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