So unerreichbar nah
wir heiraten und eine Familie gründen.«
Prima, alle Welt
war liiert und plante eine Familie. Da mich keiner wollte, schien ich als
einzige sitzen zu bleiben. Wenn auch nicht als alte Jungfer. Alt war ich noch
nicht und Jungfer nicht mehr. Wenigstens war es mir gelungen, diesen Zustand
erfolgreich hinter mir zu lassen!
Am liebsten
wäre ich auch auf Weltreise gegangen. Aber allein war ich für so ein
Unternehmen zu feige und zu vorsichtig.
Meine nächste
Frage, ob denn die Klinik mit mir als Ersatz einverstanden wäre, war mit ihrer
nächsten Bemerkung auch geklärt.
»Ich brauche
lediglich Zeugnisse und Referenzen über ihre bisherige Arbeit, die ich der
Klinikleitung dann vorlege. Aber generell vertraut mein Chef meinem Urteil.«
Das war kein
Problem, meine Unterlagen konnte ich gleich morgen los schicken. Johannes und
Max würde ich um ein Empfehlungsschreiben bitten, sobald ich sie von meinen
Plänen informierte.
Ich erklärte
Marie Terhorst kurzentschlossen, wenn es ihr passte, würde ich in der übernächsten
Woche nach Hamburg kommen. Wir vereinbarten, dass sie mich in der Klinik
einweisen und mir ihre Wohnung zeigen würde. Sogar einen Parkplatz für meinen
Wagen hatte ich dort, da zu ihrem Apartment ein Stellplatz gehörte, den sie
mangels Autobesitz nicht nutzte und noch nicht vermietet hatte. Ich würde mir
selbstverständlich die Gelegenheit, mit meinem Porsche durch halb Deutschland
fahren zu dürfen, nicht entgehen lassen. Und da ich keine Möbel mitnahm, würde
der Platz im Kofferraum und auf dem Rück- und Beifahrersitz für meine anderen
Habseligkeiten ausreichen.
Als ich
aufgelegt hatte, verspürte ich seit Wochen erstmals wieder ein zaghaftes Gefühl
von Erleichterung und Zuversicht in mir.
Das
darauffolgende Gespräch mit Max und Johannes verlief unkompliziert. Im
Gegensatz zu mir waren sie fest davon überzeugt, dass ich in sechs Monaten
wieder hier in der Praxis weiterarbeiten würde. Wohingegen ich mir sämtliche
Optionen offenhielt, da ich mir momentan nicht vorstellen konnte, kurz vor der
Geburt von Lucas´ und Lisas Kind zurückzukehren. Aber das würde ich auf mich
zukommen lassen. Meine Kollegen wünschten mir jedenfalls viel Glück und:
»Lass´die Hamburger
in Ruhe, Tessa. Es reicht, wenn du den Münchnern den Kopf verdrehst. Sonst
bleibst du noch hoch oben im Norden hängen! Wir brauchen dich hier in der
Praxis als weibliches Gegengewicht!«
Ich lächelte
schwach. Die beiden mussten ja nicht wissen, dass ich mir geschworen hatte, im
kommenden Halbjahr keinen Mann auch nur anzusehen und völlig enthaltsam zu
leben. Mit meinen augenblicklichen Gefühlsverwirrungen und meinem Liebeskummer
war ich ausreichend bedient.
Der Zufall
wollte es, dass meine derzeitigen Patienten beinahe alle ihre letzten
Therapiestunden bei mir absolvierten und ich lediglich zwei neue Fälle, die ich
jetzt an meine Kollegen weiterreichte, aufgenommen hatte. Mein Plan war
gewesen, mich auf Angstpatienten zu konzentrieren und ich wollte mir
ursprünglich Zeit für Fortbildungen freischaufeln. Jetzt würde daraus eben eine
sechsmonatige Intensivfortbildung werden!
Das Schwerste
stand mir allerdings noch bevor: Ich musste Lisa erklären, dass ich weg ginge.
Und wie ich sie kannte, würde sie es nicht verstehen und mir die Hölle
heißmachen.
Ich war am
darauffolgenden Morgen wieder zu ihr nach oben gegangen. Sie öffnete strahlend,
frisch geduscht, geschminkt und angezogen ihre Tür.
»Hi, Tessa.
Lieb, dass du kommst. Aber mir geht es hervorragend, ich könnte Bäume
ausreißen! Und diesen fürchterlichen, labberig schmeckenden Kamillentee brauche
ich gottseidank auch nicht mehr. Du hast also ab sofort morgens frei!«
»Das freut
mich für dich. Lisa. Aber darf ich trotzdem rasch reinkommen? Ich muss dir
etwas sagen.«
Und dann war
ich mit meinen Plänen herausgerückt.
Ungläubig und
entsetzt starrte sie mich an.
»Tessa, das
kannst du nicht machen. Wie soll ich denn die kommenden Monate ohne dich
klarkommen? Denk dran, du warst es, die mir zugeredet hat, das Baby zu
bekommen. Und jetzt willst du mich einfach im Stich lassen?«
Verzweifelt,
so als ob sie frieren würde, umklammerte sie mit beiden Armen ihren Körper.
Ich bemühte
mich, ruhig zu bleiben.
»Lisa, von im
Stich lassen kann nicht die Rede sein. Ich bin nur für sechs Monate weg,
außerdem hast du Lucas, deine Eltern und auch seine Familie, die dir beistehen
werden.«
Ich sah sie
flehend an. Eine letzte Lüge musste sein, um sie
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