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So unerreichbar nah

So unerreichbar nah

Titel: So unerreichbar nah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marleen Reichenberg
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immer wohler in
meiner Haut. Bis auf die Tatsache, dass ich leider zunehmen werde, hat so ein
schwangerschaftsbedingter Hormonschub auch seine Vorteile: Ich habe gerade eine
wunderbar reine Haut und meine Oberweite ist um eine Körbchengröße gewachsen. Wenn
ich mir nicht dauernd Sorgen über die Geburt und die Zeit danach machen würde, ginge
es mir blendend.
    Aber ich kann
mir einfach nicht vorstellen, in ein paar Monaten Mutter zu sein. Im Gegensatz
zu meiner eigenen Mutter: Die kann´s kaum mehr erwarten, endlich Großmutter zu
werden! Auch Papa freut sich schon.«
    Ich lächelte
bei dem Gedanken an Elsa. Sie würde mit ihrem riesigen Herz, ihrer liebevollen
Art und ihrem gesunden Menschenverstand eine fantastische Oma abgeben. Und
Armin mit seinem ruhigen geduldigen Wesen einen wundervollen Großvater. Alle
freuten sich auf dieses Kind.
     Alle? Bis
auf mich. Ja, ich hatte Lisa zugeredet, es zu bekommen. Aber ich konnte mir -
vor allem nach diesem entsetzlichen Abend - nicht vorstellen, die Rolle einer
Patentante zu übernehmen.
    Später, in
meinem Bett, als ich wieder das Kopfkissen nassgeweint hatte, weil mich die
höhnische, abfällige Art, in der Lucas mich behandelte, fix und fertig machte,
gestand ich mir ein, dass ich nicht die Kraft aufbringen würde, mir die ständig
fortschreitende Schwangerschaft meiner Freundin anzusehen oder eventuell von
ihr zum Einkauf von Babyutensilien mitgeschleppt zu werden.
    Ganz zu
schweigen von einer Taufe, wenn sie und Lucas als stolze Eltern mir ihr Kind in
den Arm legen würden. Oder noch schlimmer, einer Hochzeit, bei der ich
Trauzeugin spielen müsste! Ich musste weg von hier, wenn ich meinen Verstand
nicht verlieren wollte! Und zwar schnell!
     

EASY  WAY  OUT
     
    Am folgenden
Morgen, ich saß zwischen zwei Behandlungen in meinem Büro und blätterte lustlos
in einer Psychologie-Zeitschrift, bekam ich einen Wink von oben. Jedenfalls interpretierte
ich die Anzeige, die mir beim Überfliegen der Artikelüberschriften ganz zum
Schluss ins Auge stach, als göttlichen Fingerzeig.
     
    Suche
Psychologin/Psychologen, welche(r) bereit ist, mich für sechs Monate in Hamburg
in der Walker-Klinik (auf Angst- und Panikstörungen spezialisierte Klinik) als
Angst-Therapeut während meines Sabbaticals zu vertreten. Wohnung kann für diese
Zeit übernommen werden.
    Zuschriften
unter……
     
    Hamburg! Das
war die Lösung. Für ein halbes Jahr rund achthundert Kilometer von Lucas und
Lisa samt ihrem ungeborenen Nachwuchs entfernt in einer mir völlig unbekannten
Stadt zu leben und zu arbeiten, würde mir den dringend notwendigen Abstand
verschaffen.
    Nach der erfolgreichen
Therapie von Alicia hatte ich ohnehin schon mit dem Gedanken gespielt, mich
mehr in Angststörungen einzuarbeiten und darauf zu spezialisieren. Sehr viele
Menschen litten unter den verschiedensten Arten von Ängsten und es gab hierfür
vielversprechende Therapieansätze.
    Ich konnte
meine Wohnung in München vorerst behalten, ebenso meine Praxispartnerschaft für
sechs Monate ruhen lassen und dennoch die räumliche Flucht vor meinen
derzeitigen erdrückenden Problemen ergreifen!
    Obwohl ich
sonst jede tiefgreifende Entscheidung grundsätzlich eine Nacht lang
überschlief, bevor ich Nägel mit Köpfen machte, schrieb ich diesmal sofort eine
Kurzbewerbung an die angegebene Mail-Adresse. Ich war so verzweifelt, dass ich
München und meinen persönlichen Problemen möglichst rasch den Rücken kehren
wollte. Schon am gleichen Tag abends, noch in der Praxis, erhielt ich einen
Rückruf.
    Silvia
verband mich mit einer Frau Terhorst.
    Eine helle,
sympathische Frauenstimme mit typisch hamburgischem Dialekt meldete sich:
    »Hier ist Marie
Terhorst. Guten Tag, Frau Achern. Vielen Dank für Ihre Mail bezüglich der
Halbjahres-Stelle. Wären Sie tatsächlich bereit, meine Arbeit für sechs Monate
zu übernehmen? Ich frage deshalb, weil ich zwar einige Antworten auf meine
Anzeige bekommen habe, die Leute aber letztendlich wieder absagten, da ihnen
ein halbes Jahr zu kurz erscheint.«
    Ich erklärte
ihr, dass mir dieser überschaubare Zeitraum sehr entgegenkäme.
    »Ich will
meine Zelte hier in München nicht abbrechen, sondern lediglich mehr Erfahrung
für meine freie Praxis sammeln, um mich auf ambulante Angstpatienten spezialisieren
zu können. Ab wann könnte ich denn anfangen?«
    Sie lachte.
    »Sobald es
Ihnen möglich ist. Ich möchte zusammen mit meinem Freund ein halbes Jahr die
Welt anschauen, und dies noch, bevor

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