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So wahr uns Gott helfe

So wahr uns Gott helfe

Titel: So wahr uns Gott helfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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gesehen zu haben, wäre seine Behauptung, Woodson habe ihm den Mord gestanden, in den Augen der Geschworenen fragwürdig. Wenn er allerdings zugab, dass er den Ordner kannte, öffnete er mir eine große Tür.
    »Ich wollte damit nur sagen, dass ich ihn zwar mit diesem Ordner gesehen, aber nie reingeschaut hab.«
    Bingo. Ich hatte ihn.
    »Dann möchte ich Sie bitten, den Ordner jetzt zu öffnen und einen Blick hineinzuwerfen.«
    Der Zeuge befolgte meine Anweisung und betrachtete die beiden ersten Seiten des aufgeschlagenen Ordners. Ich kehrte an mein Pult zurück und spähte auf dem Weg dorthin zu Vincent hinüber. Er hielt die Augen gesenkt, sein Gesicht war blass.
    »Was sehen Sie, wenn Sie den Ordner aufschlagen, Mr. Torrance?«
    »Auf einer Seite sind Fotos von zwei Leichen, die auf dem Boden liegen. Sie sind mit einer Klammer aneinandergeheftet. Die Fotos, meine ich. Und auf der anderen Seite sind alle möglichen Dokumente und Berichte.«
    »Könnten Sie uns vorlesen, was auf dem ersten Schriftstück auf der rechten Seite steht? Lesen Sie einfach die erste Zeile der Zusammenfassung.«
    »Das geht nicht – ich kann nicht lesen.«
    »Sie können überhaupt nicht lesen?«
    »Nicht richtig. Ich war nicht so lang in der Schule.«
    »Können Sie eins der Wörter neben den Kästchen lesen, die oben auf dem Dokument angekreuzt sind?«
    Torrance starrte auf die Akte, und seine Augenbrauen zogen sich angestrengt zusammen. Ich wusste, dass während seines letzten Gefängnisaufenthalts seine Lesefähigkeit getestet worden war. Dabei hatte sich herausgestellt, dass sie sich auf dem niedrigsten messbaren Level befand, unter dem eines Zweitklässlers.
    »Nicht wirklich«, sagte er. »Ich kann nicht lesen.«
    Ich schritt rasch zur Anklagebank und nahm einen anderen Ordner sowie einen dicken Filzstift aus meinem Aktenkoffer. Damit ging ich zum Pult zurück und schrieb in großer Blockschrift das Wort WEISS auf den Aktendeckel. Ich hielt den Ordner hoch, so dass es sowohl Torrance als auch die Geschworenen sehen konnten.
    »Mr. Torrance, das ist eins der Wörter, die in dem Formular angekreuzt waren. Können Sie dieses Wort lesen?«
    Vincent sprang auf, aber Torrance schüttelte bereits verlegen den Kopf. Vincent erhob Einspruch gegen die Demonstration ohne hinreichenden Grund, und Companioni gab ihm statt. Damit hatte ich gerechnet. Ich legte nur das Fundament für meinen nächsten Schritt und war mir sicher, dass die meisten Geschworenen das Kopfschütteln des Zeugen bemerkt hatten.
    »Na gut, Mr. Torrance«, fuhr ich fort. »Wenden wir uns der anderen Seite der Akte zu. Können Sie uns die Toten auf den Fotos beschreiben?«
    »Äh, es sind zwei Männer. Sieht so aus, als wä ren sie in Maschendraht und ein paar Planen gewickelt worden. Jedenfalls liegen sie auf dem Kram. Um sie herum stehen mehrere Polizisten, die sie untersuchen und Fotos machen.«
    »Welche Hautfarbe haben die Männer auf den Planen?«
    »Es sind Schwarze.«
    »Haben Sie diese Fotos schon mal gesehen, Mr. Torrance?«
    Vincent sprang auf, um Einspruch zu erheben, weil die Frage bereits gestellt worden und hinlänglich beantwortet sei. Aber dieses Manöver war in etwa so effektiv, als versuche man mit bloßer Hand eine abgefeuerte Pistolenkugel zu stoppen. Der Richter erklärte ihm streng, er solle Platz nehmen. Das war seine Art, dem Ankläger zu verstehen zu geben, er solle das Folgende gefälligst schweigend ertragen. Wenn man einen Lügner in den Zeugenstand ruft, geht man auch gemeinsam mit ihm unter.
    »Sie dürfen die Frage beantworten, Mr. Torrance«, fuhr ich fort, nachdem sich Vincent gesetzt hatte. »Haben Sie diese Fotos schon einmal gesehen?«
    »Nein, Sir, ich seh sie heute zum ersten Mal.«
    »Würden Sie mir Recht geben, dass auf diesen Bildern das zu sehen ist, was Sie mir vorhin beschrieben haben? Die Leichen zweier getöteter Schwarzer?«
    »Sieht jedenfalls so aus. Aber ich hab das Foto vorher noch nie gesehen, ich weiß nur, was er mir erzählt hat.«
    »Und da sind Sie absolut sicher?«
    »So was würde ich nie vergessen.«
    »Sie haben uns erzählt, Mr. Woodson hätte zugegeben, zwei Schwarze getötet zu haben. Aber er steht wegen Mordes an zwei Weißen vor Gericht. Würden Sie mir also Recht geben, dass er Ihnen offensichtlich gar nichts gestanden hat?«
    »Nein, er hat es gestanden. Er hat mir erzählt, er hätte die beiden umgebracht.«
    Ich blickte zum Richter.
    »Euer Ehren, die Verteidigung beantragt, den vor Mr. Torrance

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